VI. Kunstsammlungen, ihre Geschichte und ihre Bestimmung.
Die öffentlichen Gebäude, welche von der Akademie bis zur Spree die Prachträume unserer Stadt einfassen, sind ein¬ zeln sowohl wie in ihrem Zusammenhange Allen verständlich; man erkennt leicht, wie die Mannigfaltigkeit derselben den verschiedenen Richtungen des öffentlichen Lebens entspricht und insonderheit mit der Geschichte unseres Staats in enger Ver¬ bindung steht. Nur ein Gebäude steht fremdartiger da und weist schon durch seine ionische Vorhalle auf eine ganz andere Welt hin. Wer also über die menschlichen Dinge nachzudenken gewohnt ist, dem werden sich, wenn er vor dem Museum steht, allerlei Fragen aufdrängen über die Bedeutung des Namens, über die Veranlassung solcher Anlagen und die Bestimmung derselben, und je weniger vorauszusetzen ist, daß er aus der Inschrift des Architravs oder aus den Schriften, welche ihm an der großen Freitreppe angeboten werden, über diese Fragen zu erwünschter Klarheit gelange, um so geeigneter schien es mir, sie in diesen Räumen einmal zur Sprache zu bringen; denn es sind Fragen, welche das uns Nächstliegende betreffen und zugleich geschichtliche Entwickelungen von allgemeinem In¬ teresse berühren.
Von den Musen müssen wir anfangen, und wenn dieser Name bei Vielen unter uns die Erinnerung wach ruft, wie
VI. Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre Beſtimmung.
Die öffentlichen Gebäude, welche von der Akademie bis zur Spree die Prachträume unſerer Stadt einfaſſen, ſind ein¬ zeln ſowohl wie in ihrem Zuſammenhange Allen verſtändlich; man erkennt leicht, wie die Mannigfaltigkeit derſelben den verſchiedenen Richtungen des öffentlichen Lebens entſpricht und inſonderheit mit der Geſchichte unſeres Staats in enger Ver¬ bindung ſteht. Nur ein Gebäude ſteht fremdartiger da und weiſt ſchon durch ſeine ioniſche Vorhalle auf eine ganz andere Welt hin. Wer alſo über die menſchlichen Dinge nachzudenken gewohnt iſt, dem werden ſich, wenn er vor dem Muſeum ſteht, allerlei Fragen aufdrängen über die Bedeutung des Namens, über die Veranlaſſung ſolcher Anlagen und die Beſtimmung derſelben, und je weniger vorauszuſetzen iſt, daß er aus der Inſchrift des Architravs oder aus den Schriften, welche ihm an der großen Freitreppe angeboten werden, über dieſe Fragen zu erwünſchter Klarheit gelange, um ſo geeigneter ſchien es mir, ſie in dieſen Räumen einmal zur Sprache zu bringen; denn es ſind Fragen, welche das uns Nächſtliegende betreffen und zugleich geſchichtliche Entwickelungen von allgemeinem In¬ tereſſe berühren.
Von den Muſen müſſen wir anfangen, und wenn dieſer Name bei Vielen unter uns die Erinnerung wach ruft, wie
<TEI><text><body><pbfacs="#f0110"/><divn="1"><head><hirendition="#aq">VI.</hi><lb/><hirendition="#b">Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre<lb/>
Beſtimmung.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die öffentlichen Gebäude, welche von der Akademie bis<lb/>
zur Spree die Prachträume unſerer Stadt einfaſſen, ſind ein¬<lb/>
zeln ſowohl wie in ihrem Zuſammenhange Allen verſtändlich;<lb/>
man erkennt leicht, wie die Mannigfaltigkeit derſelben den<lb/>
verſchiedenen Richtungen des öffentlichen Lebens entſpricht und<lb/>
inſonderheit mit der Geſchichte unſeres Staats in enger Ver¬<lb/>
bindung ſteht. Nur ein Gebäude ſteht fremdartiger da und<lb/>
weiſt ſchon durch ſeine ioniſche Vorhalle auf eine ganz andere<lb/>
Welt hin. Wer alſo über die menſchlichen Dinge nachzudenken<lb/>
gewohnt iſt, dem werden ſich, wenn er vor dem Muſeum ſteht,<lb/>
allerlei Fragen aufdrängen über die Bedeutung des Namens,<lb/>
über die Veranlaſſung ſolcher Anlagen und die Beſtimmung<lb/>
derſelben, und je weniger vorauszuſetzen iſt, daß er aus der<lb/>
Inſchrift des Architravs oder aus den Schriften, welche ihm<lb/>
an der großen Freitreppe angeboten werden, über dieſe Fragen<lb/>
zu erwünſchter Klarheit gelange, um ſo geeigneter ſchien es<lb/>
mir, ſie in dieſen Räumen einmal zur Sprache zu bringen;<lb/>
denn es ſind Fragen, welche das uns Nächſtliegende betreffen<lb/>
und zugleich geſchichtliche Entwickelungen von allgemeinem In¬<lb/>
tereſſe berühren.</p><lb/><p>Von den Muſen müſſen wir anfangen, und wenn dieſer<lb/>
Name bei Vielen unter uns die Erinnerung wach ruft, wie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[0110]
VI.
Kunſtſammlungen, ihre Geſchichte und ihre
Beſtimmung.
Die öffentlichen Gebäude, welche von der Akademie bis
zur Spree die Prachträume unſerer Stadt einfaſſen, ſind ein¬
zeln ſowohl wie in ihrem Zuſammenhange Allen verſtändlich;
man erkennt leicht, wie die Mannigfaltigkeit derſelben den
verſchiedenen Richtungen des öffentlichen Lebens entſpricht und
inſonderheit mit der Geſchichte unſeres Staats in enger Ver¬
bindung ſteht. Nur ein Gebäude ſteht fremdartiger da und
weiſt ſchon durch ſeine ioniſche Vorhalle auf eine ganz andere
Welt hin. Wer alſo über die menſchlichen Dinge nachzudenken
gewohnt iſt, dem werden ſich, wenn er vor dem Muſeum ſteht,
allerlei Fragen aufdrängen über die Bedeutung des Namens,
über die Veranlaſſung ſolcher Anlagen und die Beſtimmung
derſelben, und je weniger vorauszuſetzen iſt, daß er aus der
Inſchrift des Architravs oder aus den Schriften, welche ihm
an der großen Freitreppe angeboten werden, über dieſe Fragen
zu erwünſchter Klarheit gelange, um ſo geeigneter ſchien es
mir, ſie in dieſen Räumen einmal zur Sprache zu bringen;
denn es ſind Fragen, welche das uns Nächſtliegende betreffen
und zugleich geſchichtliche Entwickelungen von allgemeinem In¬
tereſſe berühren.
Von den Muſen müſſen wir anfangen, und wenn dieſer
Name bei Vielen unter uns die Erinnerung wach ruft, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_alterthum01_1875/110>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.