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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Von den Gemeinden.

Wie aber schon Baiern sein System der Wahlcollegien
auf die Wahlen der Gemeindebevollmächtigten anwendet,
so ist dieses auch im Königreiche Sachsen in der Städte-
Ordnung vom 2. Febr. 1832 geschehen. Das Wahlcolle-
gium soll in der Regel 1/20stel der Bürgerzahl enthalten.
Bürgermeister und besoldete Rathsherren werden auf Le-
benszeit gewählt. Aber nur in Dresden und Leipzig haben
die Stadtverordneten allein den Stadtrath zu wählen, in
den übrigen Städten tritt ein größerer Bürgerausschuß
hinzu, welcher mindestens zweimahl so stark seyn soll als
die Zahl der Stadtverordneten; dieser hat auch seine
Stimme zu Veränderungen im städtischen Vermögen zu
geben. Ist er mit dem Magistrat einig und bleibt die
Substanz des Vermögens nebst seinem jährlichen Ertrage
ungeschmälert, so bedarf es der Genehmigung der Regie-
rung nicht, und auch wenn es die Abtretung oder Er-
werbung von Grundstücken angeht, ist diese in dem Falle
nicht nothwendig, wenn außer dem Einverständnisse des
Rathes sämmtliche Mitglieder des größeren Bürgeraus-
schusses dafür stimmen (§. 33.). Bemerkenswerth ist
(§. 170.), daß den Stadtverordneten neben dem Drucke
ihrer Verhandlungen und Beschlüsse auch die Öffentlichkeit
ihrer Sitzungen freigestellt ist, und es werden diese dem
Vernehmen nach in Leipzig und Dresden wirklich öffent-
lich gehalten.

Die neue Cur-Hessische Gemeinde-Ordnung
(23. Oct. 1834) stimmt darin mit der Königlich-Sächsi-
schen überein, daß der Gemeindeausschuß (Versammlung
der Stadtverordneten) nicht für sich allein das Recht hat
den Stadtrath zu wählen, sondern dasselbe mit einer dop-
pelt so starken Anzahl außerordentlicher Mitglieder theilt.
Die außerordentlichen Mitglieder dienen auch zur Ergän-

Von den Gemeinden.

Wie aber ſchon Baiern ſein Syſtem der Wahlcollegien
auf die Wahlen der Gemeindebevollmaͤchtigten anwendet,
ſo iſt dieſes auch im Koͤnigreiche Sachſen in der Staͤdte-
Ordnung vom 2. Febr. 1832 geſchehen. Das Wahlcolle-
gium ſoll in der Regel 1/20ſtel der Buͤrgerzahl enthalten.
Buͤrgermeiſter und beſoldete Rathsherren werden auf Le-
benszeit gewaͤhlt. Aber nur in Dresden und Leipzig haben
die Stadtverordneten allein den Stadtrath zu waͤhlen, in
den uͤbrigen Staͤdten tritt ein groͤßerer Buͤrgerausſchuß
hinzu, welcher mindeſtens zweimahl ſo ſtark ſeyn ſoll als
die Zahl der Stadtverordneten; dieſer hat auch ſeine
Stimme zu Veraͤnderungen im ſtaͤdtiſchen Vermoͤgen zu
geben. Iſt er mit dem Magiſtrat einig und bleibt die
Subſtanz des Vermoͤgens nebſt ſeinem jaͤhrlichen Ertrage
ungeſchmaͤlert, ſo bedarf es der Genehmigung der Regie-
rung nicht, und auch wenn es die Abtretung oder Er-
werbung von Grundſtuͤcken angeht, iſt dieſe in dem Falle
nicht nothwendig, wenn außer dem Einverſtaͤndniſſe des
Rathes ſaͤmmtliche Mitglieder des groͤßeren Buͤrgeraus-
ſchuſſes dafuͤr ſtimmen (§. 33.). Bemerkenswerth iſt
(§. 170.), daß den Stadtverordneten neben dem Drucke
ihrer Verhandlungen und Beſchluͤſſe auch die Öffentlichkeit
ihrer Sitzungen freigeſtellt iſt, und es werden dieſe dem
Vernehmen nach in Leipzig und Dresden wirklich oͤffent-
lich gehalten.

Die neue Cur-Heſſiſche Gemeinde-Ordnung
(23. Oct. 1834) ſtimmt darin mit der Koͤniglich-Saͤchſi-
ſchen uͤberein, daß der Gemeindeausſchuß (Verſammlung
der Stadtverordneten) nicht fuͤr ſich allein das Recht hat
den Stadtrath zu waͤhlen, ſondern dasſelbe mit einer dop-
pelt ſo ſtarken Anzahl außerordentlicher Mitglieder theilt.
Die außerordentlichen Mitglieder dienen auch zur Ergaͤn-

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[233/0245] Von den Gemeinden. Wie aber ſchon Baiern ſein Syſtem der Wahlcollegien auf die Wahlen der Gemeindebevollmaͤchtigten anwendet, ſo iſt dieſes auch im Koͤnigreiche Sachſen in der Staͤdte- Ordnung vom 2. Febr. 1832 geſchehen. Das Wahlcolle- gium ſoll in der Regel 1/20ſtel der Buͤrgerzahl enthalten. Buͤrgermeiſter und beſoldete Rathsherren werden auf Le- benszeit gewaͤhlt. Aber nur in Dresden und Leipzig haben die Stadtverordneten allein den Stadtrath zu waͤhlen, in den uͤbrigen Staͤdten tritt ein groͤßerer Buͤrgerausſchuß hinzu, welcher mindeſtens zweimahl ſo ſtark ſeyn ſoll als die Zahl der Stadtverordneten; dieſer hat auch ſeine Stimme zu Veraͤnderungen im ſtaͤdtiſchen Vermoͤgen zu geben. Iſt er mit dem Magiſtrat einig und bleibt die Subſtanz des Vermoͤgens nebſt ſeinem jaͤhrlichen Ertrage ungeſchmaͤlert, ſo bedarf es der Genehmigung der Regie- rung nicht, und auch wenn es die Abtretung oder Er- werbung von Grundſtuͤcken angeht, iſt dieſe in dem Falle nicht nothwendig, wenn außer dem Einverſtaͤndniſſe des Rathes ſaͤmmtliche Mitglieder des groͤßeren Buͤrgeraus- ſchuſſes dafuͤr ſtimmen (§. 33.). Bemerkenswerth iſt (§. 170.), daß den Stadtverordneten neben dem Drucke ihrer Verhandlungen und Beſchluͤſſe auch die Öffentlichkeit ihrer Sitzungen freigeſtellt iſt, und es werden dieſe dem Vernehmen nach in Leipzig und Dresden wirklich oͤffent- lich gehalten. Die neue Cur-Heſſiſche Gemeinde-Ordnung (23. Oct. 1834) ſtimmt darin mit der Koͤniglich-Saͤchſi- ſchen uͤberein, daß der Gemeindeausſchuß (Verſammlung der Stadtverordneten) nicht fuͤr ſich allein das Recht hat den Stadtrath zu waͤhlen, ſondern dasſelbe mit einer dop- pelt ſo ſtarken Anzahl außerordentlicher Mitglieder theilt. Die außerordentlichen Mitglieder dienen auch zur Ergaͤn-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/245>, abgerufen am 21.11.2024.