Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Blick auf d. Systematik d. Staatswissensch. durch die schöpferische Salbung des Fürsten Inneres hei-ligt, den Staat unter die Kirche schiebt und wieder die Kirche unter den Staat, der politischen Dreizahl huldigt oder der Volks-Souveränität; wie man dieser im Herzen unschuldige Altäre baut, oder sie in die Welt ausströmen läßt, damit die Freiheit des Ganzen lebe, wenn auch das Glück der Einzelnen zum Opfer fällt. Aber auch Land- stände gölte es hier zu mustern, die keine Lebenskraft zum Stehen haben und von einer Concessions- und Octroy- Systematik wäre zu reden, die Andere glauben machen will was sie selbst nicht glaubt; falls nicht diese Erörte- rung über das bloße Meinen hinausgeht. Hier nun möge Weniges zugleich an das Viele erinnern, das unge- sagt bleibt. 209. Von keinem früher aber würde als vom Pytha- Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch. durch die ſchoͤpferiſche Salbung des Fuͤrſten Inneres hei-ligt, den Staat unter die Kirche ſchiebt und wieder die Kirche unter den Staat, der politiſchen Dreizahl huldigt oder der Volks-Souveraͤnitaͤt; wie man dieſer im Herzen unſchuldige Altaͤre baut, oder ſie in die Welt ausſtroͤmen laͤßt, damit die Freiheit des Ganzen lebe, wenn auch das Gluͤck der Einzelnen zum Opfer faͤllt. Aber auch Land- ſtaͤnde goͤlte es hier zu muſtern, die keine Lebenskraft zum Stehen haben und von einer Conceſſions- und Octroy- Syſtematik waͤre zu reden, die Andere glauben machen will was ſie ſelbſt nicht glaubt; falls nicht dieſe Eroͤrte- rung uͤber das bloße Meinen hinausgeht. Hier nun moͤge Weniges zugleich an das Viele erinnern, das unge- ſagt bleibt. 209. Von keinem fruͤher aber wuͤrde als vom Pytha- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0195" n="183"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch</hi>.</fw><lb/> durch die ſchoͤpferiſche Salbung des Fuͤrſten Inneres hei-<lb/> ligt, den Staat unter die Kirche ſchiebt und wieder die<lb/> Kirche unter den Staat, der politiſchen Dreizahl huldigt<lb/> oder der Volks-Souveraͤnitaͤt; wie man dieſer im Herzen<lb/> unſchuldige Altaͤre baut, oder ſie in die Welt ausſtroͤmen<lb/> laͤßt, damit die Freiheit des Ganzen lebe, wenn auch das<lb/> Gluͤck der Einzelnen zum Opfer faͤllt. Aber auch Land-<lb/> ſtaͤnde goͤlte es hier zu muſtern, die keine Lebenskraft zum<lb/> Stehen haben und von einer Conceſſions- und Octroy-<lb/> Syſtematik waͤre zu reden, die Andere glauben machen<lb/> will was ſie ſelbſt nicht glaubt; falls nicht dieſe Eroͤrte-<lb/> rung uͤber das bloße Meinen hinausgeht. Hier nun moͤge<lb/> Weniges zugleich an das Viele erinnern, das unge-<lb/> ſagt bleibt.</p><lb/> <p>209. Von keinem fruͤher aber wuͤrde als vom <hi rendition="#g">Pytha-<lb/> goras</hi> anzufangen und wohl lange bei ihm zu verweilen<lb/> ſeyn, ſtaͤnde er nicht wie eine eben ſo verdunkelte als ein-<lb/> zig hohe Geſtalt da. Die Weiſeſten des ſpaͤteren Griechen-<lb/> lands deuteten gern auf ihn als den Meiſter zuruͤck, der<lb/> jedem Theile des Wiſſens in die Tiefe ſah, groͤßer noch<lb/> durch den Beſitz des geiſtigen Bandes, welches die Theile<lb/> zum Ganzen verknuͤpft, der es zweifelhaft ließ, ob nicht,<lb/> wenn ſeine Schule Beſtand gehabt, aus ſeinen Weihen ſich<lb/> eine Religion der Hellenen von tiefſinnigerem Grunde her-<lb/> vorgebildet haͤtte, durch eine Prieſterſchaft der Geweihten<lb/> hoͤchſter Stufe zugleich mit dem Staate ſelber verwaltet.<lb/> Wie es nun kam, blieb, waͤhrend im Innern jeder Wiſſen-<lb/> ſchaft Denkmale dieſes ſo gewaltigen geiſtigen Vermoͤgens<lb/> aufgeſtellt waren, im oͤffentlichen Gedaͤchtniß der Menſchen<lb/> nur die Überlieferung einer ganz ausgezeichneten Lebens-<lb/> weiſe uͤbrig, welche Pythagoras auf ſeine Bundesgenoſſen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0195]
Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch.
durch die ſchoͤpferiſche Salbung des Fuͤrſten Inneres hei-
ligt, den Staat unter die Kirche ſchiebt und wieder die
Kirche unter den Staat, der politiſchen Dreizahl huldigt
oder der Volks-Souveraͤnitaͤt; wie man dieſer im Herzen
unſchuldige Altaͤre baut, oder ſie in die Welt ausſtroͤmen
laͤßt, damit die Freiheit des Ganzen lebe, wenn auch das
Gluͤck der Einzelnen zum Opfer faͤllt. Aber auch Land-
ſtaͤnde goͤlte es hier zu muſtern, die keine Lebenskraft zum
Stehen haben und von einer Conceſſions- und Octroy-
Syſtematik waͤre zu reden, die Andere glauben machen
will was ſie ſelbſt nicht glaubt; falls nicht dieſe Eroͤrte-
rung uͤber das bloße Meinen hinausgeht. Hier nun moͤge
Weniges zugleich an das Viele erinnern, das unge-
ſagt bleibt.
209. Von keinem fruͤher aber wuͤrde als vom Pytha-
goras anzufangen und wohl lange bei ihm zu verweilen
ſeyn, ſtaͤnde er nicht wie eine eben ſo verdunkelte als ein-
zig hohe Geſtalt da. Die Weiſeſten des ſpaͤteren Griechen-
lands deuteten gern auf ihn als den Meiſter zuruͤck, der
jedem Theile des Wiſſens in die Tiefe ſah, groͤßer noch
durch den Beſitz des geiſtigen Bandes, welches die Theile
zum Ganzen verknuͤpft, der es zweifelhaft ließ, ob nicht,
wenn ſeine Schule Beſtand gehabt, aus ſeinen Weihen ſich
eine Religion der Hellenen von tiefſinnigerem Grunde her-
vorgebildet haͤtte, durch eine Prieſterſchaft der Geweihten
hoͤchſter Stufe zugleich mit dem Staate ſelber verwaltet.
Wie es nun kam, blieb, waͤhrend im Innern jeder Wiſſen-
ſchaft Denkmale dieſes ſo gewaltigen geiſtigen Vermoͤgens
aufgeſtellt waren, im oͤffentlichen Gedaͤchtniß der Menſchen
nur die Überlieferung einer ganz ausgezeichneten Lebens-
weiſe uͤbrig, welche Pythagoras auf ſeine Bundesgenoſſen
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