gesehen? Warst nicht mit ihm zusammen --?" fragte Adam mit bissigem Lachen.
Emmy wandte sich ab und erwiderte kein Wort. Sie hatte erst einen Augenblick Lust, sich nach dem Verlaufe der Duellgeschichte zu erkundigen. Aber sie unterdrückte die Frage. Sie hätte nach tieferer Theil- nahme ausgesehen, und obwohl sie diese Theilnahme immer noch für Adam empfand, jetzt vielleicht un- willkürlich stärker als je -- denn ein mit ihr rivalisirendes Moment war ja aus seinem Leben gestrichen -- sie wollte sie doch nicht zeigen, in diesem Augenblick erst recht nicht, um keinen Preis der Welt. Uebrigens ging ja auch schon daraus, daß Adam kein Wort von dem Duell wieder erwähnt hatte, hervor, daß die Geschichte in irgend einer Weise erledigt sein mußte. Und es erbitterte sie, daß sie in den letzten Tagen so oft so überflüssig um Einen gebangt hatte, der es nicht verdiente -- um einen Blasirten, einen Unzuverlässigen, einen Herzlosen -- --
Nun gingen die Beiden unten auf der Straße neben einander her. Eine längere Weile schwiegen sie. Hatten sie sich nichts mehr zu sagen? Oder scheuten sie sich, auf ein Thema zurückzukommen, das ebenso unerquicklich war, wie undankbar? Und doch lastete nicht minder peinlich auf Jedem der Druck, den das Schweigen des Anderen ihm auferlegte. Vielleicht aus diesem Grunde, vielleicht auch, weil es ihn doch drängte, Emmy noch dies und das zu sagen, begann Adam endlich, leise, langsam, sprung-
geſehen? Warſt nicht mit ihm zuſammen —?“ fragte Adam mit biſſigem Lachen.
Emmy wandte ſich ab und erwiderte kein Wort. Sie hatte erſt einen Augenblick Luſt, ſich nach dem Verlaufe der Duellgeſchichte zu erkundigen. Aber ſie unterdrückte die Frage. Sie hätte nach tieferer Theil- nahme ausgeſehen, und obwohl ſie dieſe Theilnahme immer noch für Adam empfand, jetzt vielleicht un- willkürlich ſtärker als je — denn ein mit ihr rivaliſirendes Moment war ja aus ſeinem Leben geſtrichen — ſie wollte ſie doch nicht zeigen, in dieſem Augenblick erſt recht nicht, um keinen Preis der Welt. Uebrigens ging ja auch ſchon daraus, daß Adam kein Wort von dem Duell wieder erwähnt hatte, hervor, daß die Geſchichte in irgend einer Weiſe erledigt ſein mußte. Und es erbitterte ſie, daß ſie in den letzten Tagen ſo oft ſo überflüſſig um Einen gebangt hatte, der es nicht verdiente — um einen Blaſirten, einen Unzuverläſſigen, einen Herzloſen — —
Nun gingen die Beiden unten auf der Straße neben einander her. Eine längere Weile ſchwiegen ſie. Hatten ſie ſich nichts mehr zu ſagen? Oder ſcheuten ſie ſich, auf ein Thema zurückzukommen, das ebenſo unerquicklich war, wie undankbar? Und doch laſtete nicht minder peinlich auf Jedem der Druck, den das Schweigen des Anderen ihm auferlegte. Vielleicht aus dieſem Grunde, vielleicht auch, weil es ihn doch drängte, Emmy noch dies und das zu ſagen, begann Adam endlich, leiſe, langſam, ſprung-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0452"n="444"/>
geſehen? Warſt nicht mit ihm zuſammen —?“<lb/>
fragte Adam mit biſſigem Lachen.</p><lb/><p>Emmy wandte ſich ab und erwiderte kein Wort.<lb/>
