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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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verbergen," sagte Staunitz, und ergriff Blauen¬
steins Hand; "ich ehre Ihr Zartgefühl und
wünsche Ihnen Glück. Nicht wahr, ich hoffe,
Sie werden mir Ihr Herz nicht verschließen, Sie
lieben Albertine?"

Blauenstein gerieth über diese kitzliche Frage
in Verlegenheit und wollte ausbiegen; aber Stau¬
nitz fuhr nur desto dringender fort: "Sie thun
mir namenlos wehe, wenn Sie nicht aufrichtig
sind; ich weiß, Sie fürchten, mich mit einem
Geständniß zu beleidigen, das ich wohl erwarten
darf; aber so wissen Sie denn, daß --"

"Ich begreife Sie nicht!" rief Blauenstein
verwundert aus. "Was kann Ihnen daran liegen,
die Geständnisse eines mit sich selbst halb Zer¬
fallenen zu vernehmen! Aber ich will offenherzig
gegen Sie sein, mag daraus entspringen, was da
will, ja, ich liebe Albertine mit aller Kraft meiner
Seele, aber ich habe Muth, diese Liebe zu be¬
kämpfen, denn ich muß ihr ja entsagen! -- Als
ich sie sah, da gestaltete sich mein Leben neu und
freudig, ich hatte sie gefunden, ich schwelgte in
dem kurzen Glücke der jungen Liebe. Da trat
mir das Schicksal höhnisch entgegen, und foderte
das Opfer der Entsagung. Ich weiß, was ich

verbergen,“ ſagte Staunitz, und ergriff Blauen¬
ſteins Hand; „ich ehre Ihr Zartgefuͤhl und
wuͤnſche Ihnen Gluͤck. Nicht wahr, ich hoffe,
Sie werden mir Ihr Herz nicht verſchließen, Sie
lieben Albertine?“

Blauenſtein gerieth uͤber dieſe kitzliche Frage
in Verlegenheit und wollte ausbiegen; aber Stau¬
nitz fuhr nur deſto dringender fort: „Sie thun
mir namenlos wehe, wenn Sie nicht aufrichtig
ſind; ich weiß, Sie fuͤrchten, mich mit einem
Geſtaͤndniß zu beleidigen, das ich wohl erwarten
darf; aber ſo wiſſen Sie denn, daß —“

„Ich begreife Sie nicht!“ rief Blauenſtein
verwundert aus. „Was kann Ihnen daran liegen,
die Geſtaͤndniſſe eines mit ſich ſelbſt halb Zer¬
fallenen zu vernehmen! Aber ich will offenherzig
gegen Sie ſein, mag daraus entſpringen, was da
will, ja, ich liebe Albertine mit aller Kraft meiner
Seele, aber ich habe Muth, dieſe Liebe zu be¬
kaͤmpfen, denn ich muß ihr ja entſagen! — Als
ich ſie ſah, da geſtaltete ſich mein Leben neu und
freudig, ich hatte ſie gefunden, ich ſchwelgte in
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mir das Schickſal hoͤhniſch entgegen, und foderte
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[175/0181] verbergen,“ ſagte Staunitz, und ergriff Blauen¬ ſteins Hand; „ich ehre Ihr Zartgefuͤhl und wuͤnſche Ihnen Gluͤck. Nicht wahr, ich hoffe, Sie werden mir Ihr Herz nicht verſchließen, Sie lieben Albertine?“ Blauenſtein gerieth uͤber dieſe kitzliche Frage in Verlegenheit und wollte ausbiegen; aber Stau¬ nitz fuhr nur deſto dringender fort: „Sie thun mir namenlos wehe, wenn Sie nicht aufrichtig ſind; ich weiß, Sie fuͤrchten, mich mit einem Geſtaͤndniß zu beleidigen, das ich wohl erwarten darf; aber ſo wiſſen Sie denn, daß —“ „Ich begreife Sie nicht!“ rief Blauenſtein verwundert aus. „Was kann Ihnen daran liegen, die Geſtaͤndniſſe eines mit ſich ſelbſt halb Zer¬ fallenen zu vernehmen! Aber ich will offenherzig gegen Sie ſein, mag daraus entſpringen, was da will, ja, ich liebe Albertine mit aller Kraft meiner Seele, aber ich habe Muth, dieſe Liebe zu be¬ kaͤmpfen, denn ich muß ihr ja entſagen! — Als ich ſie ſah, da geſtaltete ſich mein Leben neu und freudig, ich hatte ſie gefunden, ich ſchwelgte in dem kurzen Gluͤcke der jungen Liebe. Da trat mir das Schickſal hoͤhniſch entgegen, und foderte das Opfer der Entſagung. Ich weiß, was ich

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/181>, abgerufen am 25.05.2024.