Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

gläubigen fort. Daneben rundete er auf deutsche Unkosten
sein Frankreich vollends ab; weil er aber gar nicht auf-
hören wollte zu erwerben, bewaffnete er am Ende den
Welttheil wider sich und vereitelte die Arbeit seiner Mini-
ster, welche unermüdet fortfuhren neue Quellen des Wohl-
standes zu eröffnen. Bei dem Allen stand der Herr doch
zuletzt auch in der Abendsonne seines Lebens strahlend da,
schied ungebeugt von seinem Hofadel, welcher ihm das
Volk bedeutete und der in dankbarer Vergeltung auch nie
müde ward fern von seinen Landsitzen dem Winke herri-
scher Augenbrauen zu dienen. Nach der inneren Wunde
des Gemeinwesens hatte Niemand ein Recht zu fragen als
der majestätische Greis, der nicht danach fragte. Einmal
verrieth sie sich zwar in den Worten, welche der König we-
nige Tage vor seinem Ende zu seinem Urenkel, der ihm
folgen sollte, segnend sprach: "Ahme mir nicht nach in
der Lust an Krieg und Bauten, trachte die Lasten deines
Volks zu erleichtern; es ist mein Unglück, daß ich es nicht
konnte." Das will sagen: "daß ich es nicht der Mühe
werth hielt." Denn niemals durfte bei dem Prunke seiner
Feste, auch in den letzten trüben Jahren nicht, da der Tod
Ludwigs Haus verödete, etwas davon durchblicken, daß
damals in den Staatscassen das Geld für die Nothwen-
digkeiten der Verwaltung fehlte. Wo freilich der Staat
in seinem Fürsten enthalten ist, da ist der Überfluß am
Hofe die erste Nothwendigkeit und die letzte, alles Andere
gilt für Nebenwerk. Ganz in der Stille stiehlt sich indeß

gläubigen fort. Daneben rundete er auf deutſche Unkoſten
ſein Frankreich vollends ab; weil er aber gar nicht auf-
hören wollte zu erwerben, bewaffnete er am Ende den
Welttheil wider ſich und vereitelte die Arbeit ſeiner Mini-
ſter, welche unermüdet fortfuhren neue Quellen des Wohl-
ſtandes zu eröffnen. Bei dem Allen ſtand der Herr doch
zuletzt auch in der Abendſonne ſeines Lebens ſtrahlend da,
ſchied ungebeugt von ſeinem Hofadel, welcher ihm das
Volk bedeutete und der in dankbarer Vergeltung auch nie
müde ward fern von ſeinen Landſitzen dem Winke herri-
ſcher Augenbrauen zu dienen. Nach der inneren Wunde
des Gemeinweſens hatte Niemand ein Recht zu fragen als
der majeſtätiſche Greis, der nicht danach fragte. Einmal
verrieth ſie ſich zwar in den Worten, welche der König we-
nige Tage vor ſeinem Ende zu ſeinem Urenkel, der ihm
folgen ſollte, ſegnend ſprach: „Ahme mir nicht nach in
der Luſt an Krieg und Bauten, trachte die Laſten deines
Volks zu erleichtern; es iſt mein Unglück, daß ich es nicht
konnte.“ Das will ſagen: „daß ich es nicht der Mühe
werth hielt.“ Denn niemals durfte bei dem Prunke ſeiner
Feſte, auch in den letzten trüben Jahren nicht, da der Tod
Ludwigs Haus verödete, etwas davon durchblicken, daß
damals in den Staatscaſſen das Geld für die Nothwen-
digkeiten der Verwaltung fehlte. Wo freilich der Staat
in ſeinem Fürſten enthalten iſt, da iſt der Überfluß am
Hofe die erſte Nothwendigkeit und die letzte, alles Andere
gilt für Nebenwerk. Ganz in der Stille ſtiehlt ſich indeß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0015" n="5"/>
gläubigen fort. Daneben rundete er auf deut&#x017F;che Unko&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ein Frankreich vollends ab; weil er aber gar nicht auf-<lb/>
hören wollte zu erwerben, bewaffnete er am Ende den<lb/>
Welttheil wider &#x017F;ich und vereitelte die Arbeit &#x017F;einer Mini-<lb/>
