fahren, aber auch er handelte und sprach aus einer Fülle des Wesens heraus; es waren reiche Naturen.
Ihm nun ward als fünftes Kind Gabriel Honore am 9ten März 1749 geboren. Er brachte einen unnatürlich großen Kopf und zwei Backenzähne mit auf die Welt. Es war der erste Sohn, der Vater bildete sich ein, er habe just einen Sohn gewollt und drum sey's so gekommen, schrieb dem Bruder: "der dicke Junge schlägt seine Amme und sie pufft ihn wieder." Im dritten Jahre überfielen ihn bösartige Blattern; die Mutter, die nach Frauen Art gern doctorte, legte ihm Umschläge auf sein geschwol- lenes Gesicht, die zugeschwollenen Augen; da hinterblie- ben tiefe Furchen, eine ganz zerrissene Haut. Der Vater schrieb dem Oheim: "dein Neffe ist häßlich wie Satan seiner," ließ die anderen Kinder impfen. Sein Ältester hinterblieb als der Häßliche in einer von Alters her schö- nen Familie. Die Erziehung war streng, der Vater half dem Lehrer züchtigen, verzweifelte bald an dem Jungen, der einen bloßen Querkopf und Narren verspreche, alle Verkehrtheiten der Mutter habe, aber freilich unbegreif- lich große Anlagen, ein wunderbares Gedächtniß. Giebt ihn am Ende in eine Pension, die strengste die er finden kann, er muß dort Pierre Buffiere nach einem Landgute seiner Mutter heißen, denn ein ruhmvoller Name soll nicht den Züchtigungen einer Schulbank preisgegeben werden. Außer sich ist der Vater, als er entdeckt, die Mutter habe ihm heimlich Geld geschickt, schneidet ihm allen Brief-
fahren, aber auch er handelte und ſprach aus einer Fülle des Weſens heraus; es waren reiche Naturen.
Ihm nun ward als fünftes Kind Gabriel Honoré am 9ten März 1749 geboren. Er brachte einen unnatürlich großen Kopf und zwei Backenzähne mit auf die Welt. Es war der erſte Sohn, der Vater bildete ſich ein, er habe juſt einen Sohn gewollt und drum ſey’s ſo gekommen, ſchrieb dem Bruder: „der dicke Junge ſchlägt ſeine Amme und ſie pufft ihn wieder.“ Im dritten Jahre überfielen ihn bösartige Blattern; die Mutter, die nach Frauen Art gern doctorte, legte ihm Umſchläge auf ſein geſchwol- lenes Geſicht, die zugeſchwollenen Augen; da hinterblie- ben tiefe Furchen, eine ganz zerriſſene Haut. Der Vater ſchrieb dem Oheim: „dein Neffe iſt häßlich wie Satan ſeiner,“ ließ die anderen Kinder impfen. Sein Älteſter hinterblieb als der Häßliche in einer von Alters her ſchö- nen Familie. Die Erziehung war ſtreng, der Vater half dem Lehrer züchtigen, verzweifelte bald an dem Jungen, der einen bloßen Querkopf und Narren verſpreche, alle Verkehrtheiten der Mutter habe, aber freilich unbegreif- lich große Anlagen, ein wunderbares Gedächtniß. Giebt ihn am Ende in eine Penſion, die ſtrengſte die er finden kann, er muß dort Pierre Buffiere nach einem Landgute ſeiner Mutter heißen, denn ein ruhmvoller Name ſoll nicht den Züchtigungen einer Schulbank preisgegeben werden. Außer ſich iſt der Vater, als er entdeckt, die Mutter habe ihm heimlich Geld geſchickt, ſchneidet ihm allen Brief-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0183"n="173"/>
fahren, aber auch er handelte und ſprach aus einer Fülle<lb/>
des Weſens heraus; es waren reiche Naturen.</p><lb/><p>Ihm nun ward als fünftes Kind Gabriel Honoré am<lb/>
