Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Hundert Flinten. Nun trat ein anderes Ereigniß dazu.
Jenen Herumträgern der Büsten hatte sich ein Soldat des
Regiments Französische-Garden zugesellt; der will nicht
ausweichen als man auf eine Patrouille Royal-Allemand
stößt, wird darum verwundet, wo nicht gar getödtet. Da
aber rottet sich Alles zusammen, was von französischen
Garden in der Nähe, feuert auf eine Abtheilung Royal-
Allemand, und macht sich spät Abends noch, unter dem
Rufe "es lebe der dritte Stand!" auf, um die Truppen
auf dem Platze Ludwigs XV. aufzusuchen. Zum Glücke
fand man den Platz leer; alle Regimenter waren bereits
auf das Marsfeld und weiter abgezogen.

So hatte sich die bewaffnete Macht gezeigt, hatte Un-
ruhen erregt und sich zurückgezogen, und ein Theil dersel-
ben war abtrünnig geworden. Den nächsten Tag frühJuli 13.
Morgens sah man die Wähler auf dem Stadthause ver-
sammelt; die Municipalität vereinigt sich mit ihnen. Man
wählt einen fortwährenden Ausschuß, welcher für die
Sicherheit und die Lebensmittel der Hauptstadt sorgen soll.
Der nächste Beschluß ist, aus den besten Bürgern von
Paris eine Miliz zu bilden zur Aufrechthaltung der allge-
meinen Sicherheit. Man will sie auf 48,000 Mann brin-
gen, und zwar so, daß man zunächst 200 Mann aus je-
dem der 60 Districte aushebt und hiermit vier Tage lang
fortfährt. Im Stadthause ist das Hauptquartier. Nie-
mand darf künftig Waffen tragen, der nicht in seinem
District eingeschrieben ist und so das Recht erworben hat,

15*

Hundert Flinten. Nun trat ein anderes Ereigniß dazu.
Jenen Herumträgern der Büſten hatte ſich ein Soldat des
Regiments Franzöſiſche-Garden zugeſellt; der will nicht
ausweichen als man auf eine Patrouille Royal-Allemand
ſtößt, wird darum verwundet, wo nicht gar getödtet. Da
aber rottet ſich Alles zuſammen, was von franzöſiſchen
Garden in der Nähe, feuert auf eine Abtheilung Royal-
Allemand, und macht ſich ſpät Abends noch, unter dem
Rufe „es lebe der dritte Stand!“ auf, um die Truppen
auf dem Platze Ludwigs XV. aufzuſuchen. Zum Glücke
fand man den Platz leer; alle Regimenter waren bereits
auf das Marsfeld und weiter abgezogen.

So hatte ſich die bewaffnete Macht gezeigt, hatte Un-
ruhen erregt und ſich zurückgezogen, und ein Theil derſel-
ben war abtrünnig geworden. Den nächſten Tag frühJuli 13.
Morgens ſah man die Wähler auf dem Stadthauſe ver-
ſammelt; die Municipalität vereinigt ſich mit ihnen. Man
wählt einen fortwährenden Ausſchuß, welcher für die
Sicherheit und die Lebensmittel der Hauptſtadt ſorgen ſoll.
Der nächſte Beſchluß iſt, aus den beſten Bürgern von
Paris eine Miliz zu bilden zur Aufrechthaltung der allge-
meinen Sicherheit. Man will ſie auf 48,000 Mann brin-
gen, und zwar ſo, daß man zunächſt 200 Mann aus je-
dem der 60 Diſtricte aushebt und hiermit vier Tage lang
fortfährt. Im Stadthauſe iſt das Hauptquartier. Nie-
mand darf künftig Waffen tragen, der nicht in ſeinem
Diſtrict eingeſchrieben iſt und ſo das Recht erworben hat,