&#x017F;ter, welche unermüdet fortfuhren neue Quellen des Wohl-<lb/>
&#x017F;tandes zu eröffnen. Bei dem Allen &#x017F;tand der Herr doch<lb/>
zuletzt auch in der Abend&#x017F;onne &#x017F;eines Lebens &#x017F;trahlend da,<lb/>
&#x017F;chied ungebeugt von &#x017F;einem Hofadel, welcher ihm das<lb/>
Volk bedeutete und der in dankbarer Vergeltung auch nie<lb/>
müde ward fern von &#x017F;einen Land&#x017F;itzen dem Winke herri-<lb/>
&#x017F;cher Augenbrauen zu dienen. Nach der inneren Wunde<lb/>
des Gemeinwe&#x017F;ens hatte Niemand ein Recht zu fragen als<lb/>
der maje&#x017F;täti&#x017F;che Greis, der nicht danach fragte. Einmal<lb/>
verrieth &#x017F;ie &#x017F;ich zwar in den Worten, welche der König we-<lb/>
nige Tage vor &#x017F;einem Ende zu &#x017F;einem Urenkel, der ihm<lb/>
folgen &#x017F;ollte, &#x017F;egnend &#x017F;prach: &#x201E;Ahme mir nicht nach in<lb/>
der Lu&#x017F;t an Krieg und Bauten, trachte die La&#x017F;ten deines<lb/>
Volks zu erleichtern; es i&#x017F;t mein Unglück, daß ich es nicht<lb/>
konnte.&#x201C; Das will &#x017F;agen: &#x201E;daß ich es nicht der Mühe<lb/>
werth hielt.&#x201C; Denn niemals durfte bei dem Prunke &#x017F;einer<lb/>
Fe&#x017F;te, auch in den letzten trüben Jahren nicht, da der Tod<lb/>
Ludwigs Haus verödete, etwas davon durchblicken, daß<lb/>
damals in den Staatsca&#x017F;&#x017F;en das Geld für die Nothwen-<lb/>
digkeiten der Verwaltung fehlte. Wo freilich der Staat<lb/>
in &#x017F;einem Für&#x017F;ten enthalten i&#x017F;t, da i&#x017F;t der Überfluß am<lb/>
Hofe die er&#x017F;te Nothwendigkeit und die letzte, alles Andere<lb/>
gilt für Nebenwerk. Ganz in der Stille &#x017F;tiehlt &#x017F;ich indeß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0015] gläubigen fort. Daneben rundete er auf deutſche Unkoſten ſein Frankreich vollends ab; weil er aber gar nicht auf- hören wollte zu erwerben, bewaffnete er am Ende den Welttheil wider ſich und vereitelte die Arbeit ſeiner Mini- ſter, welche unermüdet fortfuhren neue Quellen des Wohl- ſtandes zu eröffnen. Bei dem Allen ſtand der Herr doch zuletzt auch in der Abendſonne ſeines Lebens ſtrahlend da, ſchied ungebeugt von ſeinem Hofadel, welcher ihm das Volk bedeutete und der in dankbarer Vergeltung auch nie müde ward fern von ſeinen Landſitzen dem Winke herri- ſcher Augenbrauen zu dienen. Nach der inneren Wunde des Gemeinweſens hatte Niemand ein Recht zu fragen als der majeſtätiſche Greis, der nicht danach fragte. Einmal verrieth ſie ſich zwar in den Worten, welche der König we- nige Tage vor ſeinem Ende zu ſeinem Urenkel, der ihm folgen ſollte, ſegnend ſprach: „Ahme mir nicht nach in der Luſt an Krieg und Bauten, trachte die Laſten deines Volks zu erleichtern; es iſt mein Unglück, daß ich es nicht konnte.“ Das will ſagen: „daß ich es nicht der Mühe werth hielt.“ Denn niemals durfte bei dem Prunke ſeiner Feſte, auch in den letzten trüben Jahren nicht, da der Tod Ludwigs Haus verödete, etwas davon durchblicken, daß damals in den Staatscaſſen das Geld für die Nothwen- digkeiten der Verwaltung fehlte. Wo freilich der Staat in ſeinem Fürſten enthalten iſt, da iſt der Überfluß am Hofe die erſte Nothwendigkeit und die letzte, alles Andere gilt für Nebenwerk. Ganz in der Stille ſtiehlt ſich indeß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/15
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/15>, abgerufen am 03.12.2024.