Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.
mon. Man hat die einfache Erklärung der auf den Stamm pollo zurückgehenden Formen aus polw-o (Grundz.5 281) be- Endlich sei die weitverbreitete Reduction der Silben io
μον. Man hat die einfache Erklärung der auf den Stamm πολλο zurückgehenden Formen aus πολϝ-ο (Grundz.⁵ 281) be- Endlich sei die weitverbreitete Reduction der Silben ιο <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0040" n="32"/><foreign xml:lang="ell">μον</foreign></hi>. Man hat die einfache Erklärung der auf den Stamm <hi rendition="#i">πολλο</hi> zurückgehenden Formen aus <hi rendition="#i">πολϝ-ο</hi> (Grundz.⁵ 281) be-<lb/> stritten, weil die Assimilation von <hi rendition="#i">λϝ</hi> zu <hi rendition="#i">λλ</hi> unerhört sei. Aber<lb/> sichere Fälle dieses Wandels sind <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">κυλλό-ς</foreign></hi> (schon homer. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Κυλλο-<lb/> ποδίων</foreign></hi>) neben lat. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">curvu-s</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">πελλίς</foreign></hi> (Schüssel) neben lat. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">pelvi-s</foreign></hi>,<lb/> altlat. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">pelui-s</foreign></hi> (Grundz.⁵ 271).</p><lb/> <p>Endlich sei die weitverbreitete Reduction der Silben <hi rendition="#i">ιο</hi><lb/> und <hi rendition="#i">ια</hi> zu <hi rendition="#i">ι</hi>, hauptsächlich im späteren Griechisch, z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Λύσις</foreign></hi><lb/> für <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Λυσίας</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">στάδιν</foreign></hi> für <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">σταδίον</foreign></hi>, und der gleiche Vorgang im<lb/> älteren Latein, z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">alis</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">alid</foreign></hi> für <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">alius</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="lat">aliud</foreign></hi>, erwähnt, worüber<lb/> ich auf Benseler's Abhandlung im dritten Bande der Studien<lb/> (S. 147) verweisen kann. Zu keiner Zeit war es bei Griechen<lb/> oder Römern ein Lautgesetz, diese Silben zu verengen. Wir<lb/> haben es vielmehr mit einer bequemeren Aussprache zu thun,<lb/> die neben der volleren Form üblich, aber nie nothwendig<lb/> wurde. Dass diese Erscheinung gerade in den Eigennamen<lb/> des täglichen Lebens am weitesten sich verbreitete, ist für<lb/> jeden begreiflich, der die Erscheinungen der Sprache mit der<lb/> Sitte in Beziehung setzt und überhaupt aus der Seele des<lb/> sprechenden Menschen, nicht aus einer blinden Naturgewalt<lb/> zu begreifen sucht.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [32/0040]
μον. Man hat die einfache Erklärung der auf den Stamm πολλο zurückgehenden Formen aus πολϝ-ο (Grundz.⁵ 281) be-
stritten, weil die Assimilation von λϝ zu λλ unerhört sei. Aber
sichere Fälle dieses Wandels sind κυλλό-ς (schon homer. Κυλλο-
ποδίων) neben lat. curvu-s, πελλίς (Schüssel) neben lat. pelvi-s,
altlat. pelui-s (Grundz.⁵ 271).
Endlich sei die weitverbreitete Reduction der Silben ιο
und ια zu ι, hauptsächlich im späteren Griechisch, z. B. Λύσις
für Λυσίας, στάδιν für σταδίον, und der gleiche Vorgang im
älteren Latein, z. B. alis, alid für alius, aliud, erwähnt, worüber
ich auf Benseler's Abhandlung im dritten Bande der Studien
(S. 147) verweisen kann. Zu keiner Zeit war es bei Griechen
oder Römern ein Lautgesetz, diese Silben zu verengen. Wir
haben es vielmehr mit einer bequemeren Aussprache zu thun,
die neben der volleren Form üblich, aber nie nothwendig
wurde. Dass diese Erscheinung gerade in den Eigennamen
des täglichen Lebens am weitesten sich verbreitete, ist für
jeden begreiflich, der die Erscheinungen der Sprache mit der
Sitte in Beziehung setzt und überhaupt aus der Seele des
sprechenden Menschen, nicht aus einer blinden Naturgewalt
zu begreifen sucht.
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