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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Neuntes Capitel,
aus gebracht werden, die in dem bekannten praedi-
cato
schon würcklich stecken, also wird solches auch
hier von den historischen Schlüssen gelten. Aber
aus den Begebenheiten ihre Ursachen, und zumahl
ihre Spuren finden; welches auch durch schlüssen
zu geschehen pfleget, kan man nicht recht unter die
gewissen Erkentnisse rechnen, wie in der Disputa-
tion de Vestigiis gewiesen worden.

§. 16.
Natürliche Regel vom Reden.

Nun kommen wir auf die Gewißheit der Nach-
richten,
welches den schwehrsten Artickel bey der
Gewißheit ausmacht. Um die Sache aber aus
ihren Gründen herzuleiten, müssen wir als eine
Wahrheit, die die Natur der Seele und eines ver-
nünfftigen Wesens an die Hand giebt, voraus se-
tzen: daß eine Rede und jede an Taglegung
seiner Gedancken nur aus einem Triebe und
Eyfer vor die Sache, die man vorträgt,
entstehe:
folglich daß die Regel bey vernünfftigen
und wahrhafften Creaturen sey: daß jeder, wenn
er redet, die Wahrheit sage. Der Heyland sa-
get: Weß das Hertz voll ist, gehet der
Mund über.
Matth. XII. 34. Wir wollen
hier gar nicht läugnen, daß die Menschen zur Un-
wahrheit überaus geneigt sind, sondern wir stellen
uns dieses Uebel in seiner wahren Grösse und be-
schwehrlichen Einflusse in die historische Erkentniß
klärlichst vor. Wir müssen aber nothwendig auf
den ersten Zustand und innerliche Beschaffenheit

der

Neuntes Capitel,
aus gebracht werden, die in dem bekannten prædi-
cato
ſchon wuͤrcklich ſtecken, alſo wird ſolches auch
hier von den hiſtoriſchen Schluͤſſen gelten. Aber
aus den Begebenheiten ihre Urſachen, und zumahl
ihre Spuren finden; welches auch durch ſchluͤſſen
zu geſchehen pfleget, kan man nicht recht unter die
gewiſſen Erkentniſſe rechnen, wie in der Diſputa-
tion de Veſtigiis gewieſen worden.

§. 16.
Natuͤrliche Regel vom Reden.

Nun kommen wir auf die Gewißheit der Nach-
richten,
welches den ſchwehrſten Artickel bey der
Gewißheit ausmacht. Um die Sache aber aus
ihren Gruͤnden herzuleiten, muͤſſen wir als eine
Wahrheit, die die Natur der Seele und eines ver-
nuͤnfftigen Weſens an die Hand giebt, voraus ſe-
tzen: daß eine Rede und jede an Taglegung
ſeiner Gedancken nur aus einem Triebe und
Eyfer vor die Sache, die man vortraͤgt,
entſtehe:
folglich daß die Regel bey vernuͤnfftigen
und wahrhafften Creaturen ſey: daß jeder, wenn
er redet, die Wahrheit ſage. Der Heyland ſa-
get: Weß das Hertz voll iſt, gehet der
Mund uͤber.
Matth. XII. 34. Wir wollen
hier gar nicht laͤugnen, daß die Menſchen zur Un-
wahrheit uͤberaus geneigt ſind, ſondern wir ſtellen
uns dieſes Uebel in ſeiner wahren Groͤſſe und be-
ſchwehrlichen Einfluſſe in die hiſtoriſche Erkentniß
klaͤrlichſt vor. Wir muͤſſen aber nothwendig auf
den erſten Zuſtand und innerliche Beſchaffenheit

der
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[296/0332] Neuntes Capitel, aus gebracht werden, die in dem bekannten prædi- cato ſchon wuͤrcklich ſtecken, alſo wird ſolches auch hier von den hiſtoriſchen Schluͤſſen gelten. Aber aus den Begebenheiten ihre Urſachen, und zumahl ihre Spuren finden; welches auch durch ſchluͤſſen zu geſchehen pfleget, kan man nicht recht unter die gewiſſen Erkentniſſe rechnen, wie in der Diſputa- tion de Veſtigiis gewieſen worden. §. 16. Natuͤrliche Regel vom Reden. Nun kommen wir auf die Gewißheit der Nach- richten, welches den ſchwehrſten Artickel bey der Gewißheit ausmacht. Um die Sache aber aus ihren Gruͤnden herzuleiten, muͤſſen wir als eine Wahrheit, die die Natur der Seele und eines ver- nuͤnfftigen Weſens an die Hand giebt, voraus ſe- tzen: daß eine Rede und jede an Taglegung ſeiner Gedancken nur aus einem Triebe und Eyfer vor die Sache, die man vortraͤgt, entſtehe: folglich daß die Regel bey vernuͤnfftigen und wahrhafften Creaturen ſey: daß jeder, wenn er redet, die Wahrheit ſage. Der Heyland ſa- get: Weß das Hertz voll iſt, gehet der Mund uͤber. Matth. XII. 34. Wir wollen hier gar nicht laͤugnen, daß die Menſchen zur Un- wahrheit uͤberaus geneigt ſind, ſondern wir ſtellen uns dieſes Uebel in ſeiner wahren Groͤſſe und be- ſchwehrlichen Einfluſſe in die hiſtoriſche Erkentniß klaͤrlichſt vor. Wir muͤſſen aber nothwendig auf den erſten Zuſtand und innerliche Beſchaffenheit der

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/332>, abgerufen am 21.11.2024.