9ten März 1749 geboren. Er brachte einen unnatürlich<lb/>
großen Kopf und zwei Backenzähne mit auf die Welt. Es<lb/>
war der erſte Sohn, der Vater bildete ſich ein, er habe<lb/>
juſt einen Sohn gewollt und drum ſey’s ſo gekommen,<lb/>ſchrieb dem Bruder: „der dicke Junge ſchlägt ſeine Amme<lb/>
und ſie pufft ihn wieder.“ Im dritten Jahre überfielen<lb/>
ihn bösartige Blattern; die Mutter, die nach Frauen<lb/>
Art gern doctorte, legte ihm Umſchläge auf ſein geſchwol-<lb/>
lenes Geſicht, die zugeſchwollenen Augen; da hinterblie-<lb/>
ben tiefe Furchen, eine ganz zerriſſene Haut. Der Vater<lb/>ſchrieb dem Oheim: „dein Neffe iſt häßlich wie Satan<lb/>ſeiner,“ ließ die anderen Kinder impfen. Sein Älteſter<lb/>
hinterblieb als der Häßliche in einer von Alters her ſchö-<lb/>
nen Familie. Die Erziehung war ſtreng, der Vater half<lb/>
dem Lehrer züchtigen, verzweifelte bald an dem Jungen,<lb/>
der einen bloßen Querkopf und Narren verſpreche, alle<lb/>
Verkehrtheiten der Mutter habe, aber freilich unbegreif-<lb/>
lich große Anlagen, ein wunderbares Gedächtniß. Giebt<lb/>
ihn am Ende in eine Penſion, die ſtrengſte die er finden<lb/>
kann, er muß dort Pierre Buffiere nach einem Landgute<lb/>ſeiner Mutter heißen, denn ein ruhmvoller Name ſoll nicht<lb/>
den Züchtigungen einer Schulbank preisgegeben werden.<lb/>
Außer ſich iſt der Vater, als er entdeckt, die Mutter habe<lb/>
ihm heimlich Geld geſchickt, ſchneidet ihm allen Brief-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[173/0183]
fahren, aber auch er handelte und ſprach aus einer Fülle
des Weſens heraus; es waren reiche Naturen.
Ihm nun ward als fünftes Kind Gabriel Honoré am
9ten März 1749 geboren. Er brachte einen unnatürlich
großen Kopf und zwei Backenzähne mit auf die Welt. Es
war der erſte Sohn, der Vater bildete ſich ein, er habe
juſt einen Sohn gewollt und drum ſey’s ſo gekommen,
ſchrieb dem Bruder: „der dicke Junge ſchlägt ſeine Amme
und ſie pufft ihn wieder.“ Im dritten Jahre überfielen
ihn bösartige Blattern; die Mutter, die nach Frauen
Art gern doctorte, legte ihm Umſchläge auf ſein geſchwol-
lenes Geſicht, die zugeſchwollenen Augen; da hinterblie-
ben tiefe Furchen, eine ganz zerriſſene Haut. Der Vater
ſchrieb dem Oheim: „dein Neffe iſt häßlich wie Satan
ſeiner,“ ließ die anderen Kinder impfen. Sein Älteſter
hinterblieb als der Häßliche in einer von Alters her ſchö-
nen Familie. Die Erziehung war ſtreng, der Vater half
dem Lehrer züchtigen, verzweifelte bald an dem Jungen,
der einen bloßen Querkopf und Narren verſpreche, alle
Verkehrtheiten der Mutter habe, aber freilich unbegreif-
lich große Anlagen, ein wunderbares Gedächtniß. Giebt
ihn am Ende in eine Penſion, die ſtrengſte die er finden
kann, er muß dort Pierre Buffiere nach einem Landgute
ſeiner Mutter heißen, denn ein ruhmvoller Name ſoll nicht
den Züchtigungen einer Schulbank preisgegeben werden.
Außer ſich iſt der Vater, als er entdeckt, die Mutter habe
ihm heimlich Geld geſchickt, ſchneidet ihm allen Brief-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/183>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.