15*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0237" n="227"/>
Hundert Flinten. Nun trat ein anderes Ereigniß dazu.<lb/>
Jenen Herumträgern der Bü&#x017F;ten hatte &#x017F;ich ein Soldat des<lb/>
Regiments Franzö&#x017F;i&#x017F;che-Garden zuge&#x017F;ellt; der will nicht<lb/>
ausweichen als man auf eine Patrouille Royal-Allemand<lb/>
&#x017F;tößt, wird darum verwundet, wo nicht gar getödtet. Da<lb/>
aber rottet &#x017F;ich Alles zu&#x017F;ammen, was von franzö&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Garden in der Nähe, feuert auf eine Abtheilung Royal-<lb/>
Allemand, und macht &#x017F;ich &#x017F;pät Abends noch, unter dem<lb/>
Rufe &#x201E;es lebe der dritte Stand!&#x201C; auf, um die Truppen<lb/>
auf dem Platze Ludwigs <hi rendition="#aq">XV</hi>. aufzu&#x017F;uchen. Zum Glücke<lb/>
fand man den Platz leer; alle Regimenter waren bereits<lb/>
auf das Marsfeld und weiter abgezogen.</p><lb/>
          <p>So hatte &#x017F;ich die bewaffnete Macht gezeigt, hatte Un-<lb/>
ruhen erregt und &#x017F;ich zurückgezogen, und ein Theil der&#x017F;el-<lb/>
ben war abtrünnig geworden. Den näch&#x017F;ten Tag früh<note place="right">Juli 13.</note><lb/>
Morgens &#x017F;ah man die Wähler auf dem Stadthau&#x017F;e ver-<lb/>
&#x017F;ammelt; die Municipalität vereinigt &#x017F;ich mit ihnen. Man<lb/>
wählt einen fortwährenden Aus&#x017F;chuß, welcher für die<lb/>
Sicherheit und die Lebensmittel der Haupt&#x017F;tadt &#x017F;orgen &#x017F;oll.<lb/>
Der näch&#x017F;te Be&#x017F;chluß i&#x017F;t, aus den be&#x017F;ten Bürgern von<lb/>
Paris eine Miliz zu bilden zur Aufrechthaltung der allge-<lb/>
meinen Sicherheit. Man will &#x017F;ie auf 48,000 Mann brin-<lb/>
gen, und zwar &#x017F;o, daß man zunäch&#x017F;t 200 Mann aus je-<lb/>
dem der 60 Di&#x017F;tricte aushebt und hiermit vier Tage lang<lb/>
fortfährt. Im Stadthau&#x017F;e i&#x017F;t das Hauptquartier. Nie-<lb/>
mand darf künftig Waffen tragen, der nicht in &#x017F;einem<lb/>
Di&#x017F;trict einge&#x017F;chrieben i&#x017F;t und &#x017F;o das Recht erworben hat,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">15*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0237] Hundert Flinten. Nun trat ein anderes Ereigniß dazu. Jenen Herumträgern der Büſten hatte ſich ein Soldat des Regiments Franzöſiſche-Garden zugeſellt; der will nicht ausweichen als man auf eine Patrouille Royal-Allemand ſtößt, wird darum verwundet, wo nicht gar getödtet. Da aber rottet ſich Alles zuſammen, was von franzöſiſchen Garden in der Nähe, feuert auf eine Abtheilung Royal- Allemand, und macht ſich ſpät Abends noch, unter dem Rufe „es lebe der dritte Stand!“ auf, um die Truppen auf dem Platze Ludwigs XV. aufzuſuchen. Zum Glücke fand man den Platz leer; alle Regimenter waren bereits auf das Marsfeld und weiter abgezogen. So hatte ſich die bewaffnete Macht gezeigt, hatte Un- ruhen erregt und ſich zurückgezogen, und ein Theil derſel- ben war abtrünnig geworden. Den nächſten Tag früh Morgens ſah man die Wähler auf dem Stadthauſe ver- ſammelt; die Municipalität vereinigt ſich mit ihnen. Man wählt einen fortwährenden Ausſchuß, welcher für die Sicherheit und die Lebensmittel der Hauptſtadt ſorgen ſoll. Der nächſte Beſchluß iſt, aus den beſten Bürgern von Paris eine Miliz zu bilden zur Aufrechthaltung der allge- meinen Sicherheit. Man will ſie auf 48,000 Mann brin- gen, und zwar ſo, daß man zunächſt 200 Mann aus je- dem der 60 Diſtricte aushebt und hiermit vier Tage lang fortfährt. Im Stadthauſe iſt das Hauptquartier. Nie- mand darf künftig Waffen tragen, der nicht in ſeinem Diſtrict eingeſchrieben iſt und ſo das Recht erworben hat, Juli 13. 15*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/237
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/237>, abgerufen am 19.05.2024.