Sie hatte erſt einen Augenblick Luſt, ſich nach dem<lb/>
Verlaufe der Duellgeſchichte zu erkundigen. Aber ſie<lb/>
unterdrückte die Frage. Sie hätte nach tieferer Theil-<lb/>
nahme ausgeſehen, und obwohl ſie dieſe Theilnahme<lb/>
immer noch für Adam empfand, jetzt vielleicht un-<lb/>
willkürlich ſtärker als je — denn ein mit ihr<lb/>
rivaliſirendes Moment war ja aus ſeinem Leben<lb/>
geſtrichen —ſie wollte ſie doch nicht zeigen, in<lb/>
dieſem Augenblick erſt recht nicht, um keinen Preis<lb/>
der Welt. Uebrigens ging ja auch ſchon daraus,<lb/>
daß Adam kein Wort von dem Duell wieder erwähnt<lb/>
hatte, hervor, daß die Geſchichte in irgend einer<lb/>
Weiſe erledigt ſein mußte. Und es erbitterte ſie,<lb/>
daß ſie in den letzten Tagen ſo oft ſo überflüſſig<lb/>
um Einen gebangt hatte, der es nicht verdiente —<lb/>
um einen Blaſirten, einen Unzuverläſſigen, einen<lb/>
Herzloſen ——</p><lb/><p>Nun gingen die Beiden unten auf der Straße<lb/>
neben einander her. Eine längere Weile ſchwiegen<lb/>ſie. Hatten ſie ſich nichts mehr zu ſagen? Oder<lb/>ſcheuten ſie ſich, auf ein Thema zurückzukommen, das<lb/>
ebenſo unerquicklich war, wie undankbar? Und doch<lb/>
laſtete nicht minder peinlich auf Jedem der Druck,<lb/>
den das Schweigen des Anderen ihm auferlegte.<lb/>
Vielleicht aus dieſem Grunde, vielleicht auch, weil<lb/>
es ihn doch drängte, Emmy noch dies und das zu<lb/>ſagen, begann Adam endlich, leiſe, langſam, ſprung-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[444/0452]
geſehen? Warſt nicht mit ihm zuſammen —?“
fragte Adam mit biſſigem Lachen.
Emmy wandte ſich ab und erwiderte kein Wort.
Sie hatte erſt einen Augenblick Luſt, ſich nach dem
Verlaufe der Duellgeſchichte zu erkundigen. Aber ſie
unterdrückte die Frage. Sie hätte nach tieferer Theil-
nahme ausgeſehen, und obwohl ſie dieſe Theilnahme
immer noch für Adam empfand, jetzt vielleicht un-
willkürlich ſtärker als je — denn ein mit ihr
rivaliſirendes Moment war ja aus ſeinem Leben
geſtrichen — ſie wollte ſie doch nicht zeigen, in
dieſem Augenblick erſt recht nicht, um keinen Preis
der Welt. Uebrigens ging ja auch ſchon daraus,
daß Adam kein Wort von dem Duell wieder erwähnt
hatte, hervor, daß die Geſchichte in irgend einer
Weiſe erledigt ſein mußte. Und es erbitterte ſie,
daß ſie in den letzten Tagen ſo oft ſo überflüſſig
um Einen gebangt hatte, der es nicht verdiente —
um einen Blaſirten, einen Unzuverläſſigen, einen
Herzloſen — —
Nun gingen die Beiden unten auf der Straße
neben einander her. Eine längere Weile ſchwiegen
ſie. Hatten ſie ſich nichts mehr zu ſagen? Oder
ſcheuten ſie ſich, auf ein Thema zurückzukommen, das
ebenſo unerquicklich war, wie undankbar? Und doch
laſtete nicht minder peinlich auf Jedem der Druck,
den das Schweigen des Anderen ihm auferlegte.
Vielleicht aus dieſem Grunde, vielleicht auch, weil
es ihn doch drängte, Emmy noch dies und das zu
ſagen, begann Adam endlich, leiſe, langſam, ſprung-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/452>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.