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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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Bette tief eingedrückt, und auf ei-
nem damastenen Küssen saß, auch
mit Jasminen, Blumen, Lilien und
Rosen umgeben war. Der Schmerz,
den sie ausgestanden hatte, und die
Ohnmacht, von der sie sich kaum er-
holet hatte, hatten ihr Schönheit
ein wenig verdorben: Aber so bald
er sie erkannte, lief er zu ihr, und
umarmte sie, ohngeachtet ihres Wie-
derstandes, wobey er sie hundert-
mahl seine liebe Frau nannte. End-
lich wurden die Erkenntlichkeit und
die Liebkosungen dieser zween Ver-
liebten so zärtlich und rührend, daß
der Stadthalter und alle diejenigen,
welche Zeugen davon waren, sich
mitleidig befanden. Nach diesen er-
sten Augenblicken bezeugten sie dem
Stadthalter die Verbindlichkeit, die
sie gegen ihm hätten, und das Ver-
langen, sie sehen zu lassen. Jhr habt
nur ein Mittel, sagte er zu ihnen,
das ist, mein Haus anzunehmen;
denn ich muß, setzte er höflich hinzu,
für meine Gefangene stehen. Sie
willigten endlich drein, und er ver-

ließ
H 3

Bette tief eingedruͤckt, und auf ei-
nem damaſtenen Kuͤſſen ſaß, auch
mit Jasminen, Blumen, Lilien und
Roſen umgeben war. Der Schmerz,
den ſie ausgeſtanden hatte, und die
Ohnmacht, von der ſie ſich kaum er-
holet hatte, hatten ihr Schoͤnheit
ein wenig verdorben: Aber ſo bald
er ſie erkannte, lief er zu ihr, und
umarmte ſie, ohngeachtet ihres Wie-
derſtandes, wobey er ſie hundert-
mahl ſeine liebe Frau nannte. End-
lich wurden die Erkenntlichkeit und
die Liebkoſungen dieſer zween Ver-
liebten ſo zaͤrtlich und ruͤhrend, daß
der Stadthalter und alle diejenigen,
welche Zeugen davon waren, ſich
mitleidig befanden. Nach dieſen er-
ſten Augenblicken bezeugten ſie dem
Stadthalter die Verbindlichkeit, die
ſie gegen ihm haͤtten, und das Ver-
langen, ſie ſehen zu laſſen. Jhr habt
nur ein Mittel, ſagte er zu ihnen,
das iſt, mein Haus anzunehmen;
denn ich muß, ſetzte er hoͤflich hinzu,
fuͤr meine Gefangene ſtehen. Sie
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[117/0119] Bette tief eingedruͤckt, und auf ei- nem damaſtenen Kuͤſſen ſaß, auch mit Jasminen, Blumen, Lilien und Roſen umgeben war. Der Schmerz, den ſie ausgeſtanden hatte, und die Ohnmacht, von der ſie ſich kaum er- holet hatte, hatten ihr Schoͤnheit ein wenig verdorben: Aber ſo bald er ſie erkannte, lief er zu ihr, und umarmte ſie, ohngeachtet ihres Wie- derſtandes, wobey er ſie hundert- mahl ſeine liebe Frau nannte. End- lich wurden die Erkenntlichkeit und die Liebkoſungen dieſer zween Ver- liebten ſo zaͤrtlich und ruͤhrend, daß der Stadthalter und alle diejenigen, welche Zeugen davon waren, ſich mitleidig befanden. Nach dieſen er- ſten Augenblicken bezeugten ſie dem Stadthalter die Verbindlichkeit, die ſie gegen ihm haͤtten, und das Ver- langen, ſie ſehen zu laſſen. Jhr habt nur ein Mittel, ſagte er zu ihnen, das iſt, mein Haus anzunehmen; denn ich muß, ſetzte er hoͤflich hinzu, fuͤr meine Gefangene ſtehen. Sie willigten endlich drein, und er ver- ließ H 3

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/119>, abgerufen am 27.11.2024.