p1c_195.001 Diese schlägt die Arme um ihre Tochter und fragt: Wer, p1c_195.002 mein Kind, hat solches gegen dich verübt, unter den Himmlischen, p1c_195.003 gleich als hättest du etwas Böses begangen? Aber p1c_195.004 ihr entgegnet Aphrodite, die das Lächeln liebt: Mich verwundete p1c_195.005 des Tydens Sohn, der übermüthige Diomedes, p1c_195.006 weil ich meinen lieben Sohn aus dem Krieg trug, den Aeneas, p1c_195.007 mir vor allen den Theuersten. Denn nun ist nicht p1c_195.008 mehr allein schweres Gefecht zwischen Achaiern und Troern, p1c_195.009 sondern die Danaen kämpfen selbst mit den Unsterblichen." p1c_195.010 Jtzt wischt die Mutter den Jchor von der Hand der Tochter, p1c_195.011 heilt sie und erzählt ihr zum Trost, wie viel die Unsterblichen p1c_195.012 von je her von den Erdenbewohnern erlitten. p1c_195.013 Juno und Minerva spotten über die Wunde. "Und es lächelt p1c_195.014 zur Rede der Vater der Götter und Menschen, rufet p1c_195.015 zu sich die goldn' Aphrodit' und ermahnt sie mit Worten: p1c_195.016 Nicht sind anvertraut, mein Kind, dir die Werke des Krieges, p1c_195.017 du umschwebe waltend der Hochzeit sehnliche Feyer, p1c_195.018 aber der rasche Aräs besorge die Schlacht und Athenä." - p1c_195.019 Die Naivetät der ganzen Stelle liegt in der Aufrichtigkeit, p1c_195.020 mit der die Götter ihre Schwäche gestehn, ohne doch an p1c_195.021 Göttlichkeit zu verliehren, und in dem jungfräulichen Betragen p1c_195.022 der Venus. - Die ganze Odyssee, das häusliche p1c_195.023 Gemälde der altgriechischen Menschen, hat den Charakter p1c_195.024 der Naivetät. Wie naiv ist die ganze Unterredung p1c_195.025 der Minerva mit dem Telemach im ersten Buche. Z. B. p1c_195.026 vs. 214. antwortet Telemach auf die Frage der Minerva, p1c_195.027 ob er des Odysseus Sohn sey: Toigar ego toi xeine mal' p1c_195.028 atrekeos agoreuso meter men t' eme phesi tou emmenai,
p1c_195.001 Diese schlägt die Arme um ihre Tochter und fragt: Wer, p1c_195.002 mein Kind, hat solches gegen dich verübt, unter den Himmlischen, p1c_195.003 gleich als hättest du etwas Böses begangen? Aber p1c_195.004 ihr entgegnet Aphrodite, die das Lächeln liebt: Mich verwundete p1c_195.005 des Tydens Sohn, der übermüthige Diomedes, p1c_195.006 weil ich meinen lieben Sohn aus dem Krieg trug, den Aeneas, p1c_195.007 mir vor allen den Theuersten. Denn nun ist nicht p1c_195.008 mehr allein schweres Gefecht zwischen Achaiern und Troern, p1c_195.009 sondern die Danaen kämpfen selbst mit den Unsterblichen.“ p1c_195.010 Jtzt wischt die Mutter den Jchor von der Hand der Tochter, p1c_195.011 heilt sie und erzählt ihr zum Trost, wie viel die Unsterblichen p1c_195.012 von je her von den Erdenbewohnern erlitten. p1c_195.013 Juno und Minerva spotten über die Wunde. „Und es lächelt p1c_195.014 zur Rede der Vater der Götter und Menschen, rufet p1c_195.015 zu sich die goldn' Aphrodit' und ermahnt sie mit Worten: p1c_195.016 Nicht sind anvertraut, mein Kind, dir die Werke des Krieges, p1c_195.017 du umschwebe waltend der Hochzeit sehnliche Feyer, p1c_195.018 aber der rasche Aräs besorge die Schlacht und Athenä.“ ─ p1c_195.019 Die Naivetät der ganzen Stelle liegt in der Aufrichtigkeit, p1c_195.020 mit der die Götter ihre Schwäche gestehn, ohne doch an p1c_195.021 Göttlichkeit zu verliehren, und in dem jungfräulichen Betragen p1c_195.022 der Venus. ─ Die ganze Odyssee, das häusliche p1c_195.023 Gemälde der altgriechischen Menschen, hat den Charakter p1c_195.024 der Naivetät. Wie naiv ist die ganze Unterredung p1c_195.025 der Minerva mit dem Telemach im ersten Buche. Z. B. p1c_195.026 vs. 214. antwortet Telemach auf die Frage der Minerva, p1c_195.027 ob er des Odysseus Sohn sey: Τοιγαρ ἐγω τοι ξεῖνε μαλ' p1c_195.028 ἀτρεκεως ἀγορευσω μητηρ μεν τ' ἐμε φησι τοῦ ἐμμεναι,
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/253>, abgerufen am 27.11.2024.
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