von unserer Willkühr ab ihn ganz zu verwerfen, weil Umstände dazu bestimmen können über welche wir gar nicht zu gebieten haben, von der andern ist selbst in der Taktik diese beständige Zusammenstimmung aller Theile für jeden Augenblick des Verlaufs nicht einmal nöthig, und viel weniger ist sie es wie gesagt in der Strategie. Man muß also in dieser um so mehr davon absehen und um so mehr darauf beharren daß jedem Theil ein selbst- ständiges Stück Arbeit zugemessen werde.
Diesem haben wir noch eine wichtige Bemerkung an- zuschließen, sie betrifft die gute Vertheilung der Rollen.
In den Jahren 1793 und 1794 befand sich die östreichi- sche Hauptmacht in den Niederlanden, die preuß. am Oberrhein. Die östreichischen Truppen wurden von Wien nach Conde und Valenciennes gefahren, und durchkreuzten sich mit den preußischen, die von Berlin nach Landau mußten. Die Östreicher hatten zwar dort ihre belgischen Provinzen zu vertheidigen, und wenn sie Eroberungen im französischen Flandern machten, so waren sie ihnen sehr gelegen, allein dies Interesse war nicht stark genug. Nach dem Tode des Fürsten Kaunitz setzte der östreichische Minister Thugut die Maaßregel durch, die Niederlande ganz aufzugeben um seine Kräfte mehr zu koncentriren. In der That haben die Östreicher nach Flandern fast noch einmal so weit als nach dem Elsaß, und in einer Zeit wo die Streit- kräfte sich in sehr gemessenen Grenzen befanden und Alles mit baarem Gelde unterhalten werden mußte, war das keine Kleinigkeit. Doch war die Absicht des Ministers Thugut offenbar noch eine andere: er wollte die Mächte, welche bei der Vertheidigung der Niederlande und des Niederrheins interessirt waren: Holland, England und Preu- ßen, durch die Dringlichkeit der Gefahr in den Fall setzen,
von unſerer Willkuͤhr ab ihn ganz zu verwerfen, weil Umſtaͤnde dazu beſtimmen koͤnnen uͤber welche wir gar nicht zu gebieten haben, von der andern iſt ſelbſt in der Taktik dieſe beſtaͤndige Zuſammenſtimmung aller Theile fuͤr jeden Augenblick des Verlaufs nicht einmal noͤthig, und viel weniger iſt ſie es wie geſagt in der Strategie. Man muß alſo in dieſer um ſo mehr davon abſehen und um ſo mehr darauf beharren daß jedem Theil ein ſelbſt- ſtaͤndiges Stuͤck Arbeit zugemeſſen werde.
Dieſem haben wir noch eine wichtige Bemerkung an- zuſchließen, ſie betrifft die gute Vertheilung der Rollen.
In den Jahren 1793 und 1794 befand ſich die oͤſtreichi- ſche Hauptmacht in den Niederlanden, die preuß. am Oberrhein. Die oͤſtreichiſchen Truppen wurden von Wien nach Condé und Valenciennes gefahren, und durchkreuzten ſich mit den preußiſchen, die von Berlin nach Landau mußten. Die Öſtreicher hatten zwar dort ihre belgiſchen Provinzen zu vertheidigen, und wenn ſie Eroberungen im franzoͤſiſchen Flandern machten, ſo waren ſie ihnen ſehr gelegen, allein dies Intereſſe war nicht ſtark genug. Nach dem Tode des Fuͤrſten Kaunitz ſetzte der oͤſtreichiſche Miniſter Thugut die Maaßregel durch, die Niederlande ganz aufzugeben um ſeine Kraͤfte mehr zu koncentriren. In der That haben die Öſtreicher nach Flandern faſt noch einmal ſo weit als nach dem Elſaß, und in einer Zeit wo die Streit- kraͤfte ſich in ſehr gemeſſenen Grenzen befanden und Alles mit baarem Gelde unterhalten werden mußte, war das keine Kleinigkeit. Doch war die Abſicht des Miniſters Thugut offenbar noch eine andere: er wollte die Maͤchte, welche bei der Vertheidigung der Niederlande und des Niederrheins intereſſirt waren: Holland, England und Preu- ßen, durch die Dringlichkeit der Gefahr in den Fall ſetzen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0203"n="189"/>
von unſerer Willkuͤhr ab ihn ganz zu verwerfen, weil<lb/>
Umſtaͤnde dazu beſtimmen koͤnnen uͤber welche wir gar<lb/>
nicht zu gebieten haben, von der andern iſt ſelbſt in der<lb/>
