Blauenstein ging jetzt die Sonne der Liebe von Neuem auf, er fühlte sich frei von der Last des schwarzen Verdachtes, und verwünschte Antönchen in die Hölle der Unterwelt; denn solche Stunden wie gestern hatte er noch nicht erlebt. Jetzt zog es ihn mächtig zu Tina, er zweifelte nicht, -- aber halt, wenn sie nun statt ja, nein sagte, wenn sie bereits -- aber behüte, sie hatte es ihm ja ganz unzweideutig bewiesen, wie sie ihn ehrte, wie zart die Lie-- Liebe? -- nun, von der war freilich noch nicht die Rede gewesen, aber das mußte, das sollte sich finden.
"Was Teufel," unterbrach endlich Oncle Heinrich den Seeligen in seinen Liebesträumen, "was haben Sie eigentlich vor, Freundchen? Ich frage hundertmal, ob sie unser Tinchen heute Morgen schon gesehn haben, ob sie ihr etwa ein Visittchen machen wollten --"
"Wo ist die Comtesse?" fragte Blauenstein hastig und glühend auf den Wangen.
"Nun, nun," entgegnete Heinrich heimlich lachend, "sie läuft uns nicht fort. Gelt, Blauen¬ steinchen, Ihr habt ihr auch zu tief in die Ver¬ gißmeinnichtaugen gesehn? -- Aber für Ihre Gluth
Blauenſtein ging jetzt die Sonne der Liebe von Neuem auf, er fuͤhlte ſich frei von der Laſt des ſchwarzen Verdachtes, und verwuͤnſchte Antoͤnchen in die Hoͤlle der Unterwelt; denn ſolche Stunden wie geſtern hatte er noch nicht erlebt. Jetzt zog es ihn maͤchtig zu Tina, er zweifelte nicht, — aber halt, wenn ſie nun ſtatt ja, nein ſagte, wenn ſie bereits — aber behuͤte, ſie hatte es ihm ja ganz unzweideutig bewieſen, wie ſie ihn ehrte, wie zart die Lie— Liebe? — nun, von der war freilich noch nicht die Rede geweſen, aber das mußte, das ſollte ſich finden.
„Was Teufel,“ unterbrach endlich Oncle Heinrich den Seeligen in ſeinen Liebestraͤumen, „was haben Sie eigentlich vor, Freundchen? Ich frage hundertmal, ob ſie unſer Tinchen heute Morgen ſchon geſehn haben, ob ſie ihr etwa ein Viſittchen machen wollten —“
„Wo iſt die Comteſſe?“ fragte Blauenſtein haſtig und gluͤhend auf den Wangen.
„Nun, nun,“ entgegnete Heinrich heimlich lachend, „ſie laͤuft uns nicht fort. Gelt, Blauen¬ ſteinchen, Ihr habt ihr auch zu tief in die Ver¬ gißmeinnichtaugen geſehn? — Aber fuͤr Ihre Gluth
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Blauenſtein ging jetzt die Sonne der Liebe
von Neuem auf, er fuͤhlte ſich frei von der
Laſt des ſchwarzen Verdachtes, und verwuͤnſchte
Antoͤnchen in die Hoͤlle der Unterwelt; denn
ſolche Stunden wie geſtern hatte er noch nicht
erlebt. Jetzt zog es ihn maͤchtig zu Tina, er
zweifelte nicht, — aber halt, wenn ſie nun ſtatt
ja, nein ſagte, wenn ſie bereits — aber behuͤte,
ſie hatte es ihm ja ganz unzweideutig bewieſen,
wie ſie ihn ehrte, wie zart die Lie— Liebe? —
nun, von der war freilich noch nicht die Rede
geweſen, aber das mußte, das ſollte ſich finden.
„Was Teufel,“ unterbrach endlich Oncle
Heinrich den Seeligen in ſeinen Liebestraͤumen,
„was haben Sie eigentlich vor, Freundchen? Ich
frage hundertmal, ob ſie unſer Tinchen heute
Morgen ſchon geſehn haben, ob ſie ihr etwa ein
Viſittchen machen wollten —“
„Wo iſt die Comteſſe?“ fragte Blauenſtein
haſtig und gluͤhend auf den Wangen.
„Nun, nun,“ entgegnete Heinrich heimlich
lachend, „ſie laͤuft uns nicht fort. Gelt, Blauen¬
ſteinchen, Ihr habt ihr auch zu tief in die Ver¬
gißmeinnichtaugen geſehn? — Aber fuͤr Ihre Gluth
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/187>, abgerufen am 20.02.2025.
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