Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_525.001 p2c_525.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0049" n="525"/><lb n="p2c_525.001"/> was einmal vom Worte der Liebe beseelt und neugeboren <lb n="p2c_525.002"/> war. Ohnmächtig steht der von Gott abgefallne schwarze <lb n="p2c_525.003"/> Geist der sich frey und klug dünkenden niedern Selbstheit. <lb n="p2c_525.004"/> Die Menschen haben kein Jch mehr, das mit Stolze von <lb n="p2c_525.005"/> ihm besessen und gequält werden kann. Sie haben kein Jch <lb n="p2c_525.006"/> mehr, das Vernichtung verdient. Und Christus, der Schöpfer <lb n="p2c_525.007"/> des Himmels auf Erden, ist auch der erste, der <hi rendition="#g">ersteht</hi> <lb n="p2c_525.008"/> in diesem seinen irdischen Reiche. Boten Gottes sitzen <lb n="p2c_525.009"/> auf seinem offnen Grabe. Er selbst, der König der Geisterwelt, <lb n="p2c_525.010"/> tritt unter seine erleuchteten Gläubigen, und legt <lb n="p2c_525.011"/> die Hände auf sie. „Friede sey mit Euch. Gehet hin und <lb n="p2c_525.012"/> lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters, des <lb n="p2c_525.013"/> Sohnes und des Geistes. Siehe ich bin bey Euch alle <lb n="p2c_525.014"/> Tage bis an der Welt Ende.“ Dann verschwindet er auf <lb n="p2c_525.015"/> immer sichtbar aus ihren Augen. Aber ausgegossen wird <lb n="p2c_525.016"/> auf sie die Feuertaufe des Geistes. Und sie thun, wie <lb n="p2c_525.017"/> ihnen geboten ward. Sie lehren in allen Sprachen der <lb n="p2c_525.018"/> Fremde, thun Wunder, und sterben den Märtyrertod. <lb n="p2c_525.019"/> Die Erleuchtung breitet sich aus. Der größte Theil der <lb n="p2c_525.020"/> gebildeten Erde huldigt dem neuen Glauben. Die übermüthigen <lb n="p2c_525.021"/> weltlichen Jdole des Götzendienstes werden umgestürzt, <lb n="p2c_525.022"/> und das Zeichen der Demuth, der über den Stolz <lb n="p2c_525.023"/> erhabenen göttlichen Liebe, der Trost der Leidenden, das <lb n="p2c_525.024"/> Kreuz, an das sich so viele sterbende Geschlechter der Menschen <lb n="p2c_525.025"/> hielten, überall erhöht. Nach langen Jahrhunderten <lb n="p2c_525.026"/> zogen fremde noch halb rohe Nazionen, Kaiser und Könige <lb n="p2c_525.027"/> mit abgelegten Zeichen der weltlichen Ehre an der Spitze <lb n="p2c_525.028"/> ihres Heereshaufen, andächtig zu dem heiligen Ort, wo der </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [525/0049]
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was einmal vom Worte der Liebe beseelt und neugeboren p2c_525.002
war. Ohnmächtig steht der von Gott abgefallne schwarze p2c_525.003
Geist der sich frey und klug dünkenden niedern Selbstheit. p2c_525.004
Die Menschen haben kein Jch mehr, das mit Stolze von p2c_525.005
ihm besessen und gequält werden kann. Sie haben kein Jch p2c_525.006
mehr, das Vernichtung verdient. Und Christus, der Schöpfer p2c_525.007
des Himmels auf Erden, ist auch der erste, der ersteht p2c_525.008
in diesem seinen irdischen Reiche. Boten Gottes sitzen p2c_525.009
auf seinem offnen Grabe. Er selbst, der König der Geisterwelt, p2c_525.010
tritt unter seine erleuchteten Gläubigen, und legt p2c_525.011
die Hände auf sie. „Friede sey mit Euch. Gehet hin und p2c_525.012
lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters, des p2c_525.013
Sohnes und des Geistes. Siehe ich bin bey Euch alle p2c_525.014
Tage bis an der Welt Ende.“ Dann verschwindet er auf p2c_525.015
immer sichtbar aus ihren Augen. Aber ausgegossen wird p2c_525.016
auf sie die Feuertaufe des Geistes. Und sie thun, wie p2c_525.017
ihnen geboten ward. Sie lehren in allen Sprachen der p2c_525.018
Fremde, thun Wunder, und sterben den Märtyrertod. p2c_525.019
Die Erleuchtung breitet sich aus. Der größte Theil der p2c_525.020
gebildeten Erde huldigt dem neuen Glauben. Die übermüthigen p2c_525.021
weltlichen Jdole des Götzendienstes werden umgestürzt, p2c_525.022
und das Zeichen der Demuth, der über den Stolz p2c_525.023
erhabenen göttlichen Liebe, der Trost der Leidenden, das p2c_525.024
Kreuz, an das sich so viele sterbende Geschlechter der Menschen p2c_525.025
hielten, überall erhöht. Nach langen Jahrhunderten p2c_525.026
zogen fremde noch halb rohe Nazionen, Kaiser und Könige p2c_525.027
mit abgelegten Zeichen der weltlichen Ehre an der Spitze p2c_525.028
ihres Heereshaufen, andächtig zu dem heiligen Ort, wo der
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