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Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die öffentliche Pflege von Wiſſenſchaft und Kunſt.
hervorgerufen, oder es iſt bei dem beſten Willen und den
reichſten Mitteln nichts erreicht.

Wer kennt die antoniniſchen Profeſſoren von Athen, wäh¬
rend die alten Weiſen, die, vom Staate gänzlich unbeachtet,
mit ihren Freunden unter den Platanen der Akademie und des
Lykeion wandelten, noch heute unſer Aller Lehrer und Meiſter
ſind! Das damalige Athen war die Schule der Welt. Seit¬
dem man ein officielles Erziehungshaus aus Athen gemacht
hat, iſt es nur eine hiſtoriſche Merkwürdigkeit.

Soll ſich der Staat alſo vollkommen gleichgültig verhalten,
wenn er auch ſo gut wie die Staaten des Alterthums ſeine
Stärke in der Bildung der Bürger ſieht, ſoll er unthätig zu¬
ſchauen und ein Gebiet meiden, deſſen Boden ſo ſchlüpfrig iſt?
Das wäre eine gewaltſame Trennung zuſammenhängender
Lebenskreiſe, das wäre ein Grundſatz, der auch in den voran¬
gehenden Betrachtungen keine ausreichende Begründung findet.
Wir werden vielmehr einen anderen Schluß ziehn, welchem ich
eine doppelte Faſſung geben möchte.

Erſtens iſt ſeit der Zeit Alexander's jedes Culturvolk ein
helleniſtiſches, in ſofern es den unabweislichen Beruf hat, das,
was die Griechen gedacht und gedichtet haben, zu ſeinem Eigen¬
thum zu machen und weiter zu bilden. Die griechiſche Cultur
iſt bei uns ſo wenig zu Hauſe, wie in den Ländern der Dia¬
dochen und deshalb kann ſie nicht ſo, wie es im Mutterlande
geſchah, ſich ſelbſt überlaſſen bleiben. Vielmehr müſſen nach
dem ruhmwürdigen Vorgange der Ptolemäer, Pergamener
und Rhodier auch unſere Staaten ihre Ehre darin ſuchen,
Wiſſenſchaft und Kunſt als eine Grundlage ihres eignen Be¬
ſtandes auf alle Weiſe zu pflegen und dort, wo die Kräfte
Einzelner nicht ausreichen, mit öffentlichen Mitteln freigebig
einzutreten. Dieſem Sinne verdanken wir die großen Samm¬
lungen zur Geſchichte des menſchlichen Wiſſens und die immer
vollkommnere Ausrüſtung aller der Anſtalten, in welchen die
Kenntniß des Weltalls raſtlos gefördert oder die Möglichkeit
gegeben wird, der Natur auf allen Gebieten ihres Schaffens

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Zitationshilfe: Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_alterthum01_1875/142>, abgerufen am 20.02.2025.