Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Neuntes Capitel. übertrug. Wir vernehmen, daß er in Kroton gesetzgebe-risch gewaltet, und all sein Absehn war, entfernt von der Selbstfeier der vom Staate Zurückgezogenen, auf die Ein- führung trefflicher Ordnungen in den Staat gerichtet. Durch überlegene Menschenbildung und fortgepflanzte politische Grundsätze gedachte er die Herrschaft nicht an die Bestgebo- renen, sondern an die Bestgebildeten zu knüpfen und eben dadurch die in den Italischen Städten der Griechen früh- zeitig entwickelte Hinneigung zur Volksherrschaft zu be- kämpfen. Aber die Schulen der Pythagoräer wurden ver- brannt und das Griechenthum ging seinen Weg. 210. Platon und Aristoteles, des Pythagoras 211. Dem Platon ist die Darstellung des Staats der Neuntes Capitel. uͤbertrug. Wir vernehmen, daß er in Kroton geſetzgebe-riſch gewaltet, und all ſein Abſehn war, entfernt von der Selbſtfeier der vom Staate Zuruͤckgezogenen, auf die Ein- fuͤhrung trefflicher Ordnungen in den Staat gerichtet. Durch uͤberlegene Menſchenbildung und fortgepflanzte politiſche Grundſaͤtze gedachte er die Herrſchaft nicht an die Beſtgebo- renen, ſondern an die Beſtgebildeten zu knuͤpfen und eben dadurch die in den Italiſchen Staͤdten der Griechen fruͤh- zeitig entwickelte Hinneigung zur Volksherrſchaft zu be- kaͤmpfen. Aber die Schulen der Pythagoraͤer wurden ver- brannt und das Griechenthum ging ſeinen Weg. 210. Platon und Ariſtoteles, des Pythagoras 211. Dem Platon iſt die Darſtellung des Staats der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0196" n="184"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Capitel</hi>.</fw><lb/> uͤbertrug. Wir vernehmen, daß er in Kroton geſetzgebe-<lb/> riſch gewaltet, und all ſein Abſehn war, entfernt von der<lb/> Selbſtfeier der vom Staate Zuruͤckgezogenen, auf die Ein-<lb/> fuͤhrung trefflicher Ordnungen in den Staat gerichtet. Durch<lb/> uͤberlegene Menſchenbildung und fortgepflanzte politiſche<lb/> Grundſaͤtze gedachte er die Herrſchaft nicht an die Beſtgebo-<lb/> renen, ſondern an die Beſtgebildeten zu knuͤpfen und eben<lb/> dadurch die in den Italiſchen Staͤdten der Griechen fruͤh-<lb/> zeitig entwickelte Hinneigung zur Volksherrſchaft zu be-<lb/> kaͤmpfen. Aber die Schulen der Pythagoraͤer wurden ver-<lb/> brannt und das Griechenthum ging ſeinen Weg.</p><lb/> <p>210. <hi rendition="#g">Platon</hi> und <hi rendition="#g">Ariſtoteles</hi>, des Pythagoras<lb/> wohl eingedenk, aber in ſchon nachtheilig entſchiedenen<lb/> Staatsverhaͤltniſſen von Griechenland lebend, die kein ver-<lb/> fuͤhreriſches Bild mehr boten, am wenigſten aber eine Ruͤck-<lb/> kehr auf den Weg des Pythagoras zuließen, wichen nach<lb/> verſchiedenen Seiten ab. Platon lehnte ſeinen Staat, deſ-<lb/> ſen Ausfuͤhrbarkeit er ſelber dahinſtellt, faſt laͤugnet, an die<lb/> Staͤrke der menſchlichen Natur, Ariſtoteles den ſeinen an<lb/> die Staͤrke und die Schwaͤche derſelben an, und Ariſtoteles<lb/> beurtheilte das Maas beider aus den geſchichtlich vorliegen-<lb/> den Zuſtaͤnden. Platon zielte zu hoch, dagegen Ariſtoteles<lb/> Gefahr lief ſein Ziel zu niedrig zu nehmen und vorkom-<lb/> mende, darum aber nicht nothwendige Zuſtaͤnde fuͤr un-<lb/> vermeidlich zu halten. Platon erhielt, wenn uͤberhaupt<lb/> einen durchfuͤhrbaren Staat, immer nur einen einzigen,<lb/> Ariſtoteles, die Zuſtaͤnde meſſend, erkannte, daß ſehr verſchie-<lb/> dene Regierungsformen beziehungsweiſe gut ſeyn koͤnnen.</p><lb/> <p>211. Dem Platon iſt die Darſtellung des Staats der<lb/> nothwendige Schlußſtein zu ſeinen Ausfuͤhrungen auf dem<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0196]
Neuntes Capitel.
uͤbertrug. Wir vernehmen, daß er in Kroton geſetzgebe-
riſch gewaltet, und all ſein Abſehn war, entfernt von der
Selbſtfeier der vom Staate Zuruͤckgezogenen, auf die Ein-
fuͤhrung trefflicher Ordnungen in den Staat gerichtet. Durch
uͤberlegene Menſchenbildung und fortgepflanzte politiſche
Grundſaͤtze gedachte er die Herrſchaft nicht an die Beſtgebo-
renen, ſondern an die Beſtgebildeten zu knuͤpfen und eben
dadurch die in den Italiſchen Staͤdten der Griechen fruͤh-
zeitig entwickelte Hinneigung zur Volksherrſchaft zu be-
kaͤmpfen. Aber die Schulen der Pythagoraͤer wurden ver-
brannt und das Griechenthum ging ſeinen Weg.
210. Platon und Ariſtoteles, des Pythagoras
wohl eingedenk, aber in ſchon nachtheilig entſchiedenen
Staatsverhaͤltniſſen von Griechenland lebend, die kein ver-
fuͤhreriſches Bild mehr boten, am wenigſten aber eine Ruͤck-
kehr auf den Weg des Pythagoras zuließen, wichen nach
verſchiedenen Seiten ab. Platon lehnte ſeinen Staat, deſ-
ſen Ausfuͤhrbarkeit er ſelber dahinſtellt, faſt laͤugnet, an die
Staͤrke der menſchlichen Natur, Ariſtoteles den ſeinen an
die Staͤrke und die Schwaͤche derſelben an, und Ariſtoteles
beurtheilte das Maas beider aus den geſchichtlich vorliegen-
den Zuſtaͤnden. Platon zielte zu hoch, dagegen Ariſtoteles
Gefahr lief ſein Ziel zu niedrig zu nehmen und vorkom-
mende, darum aber nicht nothwendige Zuſtaͤnde fuͤr un-
vermeidlich zu halten. Platon erhielt, wenn uͤberhaupt
einen durchfuͤhrbaren Staat, immer nur einen einzigen,
Ariſtoteles, die Zuſtaͤnde meſſend, erkannte, daß ſehr verſchie-
dene Regierungsformen beziehungsweiſe gut ſeyn koͤnnen.
211. Dem Platon iſt die Darſtellung des Staats der
nothwendige Schlußſtein zu ſeinen Ausfuͤhrungen auf dem
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