Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_748.001 p2c_748.024 p2c_748.025 p2c_748.001 p2c_748.024 p2c_748.025 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0272" n="748"/><lb n="p2c_748.001"/> es mit Schilderung von allegorischen Dingen, z. B. <lb n="p2c_748.002"/> von dem Wald, in dem sich der Dichter befand, von den <lb n="p2c_748.003"/> wilden Thieren, denen er begegnet, unter welchen die Commentatoren <lb n="p2c_748.004"/> Wollust, Hochmuth und Geiz verstehn. ─ <lb n="p2c_748.005"/> Ehe er in den christlichen Lethe, den Strom Eunoe getaucht <lb n="p2c_748.006"/> wird, um ins Paradies einzugehn, sieht er noch in einer <lb n="p2c_748.007"/> mystischen Vision die Schicksale der christlichen Kirche. <lb n="p2c_748.008"/> Während des ganzen Gedichts befindet sich Dante auf dem <lb n="p2c_748.009"/> Schauplatz einer Welt, in der alles Jndividuelle <hi rendition="#g">Symbol</hi> <lb n="p2c_748.010"/> von etwas <hi rendition="#g">allgemeinen</hi> ist. Die historischen Personen <lb n="p2c_748.011"/> mit denen er spricht sind Repräsentanten irgend eines abstrakten <lb n="p2c_748.012"/> Begriffs, einer Jdee. So ist seine verklärte Geliebte <lb n="p2c_748.013"/> seine Beatrice, die himmlische Weisheit. Jn den <lb n="p2c_748.014"/> wunderbaren Gestalten sterblicher Menschen, die er im <lb n="p2c_748.015"/> Himmel antrifft, glänzt etwas göttliches, ihrem irdischen <lb n="p2c_748.016"/> Bild ganz unähnlich. <hi rendition="#g">Dante</hi> ist also <hi rendition="#g">allegorischer</hi> <lb n="p2c_748.017"/> Dichter, und weil er sein ganzes Wissen von den göttlichen <lb n="p2c_748.018"/> Dingen, und den Geheimnissen des Weltalls mittelst seiner <lb n="p2c_748.019"/> Symbole uns mittheilen will, so ist sein Gedicht ein <hi rendition="#g">höhetes</hi> <lb n="p2c_748.020"/> allegorisches Gedicht, vielleicht das <hi rendition="#g">Einzige,</hi> das <lb n="p2c_748.021"/> diesen Nahmen verdient, ob es gleich bey allen originellen <lb n="p2c_748.022"/> glänzenden Zügen in tausend Rücksichten als sehr unvollkommen <lb n="p2c_748.023"/> angesehn werden muß.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_748.024"/> §. 2.</hi> </p> <p><lb n="p2c_748.025"/> Zum <hi rendition="#g">objektiven</hi> Jnhalt hat das <hi rendition="#g">höhere</hi> allegorische <lb n="p2c_748.026"/> Gedicht <hi rendition="#g">sinnbildliche</hi> Gegenstände von <lb n="p2c_748.027"/> <hi rendition="#g">göttlichen</hi> Dingen. Es ist also dieser Jnhalt doppelseitig </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [748/0272]
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es mit Schilderung von allegorischen Dingen, z. B. p2c_748.002
von dem Wald, in dem sich der Dichter befand, von den p2c_748.003
wilden Thieren, denen er begegnet, unter welchen die Commentatoren p2c_748.004
Wollust, Hochmuth und Geiz verstehn. ─ p2c_748.005
Ehe er in den christlichen Lethe, den Strom Eunoe getaucht p2c_748.006
wird, um ins Paradies einzugehn, sieht er noch in einer p2c_748.007
mystischen Vision die Schicksale der christlichen Kirche. p2c_748.008
Während des ganzen Gedichts befindet sich Dante auf dem p2c_748.009
Schauplatz einer Welt, in der alles Jndividuelle Symbol p2c_748.010
von etwas allgemeinen ist. Die historischen Personen p2c_748.011
mit denen er spricht sind Repräsentanten irgend eines abstrakten p2c_748.012
Begriffs, einer Jdee. So ist seine verklärte Geliebte p2c_748.013
seine Beatrice, die himmlische Weisheit. Jn den p2c_748.014
wunderbaren Gestalten sterblicher Menschen, die er im p2c_748.015
Himmel antrifft, glänzt etwas göttliches, ihrem irdischen p2c_748.016
Bild ganz unähnlich. Dante ist also allegorischer p2c_748.017
Dichter, und weil er sein ganzes Wissen von den göttlichen p2c_748.018
Dingen, und den Geheimnissen des Weltalls mittelst seiner p2c_748.019
Symbole uns mittheilen will, so ist sein Gedicht ein höhetes p2c_748.020
allegorisches Gedicht, vielleicht das Einzige, das p2c_748.021
diesen Nahmen verdient, ob es gleich bey allen originellen p2c_748.022
glänzenden Zügen in tausend Rücksichten als sehr unvollkommen p2c_748.023
angesehn werden muß.
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§. 2.
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Zum objektiven Jnhalt hat das höhere allegorische p2c_748.026
Gedicht sinnbildliche Gegenstände von p2c_748.027
göttlichen Dingen. Es ist also dieser Jnhalt doppelseitig
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