Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p1c_221.001
Der Verstand, der das Amt hat das Reale oder p1c_221.002
anschaulich und begreiflich Gewirkte unter das p1c_221.003
Jdeale zu subsumiren, muß erstlich die Fähigkeit haben, p1c_221.004
ein Reales anzuerkennen, d. h. durch Abstraction p1c_221.005
ein Objekt zu construiren, zweytens die Fähigkeit zu p1c_221.006
vergleichen, zu reflectiren, über das Verhältniß vom p1c_221.007
Realen und Jdealen, drittens die Fähigkeit zu urtheilen p1c_221.008
über dieses Verhältniß. Daher hat der Verstand nothwendig p1c_221.009
1) ein setzendes Vermögen, das durch Abstrahiren p1c_221.010
von Anschauungen durch Begriffe ein Objekt setzt, p1c_221.011
2) ein entgegensetzendes Vermögen, 3) ein zusammensetzendes p1c_221.012
Vermögen. Da das Jdeale sich p1c_221.013
selbst unter vier Rücksichten zu erscheinen sucht, der Verstand p1c_221.014
aber das Reale unter das Jdeale subsumirt, so wird p1c_221.015
er auch das Reale in vier Rücksichten betrachten. Zuerst p1c_221.016
wird er das Etwas nach der ihm eigenthümlichen Vernunftidee p1c_221.017
der Totalität und Allheit messen, und das bestimmte p1c_221.018
Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe p1c_221.019
dessen Quantität nennen, wobey er denn, vermöge seiner p1c_221.020
drey Handlungsweisen, a) auf Einheit (Thesis), b) Vielheit p1c_221.021
(Antithesis), c) Vollständigkeit (Synthesis) (der p1c_221.022
Ausdruck Allheit, den Kant braucht, ist kein Verstandesbegriff p1c_221.023
mehr) sehen wird. Zweytens wird er das Etwas p1c_221.024
nach der Vernunftidee der Substantialität messen, und das p1c_221.025
Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe dessen p1c_221.026
Qualität nennen, wobey er denn a) auf Realität (Thesis), p1c_221.027
b
) Negation (Antithesis) und c) Einschränkung p1c_221.028
des Wesens (Synthesis) Rücksicht nehmen wird. Drittens

p1c_221.001
Der Verstand, der das Amt hat das Reale oder p1c_221.002
anschaulich und begreiflich Gewirkte unter das p1c_221.003
Jdeale zu subsumiren, muß erstlich die Fähigkeit haben, p1c_221.004
ein Reales anzuerkennen, d. h. durch Abstraction p1c_221.005
ein Objekt zu construiren, zweytens die Fähigkeit zu p1c_221.006
vergleichen, zu reflectiren, über das Verhältniß vom p1c_221.007
Realen und Jdealen, drittens die Fähigkeit zu urtheilen p1c_221.008
über dieses Verhältniß. Daher hat der Verstand nothwendig p1c_221.009
1) ein setzendes Vermögen, das durch Abstrahiren p1c_221.010
von Anschauungen durch Begriffe ein Objekt setzt, p1c_221.011
2) ein entgegensetzendes Vermögen, 3) ein zusammensetzendes p1c_221.012
Vermögen. Da das Jdeale sich p1c_221.013
selbst unter vier Rücksichten zu erscheinen sucht, der Verstand p1c_221.014
aber das Reale unter das Jdeale subsumirt, so wird p1c_221.015
er auch das Reale in vier Rücksichten betrachten. Zuerst p1c_221.016
wird er das Etwas nach der ihm eigenthümlichen Vernunftidee p1c_221.017
der Totalität und Allheit messen, und das bestimmte p1c_221.018
Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe p1c_221.019
dessen Quantität nennen, wobey er denn, vermöge seiner p1c_221.020
drey Handlungsweisen, a) auf Einheit (Thesis), b) Vielheit p1c_221.021
(Antithesis), c) Vollständigkeit (Synthesis) (der p1c_221.022
Ausdruck Allheit, den Kant braucht, ist kein Verstandesbegriff p1c_221.023
mehr) sehen wird. Zweytens wird er das Etwas p1c_221.024
nach der Vernunftidee der Substantialität messen, und das p1c_221.025
Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe dessen p1c_221.026
Qualität nennen, wobey er denn a) auf Realität (Thesis), p1c_221.027
b
) Negation (Antithesis) und c) Einschränkung p1c_221.028
des Wesens (Synthesis) Rücksicht nehmen wird. Drittens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0279" n="221"/><lb n="p1c_221.001"/>
Der <hi rendition="#g">Verstand,</hi> der das Amt hat das <hi rendition="#g">Reale</hi> oder <lb n="p1c_221.002"/> <hi rendition="#g">anschaulich</hi> und <hi rendition="#g">begreiflich Gewirkte</hi> unter das <lb n="p1c_221.003"/> <hi rendition="#g">Jdeale</hi> zu subsumiren, muß <hi rendition="#g">erstlich</hi> die Fähigkeit haben, <lb n="p1c_221.004"/>
ein <hi rendition="#g">Reales</hi> anzuerkennen, d. h. durch Abstraction <lb n="p1c_221.005"/>
