gültigkeit und ein Leichtsinn sich geltend macht, der mit echter, christlicher Gesinnung durchaus unverein- bar, ja, gradzu gewissenlos ist. Fast immer sind nur die zeitlichen Rücksichten maßgebend; der Sohn, die Tochter können da und da viel für die Welt und in zeitlicher Hinsicht Nützliches, Vortheilhaftes lernen und sich aneignen, oder sie können daselbst viel ver- dienen; da und da, so und so öffnen sich günstige Aussichten für die Zukunft u. s. w.; - genug, um seinen Entschluß zu fassen; man fragt nicht, ob Sohn und Tochter da und da nicht großen Gefahren für's Seelenheil ausgesetzt sein werden, der Gefahr, Un- schuld, gute christliche Sitte, ja den Glauben zu ver- lieren; man hat kein Auge dafür, man verschließt es gradzu dagegen.
Und die Folge? Freilich, der Sohn, die Tochter - werden nun in diesen Verhältnissen, denen sie also rücksichtslos anheimgegeben worden, vielleicht recht sehr gelehrt, geschickt, gewandt für den Verkehr in der Welt; sie verdienen einen reichen Lohn; es eröffnen sich ihnen glänzende Aussichten für die Zukunft. Aber, zur Zeit findet es sich, daß über alles dieses der gute christliche Sinn ihnen abhanden gekommen, christliche Uebung und Tugendsamkeit ihnen fremd geworden ist; sie stehen im Dienste ihrer bösen Nei- gungen und Leidenschaften, sie haben ihre Unschuld verloren, sie haben am Kostbarsten, an ihrem Glau- ben Schiffbruch gelitten. Werden sie bei all ihren sonstigen Errungenschaften glücklich sein? Ach, sie werden nicht einmal auf Erden glücklich sein. Wie oft und wie sehr man's auch verkennt, so bleibt's doch ewig wahr, ohne das Fundament wahrhaft christ- licher Gesinnung und Gesittung wird jeglicher Aufbau
gültigkeit und ein Leichtsinn sich geltend macht, der mit echter, christlicher Gesinnung durchaus unverein- bar, ja, gradzu gewissenlos ist. Fast immer sind nur die zeitlichen Rücksichten maßgebend; der Sohn, die Tochter können da und da viel für die Welt und in zeitlicher Hinsicht Nützliches, Vortheilhaftes lernen und sich aneignen, oder sie können daselbst viel ver- dienen; da und da, so und so öffnen sich günstige Aussichten für die Zukunft u. s. w.; – genug, um seinen Entschluß zu fassen; man fragt nicht, ob Sohn und Tochter da und da nicht großen Gefahren für's Seelenheil ausgesetzt sein werden, der Gefahr, Un- schuld, gute christliche Sitte, ja den Glauben zu ver- lieren; man hat kein Auge dafür, man verschließt es gradzu dagegen.
Und die Folge? Freilich, der Sohn, die Tochter – werden nun in diesen Verhältnissen, denen sie also rücksichtslos anheimgegeben worden, vielleicht recht sehr gelehrt, geschickt, gewandt für den Verkehr in der Welt; sie verdienen einen reichen Lohn; es eröffnen sich ihnen glänzende Aussichten für die Zukunft. Aber, zur Zeit findet es sich, daß über alles dieses der gute christliche Sinn ihnen abhanden gekommen, christliche Uebung und Tugendsamkeit ihnen fremd geworden ist; sie stehen im Dienste ihrer bösen Nei- gungen und Leidenschaften, sie haben ihre Unschuld verloren, sie haben am Kostbarsten, an ihrem Glau- ben Schiffbruch gelitten. Werden sie bei all ihren sonstigen Errungenschaften glücklich sein? Ach, sie werden nicht einmal auf Erden glücklich sein. Wie oft und wie sehr man's auch verkennt, so bleibt's doch ewig wahr, ohne das Fundament wahrhaft christ- licher Gesinnung und Gesittung wird jeglicher Aufbau
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gültigkeit und ein Leichtsinn sich geltend macht, der
mit echter, christlicher Gesinnung durchaus unverein-
bar, ja, gradzu gewissenlos ist. Fast immer sind nur
die zeitlichen Rücksichten maßgebend; der Sohn, die
Tochter können da und da viel für die Welt und in
zeitlicher Hinsicht Nützliches, Vortheilhaftes lernen
und sich aneignen, oder sie können daselbst viel ver-
dienen; da und da, so und so öffnen sich günstige
Aussichten für die Zukunft u. s. w.; – genug, um
seinen Entschluß zu fassen; man fragt nicht, ob Sohn
und Tochter da und da nicht großen Gefahren für's
Seelenheil ausgesetzt sein werden, der Gefahr, Un-
schuld, gute christliche Sitte, ja den Glauben zu ver-
lieren; man hat kein Auge dafür, man verschließt es
gradzu dagegen.
Und die Folge? Freilich, der Sohn, die Tochter
– werden nun in diesen Verhältnissen, denen sie also
rücksichtslos anheimgegeben worden, vielleicht recht sehr
gelehrt, geschickt, gewandt für den Verkehr in der
Welt; sie verdienen einen reichen Lohn; es eröffnen
sich ihnen glänzende Aussichten für die Zukunft.
Aber, zur Zeit findet es sich, daß über alles dieses
der gute christliche Sinn ihnen abhanden gekommen,
christliche Uebung und Tugendsamkeit ihnen fremd
geworden ist; sie stehen im Dienste ihrer bösen Nei-
gungen und Leidenschaften, sie haben ihre Unschuld
verloren, sie haben am Kostbarsten, an ihrem Glau-
ben Schiffbruch gelitten. Werden sie bei all ihren
sonstigen Errungenschaften glücklich sein? Ach, sie
werden nicht einmal auf Erden glücklich sein. Wie
oft und wie sehr man's auch verkennt, so bleibt's
doch ewig wahr, ohne das Fundament wahrhaft christ-
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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/127>, abgerufen am 27.11.2024.
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