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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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Freundschaft, keine Hülfe mogte ich mehr glauben,
und gab mich der finstersten Wehmuth hin. Da
fielen mir wieder die alten Prozeßacten ein, der
Gedanke, daß der Streit für mich noch zu gewinnen
sei, gab mir neue Spannkraft, und ich sammelte
Alles, was auf die Sache Bezug hatte. Eine
Meile von der Residenz lebte ein ausgezeichneter
Rechtsgelehrter aus seinen weitläufigen Besitzungen;
er hatte seine Geschäfte aber längst niedergelegt,
und gab nur zuweilen einem Freunde guten
Rath. An ihn beschloß ich mich zu wenden; ich
verfertigte mit unsäglicher Mühe einen gedrängten
Auszug aus den Acten, und machte mich damit
eines Tags nach dem ehemaligen Notar auf den
Weg. Ich hatte eine Menge Sonderbarkeiten
von dem Manne erfahren, aber keine derselben
konnte meinen Entschluß wankend machen, weil
man durchgängig darin übereinstimmte, daß Herr
Maiberg, dies war der Name des Mannes, un¬
streitig der erste Jurist des Landes sei, und daß
man seinen Verlust als wirkender Staatsbürger
nie zu hoch anschlagen könne. Aber er hatte ein
großes Vermögen, und der Juristenkram schien
ihm zuwider zu sein. Verdenken konnte ich es
dem Manne nicht, daß er jetzt nur sich selbst
lebte, wenn gleich hiermit meine Hoffnung, er
werde mir helfen können, merklich sinken mußte.

Freundſchaft, keine Huͤlfe mogte ich mehr glauben,
und gab mich der finſterſten Wehmuth hin. Da
fielen mir wieder die alten Prozeßacten ein, der
Gedanke, daß der Streit fuͤr mich noch zu gewinnen
ſei, gab mir neue Spannkraft, und ich ſammelte
Alles, was auf die Sache Bezug hatte. Eine
Meile von der Reſidenz lebte ein ausgezeichneter
Rechtsgelehrter aus ſeinen weitlaͤufigen Beſitzungen;
er hatte ſeine Geſchaͤfte aber laͤngſt niedergelegt,
und gab nur zuweilen einem Freunde guten
Rath. An ihn beſchloß ich mich zu wenden; ich
verfertigte mit unſaͤglicher Muͤhe einen gedraͤngten
Auszug aus den Acten, und machte mich damit
eines Tags nach dem ehemaligen Notar auf den
Weg. Ich hatte eine Menge Sonderbarkeiten
von dem Manne erfahren, aber keine derſelben
konnte meinen Entſchluß wankend machen, weil
man durchgaͤngig darin uͤbereinſtimmte, daß Herr
Maiberg, dies war der Name des Mannes, un¬
ſtreitig der erſte Juriſt des Landes ſei, und daß
man ſeinen Verluſt als wirkender Staatsbuͤrger
nie zu hoch anſchlagen koͤnne. Aber er hatte ein
großes Vermoͤgen, und der Juriſtenkram ſchien
ihm zuwider zu ſein. Verdenken konnte ich es
dem Manne nicht, daß er jetzt nur ſich ſelbſt
lebte, wenn gleich hiermit meine Hoffnung, er
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[116/0122] Freundſchaft, keine Huͤlfe mogte ich mehr glauben, und gab mich der finſterſten Wehmuth hin. Da fielen mir wieder die alten Prozeßacten ein, der Gedanke, daß der Streit fuͤr mich noch zu gewinnen ſei, gab mir neue Spannkraft, und ich ſammelte Alles, was auf die Sache Bezug hatte. Eine Meile von der Reſidenz lebte ein ausgezeichneter Rechtsgelehrter aus ſeinen weitlaͤufigen Beſitzungen; er hatte ſeine Geſchaͤfte aber laͤngſt niedergelegt, und gab nur zuweilen einem Freunde guten Rath. An ihn beſchloß ich mich zu wenden; ich verfertigte mit unſaͤglicher Muͤhe einen gedraͤngten Auszug aus den Acten, und machte mich damit eines Tags nach dem ehemaligen Notar auf den Weg. Ich hatte eine Menge Sonderbarkeiten von dem Manne erfahren, aber keine derſelben konnte meinen Entſchluß wankend machen, weil man durchgaͤngig darin uͤbereinſtimmte, daß Herr Maiberg, dies war der Name des Mannes, un¬ ſtreitig der erſte Juriſt des Landes ſei, und daß man ſeinen Verluſt als wirkender Staatsbuͤrger nie zu hoch anſchlagen koͤnne. Aber er hatte ein großes Vermoͤgen, und der Juriſtenkram ſchien ihm zuwider zu ſein. Verdenken konnte ich es dem Manne nicht, daß er jetzt nur ſich ſelbſt lebte, wenn gleich hiermit meine Hoffnung, er werde mir helfen koͤnnen, merklich ſinken mußte.

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/122>, abgerufen am 04.12.2024.