Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_514.001 p2c_514.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="514"/><lb n="p2c_514.001"/> , Richter und Könige. Er läßt durch Samuel Prophetenschulen <lb n="p2c_514.002"/> gründen. Gottbegeisterte Männer wohnen auf <lb n="p2c_514.003"/> den Höhen in der freyen Natur und vereinigen den Geist der <lb n="p2c_514.004"/> Dichtkunst mit dem Geiste der Weissagung. Sie erwecken <lb n="p2c_514.005"/> die Helden Jsraels zu großen Thaten, strafen sie im Namen <lb n="p2c_514.006"/> des höchsten Gesetzgebers. David versetzt die heilige Poesie <lb n="p2c_514.007"/> auf den Berg Zion und in den Tempel, giebt ihr den feurigsten <lb n="p2c_514.008"/> lyrischen Schwung, aber auch zugleich das wärmste <lb n="p2c_514.009"/> Jnteresse für das Herz. Keiner dürstet, wie David, nach <lb n="p2c_514.010"/> Offenbarung. Keiner sehnte sich, wie er, es anzuschauen <lb n="p2c_514.011"/> das unbekannte Wesen, das sein Schicksal und die Schicksale <lb n="p2c_514.012"/> seines Volks zu einem höhern Weltenplane hinlenkt, das <lb n="p2c_514.013"/> seinem Saamen ein neues Reich, Jsrael einen größern Helden <lb n="p2c_514.014"/> verspricht, als alle, die es bis jetzt beherrschten. Salomos <lb n="p2c_514.015"/> Glanz und Reichthum giebt der heiligen Poesie ein <lb n="p2c_514.016"/> üppiges stolzes Gewand. Aber Gott liebt nicht den eiteln <lb n="p2c_514.017"/> Glanz dieser Welt. Er zieht seine Hand von Salomo ab. <lb n="p2c_514.018"/> Der Glaube erlischt in Salomos Herzen. Mißmuth, zweifelnder <lb n="p2c_514.019"/> düsterer Sinn und Abgötterey entheiligen Salomos <lb n="p2c_514.020"/> Alter. Das Reich wird nach seinem Tode zerrüttet. Die <lb n="p2c_514.021"/> Zeiten des Unglücks, die durch die Ueppigkeit vermehrten <lb n="p2c_514.022"/> Bedürfnisse, das Sittenverderbniß, verdrängen die Religion <lb n="p2c_514.023"/> aus den Seelen, aber machen auch die Sehnsucht nach den <lb n="p2c_514.024"/> göttlichen Jdeen lebhafter im Geiste einzelner edlerer Männer. <lb n="p2c_514.025"/> Trotz des Spottes mancher ihrer Zeitgenossen beharren <lb n="p2c_514.026"/> diese Propheten in der Zuversicht auf das Urwesen, halten <lb n="p2c_514.027"/> ihrem Vaterlande seine Vergehungen vor, und machen <lb n="p2c_514.028"/> es auf seinen Verfall, aber auch auf seinen künftigen Erretter </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [514/0038]
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, Richter und Könige. Er läßt durch Samuel Prophetenschulen p2c_514.002
gründen. Gottbegeisterte Männer wohnen auf p2c_514.003
den Höhen in der freyen Natur und vereinigen den Geist der p2c_514.004
Dichtkunst mit dem Geiste der Weissagung. Sie erwecken p2c_514.005
die Helden Jsraels zu großen Thaten, strafen sie im Namen p2c_514.006
des höchsten Gesetzgebers. David versetzt die heilige Poesie p2c_514.007
auf den Berg Zion und in den Tempel, giebt ihr den feurigsten p2c_514.008
lyrischen Schwung, aber auch zugleich das wärmste p2c_514.009
Jnteresse für das Herz. Keiner dürstet, wie David, nach p2c_514.010
Offenbarung. Keiner sehnte sich, wie er, es anzuschauen p2c_514.011
das unbekannte Wesen, das sein Schicksal und die Schicksale p2c_514.012
seines Volks zu einem höhern Weltenplane hinlenkt, das p2c_514.013
seinem Saamen ein neues Reich, Jsrael einen größern Helden p2c_514.014
verspricht, als alle, die es bis jetzt beherrschten. Salomos p2c_514.015
Glanz und Reichthum giebt der heiligen Poesie ein p2c_514.016
üppiges stolzes Gewand. Aber Gott liebt nicht den eiteln p2c_514.017
Glanz dieser Welt. Er zieht seine Hand von Salomo ab. p2c_514.018
Der Glaube erlischt in Salomos Herzen. Mißmuth, zweifelnder p2c_514.019
düsterer Sinn und Abgötterey entheiligen Salomos p2c_514.020
Alter. Das Reich wird nach seinem Tode zerrüttet. Die p2c_514.021
Zeiten des Unglücks, die durch die Ueppigkeit vermehrten p2c_514.022
Bedürfnisse, das Sittenverderbniß, verdrängen die Religion p2c_514.023
aus den Seelen, aber machen auch die Sehnsucht nach den p2c_514.024
göttlichen Jdeen lebhafter im Geiste einzelner edlerer Männer. p2c_514.025
Trotz des Spottes mancher ihrer Zeitgenossen beharren p2c_514.026
diese Propheten in der Zuversicht auf das Urwesen, halten p2c_514.027
ihrem Vaterlande seine Vergehungen vor, und machen p2c_514.028
es auf seinen Verfall, aber auch auf seinen künftigen Erretter
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