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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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von der Gewißheit der Geschichte etc.
der Rede zurück gehen, obgleich die Erfahrung ei-
ne andere Regel an die Hand giebt: gleichwie man
in der Moral des Satzes nicht entbehren kan, daß
der Wille das Gute erwehle, ohngeachtet er nach
der Erfahrung und nach einer unaufhörlichen
Anomalie
das Böse erwehlet.

§. 17.
Natürliche Regel vom Anhören.

Jene Eigenschafft nun der Seele, daß sie die
Wahrheit redet, (§. 16.) ziehet auf der andern
Seite bey den Zuhörern die Regel nach sich: daß
wir jedem, der uns etwas erzehlet, glau-
ben, so lange sich keine Ursache findet, das
erzehlte zu läugnen:
oder daß der erste Ein-
druck, die jede Nachricht bey uns macht, dieser
ist, daß wir dieselbe vor wahr annehmen. Wel-
chem nicht entgegen stehet, daß wir nach und nach
bey mehrerm Nachdencken etwa daran zu zweiffeln
anfangen. Die Erfahrung bestätiget unsern Satz
auf mancherley Weise, daß nehmlich jede Men-
schenstimme etwas überzeugendes an sich habe: in-
dem z. E. ein einiger Mensch, der Feuer rufft, im
Stande ist, viele hundert Menschen tödtlich zu er-
schrecken, die ihn wohl nicht einmahl sehen, son-
dern nur hören: der Eindruck und Ueberzeugung
ist bey vielen so starck, daß sie sich kaum in einiger
Zeit wieder zufrieden geben, wenn die böse Nach-
richt gleich widerruffen wird.

§. 18.
T 5

von der Gewißheit der Geſchichte ꝛc.
der Rede zuruͤck gehen, obgleich die Erfahrung ei-
ne andere Regel an die Hand giebt: gleichwie man
in der Moral des Satzes nicht entbehren kan, daß
der Wille das Gute erwehle, ohngeachtet er nach
der Erfahrung und nach einer unaufhoͤrlichen
Anomalie
das Boͤſe erwehlet.

§. 17.
Natuͤrliche Regel vom Anhoͤren.

Jene Eigenſchafft nun der Seele, daß ſie die
Wahrheit redet, (§. 16.) ziehet auf der andern
Seite bey den Zuhoͤrern die Regel nach ſich: daß
wir jedem, der uns etwas erzehlet, glau-
ben, ſo lange ſich keine Urſache findet, das
erzehlte zu laͤugnen:
oder daß der erſte Ein-
druck, die jede Nachricht bey uns macht, dieſer
iſt, daß wir dieſelbe vor wahr annehmen. Wel-
chem nicht entgegen ſtehet, daß wir nach und nach
bey mehrerm Nachdencken etwa daran zu zweiffeln
anfangen. Die Erfahrung beſtaͤtiget unſern Satz
auf mancherley Weiſe, daß nehmlich jede Men-
ſchenſtimme etwas uͤberzeugendes an ſich habe: in-
dem z. E. ein einiger Menſch, der Feuer rufft, im
Stande iſt, viele hundert Menſchen toͤdtlich zu er-
ſchrecken, die ihn wohl nicht einmahl ſehen, ſon-
dern nur hoͤren: der Eindruck und Ueberzeugung
iſt bey vielen ſo ſtarck, daß ſie ſich kaum in einiger
Zeit wieder zufrieden geben, wenn die boͤſe Nach-
richt gleich widerruffen wird.

§. 18.
T 5
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[297/0333] von der Gewißheit der Geſchichte ꝛc. der Rede zuruͤck gehen, obgleich die Erfahrung ei- ne andere Regel an die Hand giebt: gleichwie man in der Moral des Satzes nicht entbehren kan, daß der Wille das Gute erwehle, ohngeachtet er nach der Erfahrung und nach einer unaufhoͤrlichen Anomalie das Boͤſe erwehlet. §. 17. Natuͤrliche Regel vom Anhoͤren. Jene Eigenſchafft nun der Seele, daß ſie die Wahrheit redet, (§. 16.) ziehet auf der andern Seite bey den Zuhoͤrern die Regel nach ſich: daß wir jedem, der uns etwas erzehlet, glau- ben, ſo lange ſich keine Urſache findet, das erzehlte zu laͤugnen: oder daß der erſte Ein- druck, die jede Nachricht bey uns macht, dieſer iſt, daß wir dieſelbe vor wahr annehmen. Wel- chem nicht entgegen ſtehet, daß wir nach und nach bey mehrerm Nachdencken etwa daran zu zweiffeln anfangen. Die Erfahrung beſtaͤtiget unſern Satz auf mancherley Weiſe, daß nehmlich jede Men- ſchenſtimme etwas uͤberzeugendes an ſich habe: in- dem z. E. ein einiger Menſch, der Feuer rufft, im Stande iſt, viele hundert Menſchen toͤdtlich zu er- ſchrecken, die ihn wohl nicht einmahl ſehen, ſon- dern nur hoͤren: der Eindruck und Ueberzeugung iſt bey vielen ſo ſtarck, daß ſie ſich kaum in einiger Zeit wieder zufrieden geben, wenn die boͤſe Nach- richt gleich widerruffen wird. §. 18. T 5

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/333>, abgerufen am 21.11.2024.