Jch verlange von ihnen Redlichkeit, Aufrichtig- keit und Wahrhaftigkeit, und, wenn ich sie zu meinen Vertrauten und Freunden wähle, Ver- schwiegenheit und Treue. Von denen, die Wohlthaten von mir empfangen, verlange ich Dankbarkeit und Ergebenheit, und wenn ich durch meine äußern Umstände über sie erhoben bin, und ihnen zu gebieten habe, fodre ich Unter- würfigkeit und Gehorsam. Wie werde ich nicht diejenigen lieben, welche ihr Verhalten gegen mich nach den Vorschriften dieser Tugenden einrichten! Wie sehr wird nicht durch sie meine Glückseelig- keit erhöht, und mein Leben aufgeheitert und ver- schönert werden! Und werden sie wohl alle diese Tugenden ungeachtet und unbelohnt gegen mich ausüben? Würde ich es meinem eignen Herzen verzeihen, wenn ich die Liebe meiner Nebenmen- schen gegen mich, ihre Gerechtigkeit, ihre Billig- keit und Unpartheylichkeit, ihren Eifer mir zu dienen, ihre Großmuth, ihre Wohlthätigkeit, ihr Mitleid, ihre Gefälligkeit, Sanftmuth und Gelindigkeit, ihre Einträchtigkeit, Redlichkeit, Offenherzigkeit und Verschwiegenheit, ihre Dank- barkeit, Ergebenheit und Unterthänigkeit mit Haß, Ungerechtigkeit, Eigennutz, Härte und Unempfindlichkeit, mit Unbarmherzigkeit, Grau- samkeit, Undank, Stolz und Herrschsucht erwie-
der-
Jch verlange von ihnen Redlichkeit, Aufrichtig- keit und Wahrhaftigkeit, und, wenn ich ſie zu meinen Vertrauten und Freunden wähle, Ver- ſchwiegenheit und Treue. Von denen, die Wohlthaten von mir empfangen, verlange ich Dankbarkeit und Ergebenheit, und wenn ich durch meine äußern Umſtände über ſie erhoben bin, und ihnen zu gebieten habe, fodre ich Unter- würfigkeit und Gehorſam. Wie werde ich nicht diejenigen lieben, welche ihr Verhalten gegen mich nach den Vorſchriften dieſer Tugenden einrichten! Wie ſehr wird nicht durch ſie meine Glückſeelig- keit erhöht, und mein Leben aufgeheitert und ver- ſchönert werden! Und werden ſie wohl alle dieſe Tugenden ungeachtet und unbelohnt gegen mich ausüben? Würde ich es meinem eignen Herzen verzeihen, wenn ich die Liebe meiner Nebenmen- ſchen gegen mich, ihre Gerechtigkeit, ihre Billig- keit und Unpartheylichkeit, ihren Eifer mir zu dienen, ihre Großmuth, ihre Wohlthätigkeit, ihr Mitleid, ihre Gefälligkeit, Sanftmuth und Gelindigkeit, ihre Einträchtigkeit, Redlichkeit, Offenherzigkeit und Verſchwiegenheit, ihre Dank- barkeit, Ergebenheit und Unterthänigkeit mit Haß, Ungerechtigkeit, Eigennutz, Härte und Unempfindlichkeit, mit Unbarmherzigkeit, Grau- ſamkeit, Undank, Stolz und Herrſchſucht erwie-
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Jch verlange von ihnen Redlichkeit, Aufrichtig-
keit und Wahrhaftigkeit, und, wenn ich ſie zu
meinen Vertrauten und Freunden wähle, Ver-
ſchwiegenheit und Treue. Von denen, die
Wohlthaten von mir empfangen, verlange ich
Dankbarkeit und Ergebenheit, und wenn ich
durch meine äußern Umſtände über ſie erhoben
bin, und ihnen zu gebieten habe, fodre ich Unter-
würfigkeit und Gehorſam. Wie werde ich nicht
diejenigen lieben, welche ihr Verhalten gegen mich
nach den Vorſchriften dieſer Tugenden einrichten!
Wie ſehr wird nicht durch ſie meine Glückſeelig-
keit erhöht, und mein Leben aufgeheitert und ver-
ſchönert werden! Und werden ſie wohl alle dieſe
Tugenden ungeachtet und unbelohnt gegen mich
ausüben? Würde ich es meinem eignen Herzen
verzeihen, wenn ich die Liebe meiner Nebenmen-
ſchen gegen mich, ihre Gerechtigkeit, ihre Billig-
keit und Unpartheylichkeit, ihren Eifer mir zu
dienen, ihre Großmuth, ihre Wohlthätigkeit,
ihr Mitleid, ihre Gefälligkeit, Sanftmuth und
Gelindigkeit, ihre Einträchtigkeit, Redlichkeit,
Offenherzigkeit und Verſchwiegenheit, ihre Dank-
barkeit, Ergebenheit und Unterthänigkeit mit
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/329>, abgerufen am 22.11.2024.
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