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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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die kumata makra thalasses selbst vor sich. Sophokles p1c_269.002
ist schon ein künstlicher Redner. Statt der Vergleichungen p1c_269.003
findet man Metaphern, die nicht mehr schildern, p1c_269.004
wo jeder Gegenstand in Relation mit einem andern steht, p1c_269.005
und am Ende keiner ein ganzes Selbst hat. Wir hören von p1c_269.006
den Wellen des Unglücks, die einen Staat erschüttern, und p1c_269.007
haben hier nichts als Verstandesabstraktionen. Aristophanes p1c_269.008
parodirt die Bildersprache des Aeschylus. Aber im Aeschylus p1c_269.009
ist die Metapher mehr Folge einer heiligen Trunkenheit. p1c_269.010
Beym Sophocles ist sie eine Folge der Ueberlegung. [Annotation]

Sophocles p1c_269.011
ist in den Chören dunkel, auch im Dialog oft gezwungen, p1c_269.012
indem er die gewöhnlichsten Dinge gern neu p1c_269.013
ausdrücken möchte. Man höre den phulax, in der Antigone p1c_269.014
vs. 223. anax ero men oukh opos takhous upo duspnous p1c_269.015
ikano kouphon exaras poda. pollas gar eskhon p1c_269.016
phrontidon epistaseis, odois kuklon emauton eis anastrophen
. p1c_269.017
und so gehen die Phrasen weiter, und die Antithesen, p1c_269.018
z. B. outos odos brakheia gigetai makra, über ganz gemeine p1c_269.019
Gedanken, ehe man die Nachricht erfährt. So p1c_269.020
braucht Sophocles auch die ironische Antiphrase, z. B. agathon p1c_269.021
Kreonta, Antig. vs. 31. o xene kephallen, Philoct. p1c_269.022
791. welche etwas Unedles hat im hohen Styl und p1c_269.023
von verschrobener Cultur zeigt. Des Sophocles Diction ist p1c_269.024
nur dann meisterhaft, wenn er ganz einfach und tragisch p1c_269.025
wird. - Soll man einen Charakter des poetischen Styls p1c_269.026
in abstracto annehmen, das heißt, einen solchen, der nicht p1c_269.027
durch die besondern Dichtungsarten modificirt ist, so scheint p1c_269.028
dieser von Homer, Tasso, Göthe und Mackpherson (in der

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die κυματα μακρα θαλασσης selbst vor sich. Sophokles p1c_269.002
ist schon ein künstlicher Redner. Statt der Vergleichungen p1c_269.003
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wo jeder Gegenstand in Relation mit einem andern steht, p1c_269.005
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ist die Metapher mehr Folge einer heiligen Trunkenheit. p1c_269.010
Beym Sophocles ist sie eine Folge der Ueberlegung. [Annotation]

Sophocles p1c_269.011
ist in den Chören dunkel, auch im Dialog oft gezwungen, p1c_269.012
indem er die gewöhnlichsten Dinge gern neu p1c_269.013
ausdrücken möchte. Man höre den φυλαξ, in der Antigone p1c_269.014
vs. 223. ἀναξ ἐρω μεν οὐχ ὁπως ταχους ὑπο δυςπνους p1c_269.015
ἱκανω κουφον ἐξαρας ποδα. πολλας γαρ ἐσχον p1c_269.016
φροντιδων ἐπιϛασεις, ὁδοις κυκλων ἐμαυτον εἰς ἀναϛροφην
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und so gehen die Phrasen weiter, und die Antithesen, p1c_269.018
z. B. οὑτως ὁδος βραχεια γιγεται μακρα, über ganz gemeine p1c_269.019
Gedanken, ehe man die Nachricht erfährt. So p1c_269.020
braucht Sophocles auch die ironische Antiphrase, z. B. ἀγαθον p1c_269.021
Κρεοντα, Antig. vs. 31. ὠ ξενε κεφαλλην, Philoct. p1c_269.022
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von verschrobener Cultur zeigt. Des Sophocles Diction ist p1c_269.024
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wird. ─ Soll man einen Charakter des poetischen Styls p1c_269.026
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/327>, abgerufen am 25.11.2024.