Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_524.001 p2c_524.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="524"/><lb n="p2c_524.001"/> meynen). Es ist die wirkliche Nahrung der christlichen <lb n="p2c_524.002"/> Gemeinde. ─ Er, der die Welt überwunden hat, <lb n="p2c_524.003"/> geht nun zum Vater, um seinen Gläubigen die Stätte zu <lb n="p2c_524.004"/> bereiten. Mit aller Hoheit seines göttlichen Wesens duldet <lb n="p2c_524.005"/> er nun die Leiden und den Spott blinder Weltmenschen, die <lb n="p2c_524.006"/> nicht wissen was sie thun, duldet er nun einen Tod, zu dem <lb n="p2c_524.007"/> er sich aus freyer Liebe im Vertraun auf das höhere Selbst <lb n="p2c_524.008"/> des Weltalls bestimmt hat. Seine Worte am Kreuz sind <lb n="p2c_524.009"/> Sphärengesang in den Ohren der Geister, die würdig sind <lb n="p2c_524.010"/> sie zu fassen. Der bitterste Kelch, die trübste Minute in <lb n="p2c_524.011"/> der ganzen Geschichte der Seelenwelt, der Augenblick, wo <lb n="p2c_524.012"/> er ruft: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich <lb n="p2c_524.013"/> verlassen? mit einem Ruf, der durch das innerste Mark <lb n="p2c_524.014"/> alles Lebens dringt, geht vorüber. ─ Er befiehlt sein <lb n="p2c_524.015"/> menschliches Jch in die Hände des Gottes der Liebe, dem <lb n="p2c_524.016"/> er sich nach den Anordnungen des Schicksals opfert. Die <lb n="p2c_524.017"/> Erde bebt. Er stirbt, und es ist <hi rendition="#g">vollbracht.</hi> Und von <lb n="p2c_524.018"/> nun an ist alles himmlisch, von nun an kein Tod mehr, <lb n="p2c_524.019"/> überall schöpferisches geistiges Leben in der erleuchteten Natur. <lb n="p2c_524.020"/> Mögen die verfinsterten Juden den Leichnam bewachen, <lb n="p2c_524.021"/> Christus, der Sohn des Unsichtbaren, der sich in <lb n="p2c_524.022"/> Gewißheit der väterlichen Liebe dem höllischen Abgrund des <lb n="p2c_524.023"/> Grabes übergab, hat im Bewußtseyn der Göttlichkeit durch <lb n="p2c_524.024"/> seinen eigenen Tod den allgemeinen Tod in der Seelenwelt <lb n="p2c_524.025"/> bezwungen. Mit allmächtiger Hand schmiedet der Gestorbene <lb n="p2c_524.026"/> tief in der Hölle es an, das <hi rendition="#g">undenkbare</hi> Ungeheuer, <lb n="p2c_524.027"/> auf daß kein Gedanke mehr an denselben in den christlichen <lb n="p2c_524.028"/> Himmel komme. Die Verwesung kann nicht vernichten, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [524/0048]
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meynen). Es ist die wirkliche Nahrung der christlichen p2c_524.002
Gemeinde. ─ Er, der die Welt überwunden hat, p2c_524.003
geht nun zum Vater, um seinen Gläubigen die Stätte zu p2c_524.004
bereiten. Mit aller Hoheit seines göttlichen Wesens duldet p2c_524.005
er nun die Leiden und den Spott blinder Weltmenschen, die p2c_524.006
nicht wissen was sie thun, duldet er nun einen Tod, zu dem p2c_524.007
er sich aus freyer Liebe im Vertraun auf das höhere Selbst p2c_524.008
des Weltalls bestimmt hat. Seine Worte am Kreuz sind p2c_524.009
Sphärengesang in den Ohren der Geister, die würdig sind p2c_524.010
sie zu fassen. Der bitterste Kelch, die trübste Minute in p2c_524.011
der ganzen Geschichte der Seelenwelt, der Augenblick, wo p2c_524.012
er ruft: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich p2c_524.013
verlassen? mit einem Ruf, der durch das innerste Mark p2c_524.014
alles Lebens dringt, geht vorüber. ─ Er befiehlt sein p2c_524.015
menschliches Jch in die Hände des Gottes der Liebe, dem p2c_524.016
er sich nach den Anordnungen des Schicksals opfert. Die p2c_524.017
Erde bebt. Er stirbt, und es ist vollbracht. Und von p2c_524.018
nun an ist alles himmlisch, von nun an kein Tod mehr, p2c_524.019
überall schöpferisches geistiges Leben in der erleuchteten Natur. p2c_524.020
Mögen die verfinsterten Juden den Leichnam bewachen, p2c_524.021
Christus, der Sohn des Unsichtbaren, der sich in p2c_524.022
Gewißheit der väterlichen Liebe dem höllischen Abgrund des p2c_524.023
Grabes übergab, hat im Bewußtseyn der Göttlichkeit durch p2c_524.024
seinen eigenen Tod den allgemeinen Tod in der Seelenwelt p2c_524.025
bezwungen. Mit allmächtiger Hand schmiedet der Gestorbene p2c_524.026
tief in der Hölle es an, das undenkbare Ungeheuer, p2c_524.027
auf daß kein Gedanke mehr an denselben in den christlichen p2c_524.028
Himmel komme. Die Verwesung kann nicht vernichten,
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