Taktik dieſe beſtaͤndige Zuſammenſtimmung aller Theile<lb/>
fuͤr jeden Augenblick des Verlaufs nicht einmal noͤthig,<lb/>
und viel weniger iſt ſie es wie geſagt in der Strategie.<lb/>
Man muß alſo in dieſer um ſo mehr davon abſehen und<lb/>
um ſo mehr darauf beharren daß jedem Theil ein ſelbſt-<lb/>ſtaͤndiges Stuͤck Arbeit zugemeſſen werde.</p><lb/><p>Dieſem haben wir noch eine wichtige Bemerkung an-<lb/>
zuſchließen, ſie betrifft die gute Vertheilung der Rollen.</p><lb/><p>In den Jahren 1793 und 1794 befand ſich die oͤſtreichi-<lb/>ſche Hauptmacht in den Niederlanden, die preuß. am Oberrhein.<lb/>
Die oͤſtreichiſchen Truppen wurden von Wien nach Cond<hirendition="#aq">é</hi><lb/>
und Valenciennes gefahren, und durchkreuzten ſich mit den<lb/>
preußiſchen, die von Berlin nach Landau mußten. Die<lb/>
Öſtreicher hatten zwar dort ihre belgiſchen Provinzen zu<lb/>
vertheidigen, und wenn ſie Eroberungen im franzoͤſiſchen<lb/>
Flandern machten, ſo waren ſie ihnen ſehr gelegen, allein<lb/>
dies Intereſſe war nicht ſtark genug. Nach dem Tode<lb/>
des Fuͤrſten Kaunitz ſetzte der oͤſtreichiſche Miniſter Thugut<lb/>
die Maaßregel durch, die Niederlande ganz aufzugeben<lb/>
um ſeine Kraͤfte mehr zu koncentriren. In der That<lb/>
haben die Öſtreicher nach Flandern faſt noch einmal ſo<lb/>
weit als nach dem Elſaß, und in einer Zeit wo die Streit-<lb/>
kraͤfte ſich in ſehr gemeſſenen Grenzen befanden und Alles<lb/>
mit baarem Gelde unterhalten werden mußte, war das<lb/>
keine Kleinigkeit. Doch war die Abſicht des Miniſters<lb/>
Thugut offenbar noch eine andere: er wollte die Maͤchte,<lb/>
welche bei der Vertheidigung der Niederlande und des<lb/>
Niederrheins intereſſirt waren: Holland, England und Preu-<lb/>
ßen, durch die Dringlichkeit der Gefahr in den Fall ſetzen,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[189/0203]
von unſerer Willkuͤhr ab ihn ganz zu verwerfen, weil
Umſtaͤnde dazu beſtimmen koͤnnen uͤber welche wir gar
nicht zu gebieten haben, von der andern iſt ſelbſt in der
Taktik dieſe beſtaͤndige Zuſammenſtimmung aller Theile
fuͤr jeden Augenblick des Verlaufs nicht einmal noͤthig,
und viel weniger iſt ſie es wie geſagt in der Strategie.
Man muß alſo in dieſer um ſo mehr davon abſehen und
um ſo mehr darauf beharren daß jedem Theil ein ſelbſt-
ſtaͤndiges Stuͤck Arbeit zugemeſſen werde.
Dieſem haben wir noch eine wichtige Bemerkung an-
zuſchließen, ſie betrifft die gute Vertheilung der Rollen.
In den Jahren 1793 und 1794 befand ſich die oͤſtreichi-
ſche Hauptmacht in den Niederlanden, die preuß. am Oberrhein.
Die oͤſtreichiſchen Truppen wurden von Wien nach Condé
und Valenciennes gefahren, und durchkreuzten ſich mit den
preußiſchen, die von Berlin nach Landau mußten. Die
Öſtreicher hatten zwar dort ihre belgiſchen Provinzen zu
vertheidigen, und wenn ſie Eroberungen im franzoͤſiſchen
Flandern machten, ſo waren ſie ihnen ſehr gelegen, allein
dies Intereſſe war nicht ſtark genug. Nach dem Tode
des Fuͤrſten Kaunitz ſetzte der oͤſtreichiſche Miniſter Thugut
die Maaßregel durch, die Niederlande ganz aufzugeben
um ſeine Kraͤfte mehr zu koncentriren. In der That
haben die Öſtreicher nach Flandern faſt noch einmal ſo
weit als nach dem Elſaß, und in einer Zeit wo die Streit-
kraͤfte ſich in ſehr gemeſſenen Grenzen befanden und Alles
mit baarem Gelde unterhalten werden mußte, war das
keine Kleinigkeit. Doch war die Abſicht des Miniſters
Thugut offenbar noch eine andere: er wollte die Maͤchte,
welche bei der Vertheidigung der Niederlande und des
Niederrheins intereſſirt waren: Holland, England und Preu-
ßen, durch die Dringlichkeit der Gefahr in den Fall ſetzen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/203>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.