ein Objekt zu construiren, <hi rendition="#g">zweytens</hi> die Fähigkeit zu <lb n="p1c_221.006"/> <hi rendition="#g">vergleichen,</hi> zu reflectiren, über das Verhältniß vom <lb n="p1c_221.007"/>
Realen und Jdealen, <hi rendition="#g">drittens</hi> die Fähigkeit zu <hi rendition="#g">urtheilen</hi> <lb n="p1c_221.008"/>
über dieses Verhältniß. Daher hat der Verstand nothwendig <lb n="p1c_221.009"/>
1) ein <hi rendition="#g">setzendes</hi> Vermögen, das durch Abstrahiren <lb n="p1c_221.010"/>
von Anschauungen durch Begriffe ein <hi rendition="#g">Objekt</hi> setzt, <lb n="p1c_221.011"/>
2) ein <hi rendition="#g">entgegensetzendes</hi> Vermögen, 3) ein <hi rendition="#g">zusammensetzendes</hi> <lb n="p1c_221.012"/>
Vermögen. Da das <hi rendition="#g">Jdeale</hi> sich <lb n="p1c_221.013"/>
selbst unter <hi rendition="#g">vier</hi> Rücksichten zu erscheinen sucht, der Verstand <lb n="p1c_221.014"/>
aber das Reale unter das Jdeale subsumirt, so wird <lb n="p1c_221.015"/>
er auch das <hi rendition="#g">Reale</hi> in vier Rücksichten betrachten. Zuerst <lb n="p1c_221.016"/>
wird er das <hi rendition="#g">Etwas</hi> nach der ihm eigenthümlichen Vernunftidee <lb n="p1c_221.017"/>
der Totalität und Allheit messen, und das bestimmte <lb n="p1c_221.018"/>
Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe <lb n="p1c_221.019"/>
dessen Quantität nennen, wobey er denn, vermöge seiner <lb n="p1c_221.020"/>
drey Handlungsweisen, <hi rendition="#aq">a</hi>) auf Einheit (<hi rendition="#aq">Thesis), b</hi>) Vielheit <lb n="p1c_221.021"/>
(<hi rendition="#aq">Antithesis), c</hi>) Vollständigkeit (<hi rendition="#aq">Synthesis</hi>) (der <lb n="p1c_221.022"/>
Ausdruck <hi rendition="#g">Allheit,</hi> den Kant braucht, ist kein Verstandesbegriff <lb n="p1c_221.023"/>
mehr) sehen wird. Zweytens wird er das <hi rendition="#g">Etwas</hi> <lb n="p1c_221.024"/>
nach der Vernunftidee der Substantialität messen, und das <lb n="p1c_221.025"/>
Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe dessen <lb n="p1c_221.026"/>
Qualität nennen, wobey er denn <hi rendition="#aq">a</hi>) auf Realität (<hi rendition="#aq">Thesis), <lb n="p1c_221.027"/>
b</hi>) Negation (<hi rendition="#aq">Antithesis</hi>) und <hi rendition="#aq">c</hi>) Einschränkung     <lb n="p1c_221.028"/>
des Wesens (<hi rendition="#aq">Synthesis</hi>) Rücksicht nehmen wird. Drittens
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0279] p1c_221.001 Der Verstand, der das Amt hat das Reale oder p1c_221.002 anschaulich und begreiflich Gewirkte unter das p1c_221.003 Jdeale zu subsumiren, muß erstlich die Fähigkeit haben, p1c_221.004 ein Reales anzuerkennen, d. h. durch Abstraction p1c_221.005 ein Objekt zu construiren, zweytens die Fähigkeit zu p1c_221.006 vergleichen, zu reflectiren, über das Verhältniß vom p1c_221.007 Realen und Jdealen, drittens die Fähigkeit zu urtheilen p1c_221.008 über dieses Verhältniß. Daher hat der Verstand nothwendig p1c_221.009 1) ein setzendes Vermögen, das durch Abstrahiren p1c_221.010 von Anschauungen durch Begriffe ein Objekt setzt, p1c_221.011 2) ein entgegensetzendes Vermögen, 3) ein zusammensetzendes p1c_221.012 Vermögen. Da das Jdeale sich p1c_221.013 selbst unter vier Rücksichten zu erscheinen sucht, der Verstand p1c_221.014 aber das Reale unter das Jdeale subsumirt, so wird p1c_221.015 er auch das Reale in vier Rücksichten betrachten. Zuerst p1c_221.016 wird er das Etwas nach der ihm eigenthümlichen Vernunftidee p1c_221.017 der Totalität und Allheit messen, und das bestimmte p1c_221.018 Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe p1c_221.019 dessen Quantität nennen, wobey er denn, vermöge seiner p1c_221.020 drey Handlungsweisen, a) auf Einheit (Thesis), b) Vielheit p1c_221.021 (Antithesis), c) Vollständigkeit (Synthesis) (der p1c_221.022 Ausdruck Allheit, den Kant braucht, ist kein Verstandesbegriff p1c_221.023 mehr) sehen wird. Zweytens wird er das Etwas p1c_221.024 nach der Vernunftidee der Substantialität messen, und das p1c_221.025 Verhältniß des Gegenstandes zu diesem Maaßstabe dessen p1c_221.026 Qualität nennen, wobey er denn a) auf Realität (Thesis), p1c_221.027 b) Negation (Antithesis) und c) Einschränkung p1c_221.028 des Wesens (Synthesis) Rücksicht nehmen wird. Drittens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/279
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/279>, abgerufen am 20.05.2024.