Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_727.001 p2c_727.005 p2c_727.006 p2c_727.012 p2c_727.001 p2c_727.005 p2c_727.006 p2c_727.012 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0251" n="727"/><lb n="p2c_727.001"/> Ganzes ausmachen. Die Distichen des Dionys. Cato indeß <lb n="p2c_727.002"/> sind blos Hexameter. Die neuern gnomischen Dichter haben <lb n="p2c_727.003"/> auch die Liederform. Bey den Alten Deutschen waren schon <lb n="p2c_727.004"/> die Sprüchwörter gereimt.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_727.005"/> §. 3.</hi> </p> <p><lb n="p2c_727.006"/><hi rendition="#aq">C</hi>. Das <hi rendition="#g">Sinngedicht,</hi> oder das <hi rendition="#g">Epigramm</hi> <lb n="p2c_727.007"/> im Engern Sinne ist ein kurzes künstliches Begriffespiel, <lb n="p2c_727.008"/> besonders <hi rendition="#g">witzigen,</hi> oft auch <hi rendition="#g">satyrischen</hi> Jnhalts, <lb n="p2c_727.009"/> das wegen seiner unerwarteten glücklichen Wendung <lb n="p2c_727.010"/> den <hi rendition="#g">Verstand</hi> vorzüglich interessirt, in poetischer <lb n="p2c_727.011"/> Einkleidung.</p> <p><lb n="p2c_727.012"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Man hat seit Lessings Untersuchungen in <lb n="p2c_727.013"/> diesem Fach das Wesen des Epigramms fast ganz aus seinem <lb n="p2c_727.014"/> Ursprung herleiten und nach der Natur der <hi rendition="#g">Aufschriften</hi> <lb n="p2c_727.015"/> beurtheilen wollen. Allein man bedachte nicht, daß <lb n="p2c_727.016"/> es eine doppelte Art Epigrammen gebe, welche blos zufällig <lb n="p2c_727.017"/> zu Einer Gattung zusammengeschmolzen worden sind, erstlich <lb n="p2c_727.018"/> die blos <hi rendition="#g">beschreibenden, einfachen</hi> Aufschriften, <lb n="p2c_727.019"/> welche die Phantasie interessiren, und <hi rendition="#g">zweytens,</hi> die <lb n="p2c_727.020"/> <hi rendition="#g">sinnreichen</hi> Gedanken, die wegen ihrer Künstlichkeit als <lb n="p2c_727.021"/> Gedankenspiele den Verstand unterhalten. Da die erste <lb n="p2c_727.022"/> Art für die Phantasie, die zweyte für den Verstand ist, so <lb n="p2c_727.023"/> beziehen sie sich auf verschiedene Seelenkräfte, müssen also <lb n="p2c_727.024"/> von der Theorie ihrem Wesen nach getrennt werden. Freylich <lb n="p2c_727.025"/> klingt es sonderbar, wenn das Epigramm als didaktisches </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [727/0251]
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Ganzes ausmachen. Die Distichen des Dionys. Cato indeß p2c_727.002
sind blos Hexameter. Die neuern gnomischen Dichter haben p2c_727.003
auch die Liederform. Bey den Alten Deutschen waren schon p2c_727.004
die Sprüchwörter gereimt.
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§. 3.
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C. Das Sinngedicht, oder das Epigramm p2c_727.007
im Engern Sinne ist ein kurzes künstliches Begriffespiel, p2c_727.008
besonders witzigen, oft auch satyrischen Jnhalts, p2c_727.009
das wegen seiner unerwarteten glücklichen Wendung p2c_727.010
den Verstand vorzüglich interessirt, in poetischer p2c_727.011
Einkleidung.
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Anmerk. Man hat seit Lessings Untersuchungen in p2c_727.013
diesem Fach das Wesen des Epigramms fast ganz aus seinem p2c_727.014
Ursprung herleiten und nach der Natur der Aufschriften p2c_727.015
beurtheilen wollen. Allein man bedachte nicht, daß p2c_727.016
es eine doppelte Art Epigrammen gebe, welche blos zufällig p2c_727.017
zu Einer Gattung zusammengeschmolzen worden sind, erstlich p2c_727.018
die blos beschreibenden, einfachen Aufschriften, p2c_727.019
welche die Phantasie interessiren, und zweytens, die p2c_727.020
sinnreichen Gedanken, die wegen ihrer Künstlichkeit als p2c_727.021
Gedankenspiele den Verstand unterhalten. Da die erste p2c_727.022
Art für die Phantasie, die zweyte für den Verstand ist, so p2c_727.023
beziehen sie sich auf verschiedene Seelenkräfte, müssen also p2c_727.024
von der Theorie ihrem Wesen nach getrennt werden. Freylich p2c_727.025
klingt es sonderbar, wenn das Epigramm als didaktisches
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