Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_571.001 p2c_571.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0095" n="571"/><lb n="p2c_571.001"/> des Naiven erwecken kann, so ist es besser, man rechnet <lb n="p2c_571.002"/> die <hi rendition="#g">lyrischen Jdyllen</hi> zu den <hi rendition="#g">Elegieen.</hi> <hi rendition="#aq">Hor. L. 3. <lb n="p2c_571.003"/> od</hi>. 13. ist ein ländliches Bild. Allein der Schluß ist doch <lb n="p2c_571.004"/> mehr im hohen als naiven Styl. Eben so <hi rendition="#aq">L. III</hi>. 18. <lb n="p2c_571.005"/> Also kann man sie nicht <hi rendition="#g">idyllische</hi> Oden nennen. Der <lb n="p2c_571.006"/> Odendichter schildert das Landleben, wie ein philosophischer <lb n="p2c_571.007"/> Städter, der sich gern damit unterhält, doch darüber erhaben <lb n="p2c_571.008"/> ist. Das <hi rendition="#g">Niedliche</hi> will sich zwar mit der eigentlichen <lb n="p2c_571.009"/> <hi rendition="#g">Elegie</hi> nicht vertragen. Wenn indeß die <hi rendition="#g">elegische</hi> <lb n="p2c_571.010"/> Empfindung sich unter der Modification des <hi rendition="#g">Niedlichen</hi> <lb n="p2c_571.011"/> zeigt, und ein besonderes Reimsystem dazu kommt, <lb n="p2c_571.012"/> so erhält bey den neuern Nazionen die Elegie 2) den Nahmen <lb n="p2c_571.013"/> <hi rendition="#g">Sonnet.</hi> Von dem Sonnet als Reimsystem haben <lb n="p2c_571.014"/> wir schon eben etwas gesagt. Die dort angegebene gewöhnliche <lb n="p2c_571.015"/> Form ist nicht die einzige. Die Jtalienischen <lb n="p2c_571.016"/> Kritiker zählen auf 16 Species, welche das Sonnet als <lb n="p2c_571.017"/> <hi rendition="#g">Reimsystem</hi> annimmt. Jndeß müssen wir doch auch <lb n="p2c_571.018"/> ein Wort vom <hi rendition="#g">Sonnet,</hi> als <hi rendition="#g">Dichtart</hi> sagen. Man <lb n="p2c_571.019"/> hat nämlich dem musikalischen Sonnet noch einen besondern <lb n="p2c_571.020"/> poetischen Charakter angebildet, und darüber Regeln gegeben. <lb n="p2c_571.021"/> Nimmt man das, was <hi rendition="#g">Bettinelli, Boileau</hi> <lb n="p2c_571.022"/> und andere Kunstrichter über das Wesen des Sonnets sagen, <lb n="p2c_571.023"/> zusammen, so ist wohl der Hauptcharakter des <hi rendition="#g">Sonnets</hi> <lb n="p2c_571.024"/> eine <hi rendition="#g">zärtliche platonische</hi> Empfindung unter der <lb n="p2c_571.025"/> Form des <hi rendition="#g">Niedlichen</hi> verbunden mit dem größten musikalischen <lb n="p2c_571.026"/> Wohlklang. So hat wenigstens das große Original <lb n="p2c_571.027"/> <hi rendition="#g">Petrark</hi> den Jnnhalt des Sonnets durch seine Werke bestimmt. <lb n="p2c_571.028"/> Die Jtaliener und Spanier haben zwar auch </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [571/0095]
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des Naiven erwecken kann, so ist es besser, man rechnet p2c_571.002
die lyrischen Jdyllen zu den Elegieen. Hor. L. 3. p2c_571.003
od. 13. ist ein ländliches Bild. Allein der Schluß ist doch p2c_571.004
mehr im hohen als naiven Styl. Eben so L. III. 18. p2c_571.005
Also kann man sie nicht idyllische Oden nennen. Der p2c_571.006
Odendichter schildert das Landleben, wie ein philosophischer p2c_571.007
Städter, der sich gern damit unterhält, doch darüber erhaben p2c_571.008
ist. Das Niedliche will sich zwar mit der eigentlichen p2c_571.009
Elegie nicht vertragen. Wenn indeß die elegische p2c_571.010
Empfindung sich unter der Modification des Niedlichen p2c_571.011
zeigt, und ein besonderes Reimsystem dazu kommt, p2c_571.012
so erhält bey den neuern Nazionen die Elegie 2) den Nahmen p2c_571.013
Sonnet. Von dem Sonnet als Reimsystem haben p2c_571.014
wir schon eben etwas gesagt. Die dort angegebene gewöhnliche p2c_571.015
Form ist nicht die einzige. Die Jtalienischen p2c_571.016
Kritiker zählen auf 16 Species, welche das Sonnet als p2c_571.017
Reimsystem annimmt. Jndeß müssen wir doch auch p2c_571.018
ein Wort vom Sonnet, als Dichtart sagen. Man p2c_571.019
hat nämlich dem musikalischen Sonnet noch einen besondern p2c_571.020
poetischen Charakter angebildet, und darüber Regeln gegeben. p2c_571.021
Nimmt man das, was Bettinelli, Boileau p2c_571.022
und andere Kunstrichter über das Wesen des Sonnets sagen, p2c_571.023
zusammen, so ist wohl der Hauptcharakter des Sonnets p2c_571.024
eine zärtliche platonische Empfindung unter der p2c_571.025
Form des Niedlichen verbunden mit dem größten musikalischen p2c_571.026
Wohlklang. So hat wenigstens das große Original p2c_571.027
Petrark den Jnnhalt des Sonnets durch seine Werke bestimmt. p2c_571.028
Die Jtaliener und Spanier haben zwar auch
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