Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_766.001 p2c_766.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0290" n="766"/><lb n="p2c_766.001"/> , nicht zur <hi rendition="#g">beschreibenden.</hi> Denn es werden nicht <lb n="p2c_766.002"/> die wirklichen Eigenschasten des verschwiegenen Gegenstandes <lb n="p2c_766.003"/> angegeben, wie bey einer Beschreibung, sondern <hi rendition="#g">symbolische.</hi> <lb n="p2c_766.004"/> Die Erde heißt ein Haus mit einem kristallnen <lb n="p2c_766.005"/> Dache. Der Regenbogen eine Brücke u. s. w. Ein Räthsel, <lb n="p2c_766.006"/> das ein Gedicht seyn soll, muß aber solche Bilder und <lb n="p2c_766.007"/> Jdeen in uns erwecken, die wahrhaft ästhetisch sind, und <lb n="p2c_766.008"/> das Gefühl des höhern oder niedern Schönen reizen. Auch <lb n="p2c_766.009"/> muß ein vollkommner <hi rendition="#g">Plan,</hi> eine Totalität im Kleinen darinnen <lb n="p2c_766.010"/> anzutreffen seyn. Die Gedanken müssen einen witzigen, <lb n="p2c_766.011"/> wenigstens scherzhaften Zusammenhang haben. Es <lb n="p2c_766.012"/> muß eine Einheit des Gedankens, wenigstens des Wortes <lb n="p2c_766.013"/> darinnen herrschen, dessen einzelne Sylben und Buchstaben <lb n="p2c_766.014"/> nach neuen Zusammensetzungen, oder dessen verschiedene Bedeutungen <lb n="p2c_766.015"/> beschrieben werden. Der <hi rendition="#g">ästhetische</hi> Jnhalt <lb n="p2c_766.016"/> des Räthsels ist das <hi rendition="#g">niedliche.</hi> Das Räthsel stellt im <lb n="p2c_766.017"/> Kleinen eine Totalität dar. Doch giebt es auch Räthsel, <lb n="p2c_766.018"/> die eine Empfindung des <hi rendition="#g">höhern</hi> Schönen erwecken, z. B. <lb n="p2c_766.019"/> das Räthsel des Sfinx, das Oedipus errieth, das Räthsel <lb n="p2c_766.020"/> vom Schlaf, vom Schatten im Athenäus, die meisten <lb n="p2c_766.021"/> Räthsel von Schiller. <hi rendition="#g">Styl</hi> und <hi rendition="#g">Metrum</hi> muß <hi rendition="#g">epigrammatisch</hi> <lb n="p2c_766.022"/> seyn. Es giebt mehrere Arten von Räthsel. <lb n="p2c_766.023"/> Z. B. <hi rendition="#g">Charaden,</hi> wo die einzelnen Sylben eines <lb n="p2c_766.024"/> Worts beschrieben oder anders zusammengesetzt werden, <hi rendition="#g">Logogryphen,</hi> <lb n="p2c_766.025"/> Anagrammen, wo dies mit einzelnen Buchstaben <lb n="p2c_766.026"/> geschieht, welche man umkehrt, hinwegdenkt oder <lb n="p2c_766.027"/> vorsetzt. Auch hier muß der Stoff poetisch epigrammatisch <lb n="p2c_766.028"/> seyn. Z. B. <hi rendition="#aq">Amor, Roma</hi>. Dies verstehn die Franzosen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [766/0290]
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, nicht zur beschreibenden. Denn es werden nicht p2c_766.002
die wirklichen Eigenschasten des verschwiegenen Gegenstandes p2c_766.003
angegeben, wie bey einer Beschreibung, sondern symbolische. p2c_766.004
Die Erde heißt ein Haus mit einem kristallnen p2c_766.005
Dache. Der Regenbogen eine Brücke u. s. w. Ein Räthsel, p2c_766.006
das ein Gedicht seyn soll, muß aber solche Bilder und p2c_766.007
Jdeen in uns erwecken, die wahrhaft ästhetisch sind, und p2c_766.008
das Gefühl des höhern oder niedern Schönen reizen. Auch p2c_766.009
muß ein vollkommner Plan, eine Totalität im Kleinen darinnen p2c_766.010
anzutreffen seyn. Die Gedanken müssen einen witzigen, p2c_766.011
wenigstens scherzhaften Zusammenhang haben. Es p2c_766.012
muß eine Einheit des Gedankens, wenigstens des Wortes p2c_766.013
darinnen herrschen, dessen einzelne Sylben und Buchstaben p2c_766.014
nach neuen Zusammensetzungen, oder dessen verschiedene Bedeutungen p2c_766.015
beschrieben werden. Der ästhetische Jnhalt p2c_766.016
des Räthsels ist das niedliche. Das Räthsel stellt im p2c_766.017
Kleinen eine Totalität dar. Doch giebt es auch Räthsel, p2c_766.018
die eine Empfindung des höhern Schönen erwecken, z. B. p2c_766.019
das Räthsel des Sfinx, das Oedipus errieth, das Räthsel p2c_766.020
vom Schlaf, vom Schatten im Athenäus, die meisten p2c_766.021
Räthsel von Schiller. Styl und Metrum muß epigrammatisch p2c_766.022
seyn. Es giebt mehrere Arten von Räthsel. p2c_766.023
Z. B. Charaden, wo die einzelnen Sylben eines p2c_766.024
Worts beschrieben oder anders zusammengesetzt werden, Logogryphen, p2c_766.025
Anagrammen, wo dies mit einzelnen Buchstaben p2c_766.026
geschieht, welche man umkehrt, hinwegdenkt oder p2c_766.027
vorsetzt. Auch hier muß der Stoff poetisch epigrammatisch p2c_766.028
seyn. Z. B. Amor, Roma. Dies verstehn die Franzosen
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