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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

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XLVII. Betrachtung.
war, die sich auf ihre Abstammung von Abraham so
viel einbildeten, und sich oft in ihren Gesellschaften
und bey ihren Gastmählern auf eine kindische Art um
den Rang stritten.*) Mit der größten Willigkeit
verleugnete er alle schimmernde Vorzüge, die ein er-
habener Stand den Menschen gewähret. Er war
nicht stolz auf seine Gleichheit mit Gott, sondern
wurde ein Knecht seiner Brüder; und wenn er ja
von seiner höhern Natur sprach, so geschahe es auf
die bescheidenste Art; da berufte er sich auf das Zeug-
niß seines Vaters, der aus ihm rede, und auch seine
Reden durch die augenscheinlichsten Wunder beglei-
te.**) Oft lenkte er mit Klugheit und Bescheidenheit
die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer von dem Lobe ab, das
ihm ertheilt wurde. Denn als eine Frau voll Bewun-
derung ausrufte: Selig ist der Leib, der dich getragen
hat!
sogleich leitete er die Anwesenden auf das hin, wo-
durch sie sich das größte Lob erwerben könnten, in-
dem er sprach: Selig sind, die Gottes Wort hören
und bewahren.
***) Er begab sich freywillig aller
Ehre und Hoheit, war gehorsam bis zum Tode, ja
zum Tode am Kreuz, und übernahm zum Besten der
Menschen die beschwerlichsten Arbeiten und Dienste.
Ob er gleich alle Menschen sehr weit an Weisheit und
Tugend übertraf, so erhob er sich doch um deswil-

len
*) Luc. 14, 7. 11.
**) Joh. 14, 10.
***) Luc. 11, 28.
U

XLVII. Betrachtung.
war, die ſich auf ihre Abſtammung von Abraham ſo
viel einbildeten, und ſich oft in ihren Geſellſchaften
und bey ihren Gaſtmählern auf eine kindiſche Art um
den Rang ſtritten.*) Mit der größten Willigkeit
verleugnete er alle ſchimmernde Vorzüge, die ein er-
habener Stand den Menſchen gewähret. Er war
nicht ſtolz auf ſeine Gleichheit mit Gott, ſondern
wurde ein Knecht ſeiner Brüder; und wenn er ja
von ſeiner höhern Natur ſprach, ſo geſchahe es auf
die beſcheidenſte Art; da berufte er ſich auf das Zeug-
niß ſeines Vaters, der aus ihm rede, und auch ſeine
Reden durch die augenſcheinlichſten Wunder beglei-
te.**) Oft lenkte er mit Klugheit und Beſcheidenheit
die Aufmerkſamkeit ſeiner Zuhörer von dem Lobe ab, das
ihm ertheilt wurde. Denn als eine Frau voll Bewun-
derung ausrufte: Selig iſt der Leib, der dich getragen
hat!
ſogleich leitete er die Anweſenden auf das hin, wo-
durch ſie ſich das größte Lob erwerben könnten, in-
dem er ſprach: Selig ſind, die Gottes Wort hören
und bewahren.
***) Er begab ſich freywillig aller
Ehre und Hoheit, war gehorſam bis zum Tode, ja
zum Tode am Kreuz, und übernahm zum Beſten der
Menſchen die beſchwerlichſten Arbeiten und Dienſte.
Ob er gleich alle Menſchen ſehr weit an Weisheit und
Tugend übertraf, ſo erhob er ſich doch um deswil-

len
*) Luc. 14, 7. 11.
**) Joh. 14, 10.
***) Luc. 11, 28.
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[305/0331] XLVII. Betrachtung. war, die ſich auf ihre Abſtammung von Abraham ſo viel einbildeten, und ſich oft in ihren Geſellſchaften und bey ihren Gaſtmählern auf eine kindiſche Art um den Rang ſtritten. *) Mit der größten Willigkeit verleugnete er alle ſchimmernde Vorzüge, die ein er- habener Stand den Menſchen gewähret. Er war nicht ſtolz auf ſeine Gleichheit mit Gott, ſondern wurde ein Knecht ſeiner Brüder; und wenn er ja von ſeiner höhern Natur ſprach, ſo geſchahe es auf die beſcheidenſte Art; da berufte er ſich auf das Zeug- niß ſeines Vaters, der aus ihm rede, und auch ſeine Reden durch die augenſcheinlichſten Wunder beglei- te. **) Oft lenkte er mit Klugheit und Beſcheidenheit die Aufmerkſamkeit ſeiner Zuhörer von dem Lobe ab, das ihm ertheilt wurde. Denn als eine Frau voll Bewun- derung ausrufte: Selig iſt der Leib, der dich getragen hat! ſogleich leitete er die Anweſenden auf das hin, wo- durch ſie ſich das größte Lob erwerben könnten, in- dem er ſprach: Selig ſind, die Gottes Wort hören und bewahren. ***) Er begab ſich freywillig aller Ehre und Hoheit, war gehorſam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz, und übernahm zum Beſten der Menſchen die beſchwerlichſten Arbeiten und Dienſte. Ob er gleich alle Menſchen ſehr weit an Weisheit und Tugend übertraf, ſo erhob er ſich doch um deswil- len *) Luc. 14, 7. 11. **) Joh. 14, 10. ***) Luc. 11, 28. U

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/331>, abgerufen am 24.11.2024.