höchste Seeligkeit, aber auch das schmerzlichste Wehe seiner Brust empfunden. Er fände seinen Trost in stiller Entsagung, und so unaussprechlich theuer ihm die Erinnerung an seinen Aufenthalt im Hause des Grafen an der Seite der unver¬ geßlichen Albertine, so wie Staunitz freundschaft¬ liches Wohlwollen sein müsse, so könne er doch nicht vergessen, daß das Glück der Liebe für ihn stets verloren sei, u. s. w. Der Brief wurde ge¬ siegelt und nach der Post gesandt. --
Aber es war doch wohl zu viel gewesen, was er gesagt; was mußte Staunitz von dieser offen¬ baren Liebeserklärung denken, denn weiter war es eigentlich nichts, was die feine Albertine, wenn ihr Staunitz, und das stand zu erwarten, den saubern Brief zeigte! Es wurde Blauenstein ganz angst um's Herz, es lief ihm bald siedend¬ heiß, bald eisig kalt über den Rücken. Koste es auch, was es wolle, der Brief durfte nicht fort, er mußte zurückgebracht werden!
In der Verzweiflung lief er selbst nach dem Postamte; vor einer Stunde war eine Estaffette abgegangen, und man hatte seinen Brief mit beigelegt.
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hoͤchſte Seeligkeit, aber auch das ſchmerzlichſte Wehe ſeiner Bruſt empfunden. Er faͤnde ſeinen Troſt in ſtiller Entſagung, und ſo unausſprechlich theuer ihm die Erinnerung an ſeinen Aufenthalt im Hauſe des Grafen an der Seite der unver¬ geßlichen Albertine, ſo wie Staunitz freundſchaft¬ liches Wohlwollen ſein muͤſſe, ſo koͤnne er doch nicht vergeſſen, daß das Gluͤck der Liebe fuͤr ihn ſtets verloren ſei, u. ſ. w. Der Brief wurde ge¬ ſiegelt und nach der Poſt geſandt. —
Aber es war doch wohl zu viel geweſen, was er geſagt; was mußte Staunitz von dieſer offen¬ baren Liebeserklaͤrung denken, denn weiter war es eigentlich nichts, was die feine Albertine, wenn ihr Staunitz, und das ſtand zu erwarten, den ſaubern Brief zeigte! Es wurde Blauenſtein ganz angſt um's Herz, es lief ihm bald ſiedend¬ heiß, bald eiſig kalt uͤber den Ruͤcken. Koſte es auch, was es wolle, der Brief durfte nicht fort, er mußte zuruͤckgebracht werden!
In der Verzweiflung lief er ſelbſt nach dem Poſtamte; vor einer Stunde war eine Eſtaffette abgegangen, und man hatte ſeinen Brief mit beigelegt.
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hoͤchſte Seeligkeit, aber auch das ſchmerzlichſte
Wehe ſeiner Bruſt empfunden. Er faͤnde ſeinen
Troſt in ſtiller Entſagung, und ſo unausſprechlich
theuer ihm die Erinnerung an ſeinen Aufenthalt
im Hauſe des Grafen an der Seite der unver¬
geßlichen Albertine, ſo wie Staunitz freundſchaft¬
liches Wohlwollen ſein muͤſſe, ſo koͤnne er doch
nicht vergeſſen, daß das Gluͤck der Liebe fuͤr ihn
ſtets verloren ſei, u. ſ. w. Der Brief wurde ge¬
ſiegelt und nach der Poſt geſandt. —
Aber es war doch wohl zu viel geweſen, was
er geſagt; was mußte Staunitz von dieſer offen¬
baren Liebeserklaͤrung denken, denn weiter war
es eigentlich nichts, was die feine Albertine, wenn
ihr Staunitz, und das ſtand zu erwarten, den
ſaubern Brief zeigte! Es wurde Blauenſtein
ganz angſt um's Herz, es lief ihm bald ſiedend¬
heiß, bald eiſig kalt uͤber den Ruͤcken. Koſte es
auch, was es wolle, der Brief durfte nicht fort,
er mußte zuruͤckgebracht werden!
In der Verzweiflung lief er ſelbſt nach dem
Poſtamte; vor einer Stunde war eine Eſtaffette
abgegangen, und man hatte ſeinen Brief mit
beigelegt.
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/169>, abgerufen am 20.02.2025.
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