Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


Achtundzwanzigste Betrachtung.
Jesu edle und gemeinnützige Wohlthätigkeit.

2 Cor. 9, 7.

Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

Obgleich Jesus in Armuth und Dürftigkeit lebte,
ob er gleich sich und seine Schüler mehrentheils
nur von den Wohlthaten seiner Freunde erhielt: so
war er doch bey aller seiner Armuth in einem hohen
Grade wohlthätig, und wir lernen an seinem Bey-
spiele, was wahre Wohlthätigkeit sey, und wie man
sie auf eine weise Art ausüben müsse. Reichliches
Allmosen konnte er freylich nicht geben; ob er sich
gleich auch von dieser Art des Wohlthuns nicht ganz
ausschloß, wie man das mehrmals aus seinen Aeuße-
rungen wahrnehmen kann. Denn Judas hatte die
Kasse, worein oft einige Geschenke von den Freun-
den Jesu gelegt wurden, und woraus nicht nur die
nöthigen Bedürfnisse bestritten, sondern auch den
Armen etwas gereicht wurde.*) Daß er aber wirk-
lich den Armen gegeben habe, das sieht man unter an-
dern daraus, daß die Jünger die dunkle Rede an den
Judas: was du thust, das thue bald,**) dahin
deuteten, er solle den Armen ein Allmosen geben.

Konn-
*) Joh. 12, 6. Matth. 26, 8. 9.
**) Joh. 13, 29.
M 2


Achtundzwanzigſte Betrachtung.
Jeſu edle und gemeinnützige Wohlthätigkeit.

2 Cor. 9, 7.

Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

Obgleich Jeſus in Armuth und Dürftigkeit lebte,
ob er gleich ſich und ſeine Schüler mehrentheils
nur von den Wohlthaten ſeiner Freunde erhielt: ſo
war er doch bey aller ſeiner Armuth in einem hohen
Grade wohlthätig, und wir lernen an ſeinem Bey-
ſpiele, was wahre Wohlthätigkeit ſey, und wie man
ſie auf eine weiſe Art ausüben müſſe. Reichliches
Allmoſen konnte er freylich nicht geben; ob er ſich
gleich auch von dieſer Art des Wohlthuns nicht ganz
ausſchloß, wie man das mehrmals aus ſeinen Aeuße-
rungen wahrnehmen kann. Denn Judas hatte die
Kaſſe, worein oft einige Geſchenke von den Freun-
den Jeſu gelegt wurden, und woraus nicht nur die
nöthigen Bedürfniſſe beſtritten, ſondern auch den
Armen etwas gereicht wurde.*) Daß er aber wirk-
lich den Armen gegeben habe, das ſieht man unter an-
dern daraus, daß die Jünger die dunkle Rede an den
Judas: was du thuſt, das thue bald,**) dahin
deuteten, er ſolle den Armen ein Allmoſen geben.

Konn-
*) Joh. 12, 6. Matth. 26, 8. 9.
**) Joh. 13, 29.
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0205" n="179"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head>Achtundzwanzig&#x017F;te Betrachtung.<lb/>
Je&#x017F;u edle und gemeinnützige Wohlthätigkeit.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">2 Cor. 9, 7.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">O</hi>bgleich Je&#x017F;us in Armuth und Dürftigkeit lebte,<lb/>
ob er gleich &#x017F;ich und &#x017F;eine Schüler mehrentheils<lb/>
nur von den Wohlthaten &#x017F;einer Freunde erhielt: &#x017F;o<lb/>
war er doch bey aller &#x017F;einer Armuth in einem hohen<lb/>
Grade wohlthätig, und wir lernen an &#x017F;einem Bey-<lb/>
&#x017F;piele, was wahre Wohlthätigkeit &#x017F;ey, und wie man<lb/>
&#x017F;ie auf eine wei&#x017F;e Art ausüben mü&#x017F;&#x017F;e. Reichliches<lb/>
Allmo&#x017F;en konnte er freylich nicht geben; ob er &#x017F;ich<lb/>
gleich auch von die&#x017F;er Art des Wohlthuns nicht ganz<lb/>
aus&#x017F;chloß, wie man das mehrmals aus &#x017F;einen Aeuße-<lb/>
rungen wahrnehmen kann. Denn Judas hatte die<lb/>
Ka&#x017F;&#x017F;e, worein oft einige Ge&#x017F;chenke von den Freun-<lb/>
den Je&#x017F;u gelegt wurden, und woraus nicht nur die<lb/>
nöthigen Bedürfni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;tritten, &#x017F;ondern auch den<lb/>
Armen etwas gereicht wurde.<note place="foot" n="*)">Joh. 12, 6. Matth. 26, 8. 9.</note> Daß er aber wirk-<lb/>
lich den Armen gegeben habe, das &#x017F;ieht man unter an-<lb/>
dern daraus, daß die Jünger die dunkle Rede an den<lb/>
Judas: <hi rendition="#fr">was du thu&#x017F;t, das thue bald,</hi><note place="foot" n="**)">Joh. 13, 29.</note> dahin<lb/>
deuteten, er &#x017F;olle den Armen ein Allmo&#x017F;en geben.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Konn-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0205] Achtundzwanzigſte Betrachtung. Jeſu edle und gemeinnützige Wohlthätigkeit. 2 Cor. 9, 7. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Obgleich Jeſus in Armuth und Dürftigkeit lebte, ob er gleich ſich und ſeine Schüler mehrentheils nur von den Wohlthaten ſeiner Freunde erhielt: ſo war er doch bey aller ſeiner Armuth in einem hohen Grade wohlthätig, und wir lernen an ſeinem Bey- ſpiele, was wahre Wohlthätigkeit ſey, und wie man ſie auf eine weiſe Art ausüben müſſe. Reichliches Allmoſen konnte er freylich nicht geben; ob er ſich gleich auch von dieſer Art des Wohlthuns nicht ganz ausſchloß, wie man das mehrmals aus ſeinen Aeuße- rungen wahrnehmen kann. Denn Judas hatte die Kaſſe, worein oft einige Geſchenke von den Freun- den Jeſu gelegt wurden, und woraus nicht nur die nöthigen Bedürfniſſe beſtritten, ſondern auch den Armen etwas gereicht wurde. *) Daß er aber wirk- lich den Armen gegeben habe, das ſieht man unter an- dern daraus, daß die Jünger die dunkle Rede an den Judas: was du thuſt, das thue bald, **) dahin deuteten, er ſolle den Armen ein Allmoſen geben. Konn- *) Joh. 12, 6. Matth. 26, 8. 9. **) Joh. 13, 29. M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/205
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/205>, abgerufen am 16.07.2024.