warten. Das einzige Gastzimmer der Kneipe, denn ein Hotel war hier nicht einmal dem Namen nach bekannt, hatte bereits ein Fremder occupirt, den ein ähnliches Abentheuer hier fest¬ gebannt. Er trat in demselben Augenblicke aus der Thür der Stube, und Blauenstein er¬ kannte den liebenswürdigen französirten Anton, dessen Bekanntschaft er während des Balles in Blumenau gemacht.
"Eh bien bon jour werthester Baron!" rief er grinsend Blauenstein entgegen, und beehrte ihn mit einer Umarmung. "Sans doute auf einer Reise zu der aimablen Comtesse Albertine?"
"Nein," erwiederte der Befragte, und bemühte sich, gleichgültig auszusehn, "ich reise in Ge¬ schäften!"
"So so!" nahm der andere das Wort. "Ich glaubte in der That, Sie reis'ten nach dem ro¬ mantischen Blumenau. Mais mon dieu! wie schnell wird man in seinen Erwartungen getäuscht; ich habe vor wenigen Stunden erfahren, daß die Comtesse in der That nicht die treueste Braut sein soll. Oft gehn lächerliche Gerüchte herum, aber hier ist es Ernst."
"Wie so?" fragte Blauenstein bestürzt.
warten. Das einzige Gaſtzimmer der Kneipe, denn ein Hotel war hier nicht einmal dem Namen nach bekannt, hatte bereits ein Fremder occupirt, den ein aͤhnliches Abentheuer hier feſt¬ gebannt. Er trat in demſelben Augenblicke aus der Thuͤr der Stube, und Blauenſtein er¬ kannte den liebenswuͤrdigen franzoͤſirten Anton, deſſen Bekanntſchaft er waͤhrend des Balles in Blumenau gemacht.
„Eh bien bon jour wertheſter Baron!“ rief er grinſend Blauenſtein entgegen, und beehrte ihn mit einer Umarmung. „Sans doute auf einer Reiſe zu der aimablen Comteſſe Albertine?“
„Nein,“ erwiederte der Befragte, und bemuͤhte ſich, gleichguͤltig auszuſehn, „ich reiſe in Ge¬ ſchaͤften!“
„So ſo!“ nahm der andere das Wort. „Ich glaubte in der That, Sie reiſ'ten nach dem ro¬ mantiſchen Blumenau. Mais mon dieu! wie ſchnell wird man in ſeinen Erwartungen getaͤuſcht; ich habe vor wenigen Stunden erfahren, daß die Comteſſe in der That nicht die treueſte Braut ſein ſoll. Oft gehn laͤcherliche Geruͤchte herum, aber hier iſt es Ernſt.“
„Wie ſo?“ fragte Blauenſtein beſtuͤrzt.
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denn ein Hotel war hier nicht einmal dem
Namen nach bekannt, hatte bereits ein Fremder
occupirt, den ein aͤhnliches Abentheuer hier feſt¬
gebannt. Er trat in demſelben Augenblicke
aus der Thuͤr der Stube, und Blauenſtein er¬
kannte den liebenswuͤrdigen franzoͤſirten Anton,
deſſen Bekanntſchaft er waͤhrend des Balles in
Blumenau gemacht.
„Eh bien bon jour wertheſter Baron!“
rief er grinſend Blauenſtein entgegen, und beehrte
ihn mit einer Umarmung. „Sans doute auf
einer Reiſe zu der aimablen Comteſſe Albertine?“
„Nein,“ erwiederte der Befragte, und bemuͤhte
ſich, gleichguͤltig auszuſehn, „ich reiſe in Ge¬
ſchaͤften!“
„So ſo!“ nahm der andere das Wort. „Ich
glaubte in der That, Sie reiſ'ten nach dem ro¬
mantiſchen Blumenau. Mais mon dieu! wie
ſchnell wird man in ſeinen Erwartungen getaͤuſcht;
ich habe vor wenigen Stunden erfahren, daß die
Comteſſe in der That nicht die treueſte Braut
ſein ſoll. Oft gehn laͤcherliche Geruͤchte herum,
aber hier iſt es Ernſt.“
„Wie ſo?“ fragte Blauenſtein beſtuͤrzt.
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/173>, abgerufen am 20.02.2025.
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