Von d. Rechte d. Staates üb. Erzieh. u. Unterricht.
1) Reden an die Deutsche Nation. Berlin 1808. 10te u. 11te Rede.
2) O. Müller, Dorier II, 303 und überhaupt.
3) Xenophon's Ausdruck Hellen. III, 3, 6.
263. Wir haben keinen Grund es den Spartanern und ihren Nachbildnern nachzuthun; weder die gleiche Sorge lastet auf uns, noch rühmen wir uns des Rechtes, dem Staate Güter zu opfern, die mehr werth sind als ein Staat, der dieser Opfer bedarf; unsere Erziehungsmittel sollen das Ganze des Volks in jeder Classe umfassen. Es giebt in unserm besten Staate keinen geborenen Herrscher außer einem, aber auch niemanden, der bloß zum Die- nen geboren wäre, nur die dem Bösen dienende Natur kann sich dazu herabwürdigen. Jedem soll der Weg zu jeder Höhe bleiben, den höchsten Platz ausgenommen, wo- zu ihn Talent, Verdienst und Glück erheben wollen, denn die Berufe werden nicht von Staatswegen angewiesen. Gleichwohl liegt die Sache keineswegs bloß zum Nach- theile des Alterthums; die heitre Höhe der tiefsinnigen Bildung, auf welcher ein Paar Menschenalter hindurch das Volk von Attika im reichsten Selbstgefühle stand, hat ihres Gleichen nicht in der Menschengeschichte und fällt dennoch nicht in unsere Bahnen, die, wir müssen es nur geradezu auf uns nehmen, weit ernster und mühseliger geworden sind, seit die Menschheit dem Staate den Vortritt abge- wonnen hat. Darum mußte die breite bequeme Basis, welche der Sclavenstand des Alterthums dem Staatsbau Glück ansprechender Freier gab, verlassen werden, auch die Leibeigenschaft durfte nicht fortbestehen, und mancher Staats- mann hat redlich daran gearbeitet den Landmann von der Scholle zu lösen und den Handwerker von der geschlossenen Zunft, ohne zu ahnden, daß er die Ursache von den Con- greßreisen seiner Söhne werde. Denn alle Staatssachen
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Von d. Rechte d. Staates uͤb. Erzieh. u. Unterricht.
1) Reden an die Deutſche Nation. Berlin 1808. 10te u. 11te Rede.
2) O. Muͤller, Dorier II, 303 und uͤberhaupt.
3) Xenophon’s Ausdruck Hellen. III, 3, 6.
263. Wir haben keinen Grund es den Spartanern und ihren Nachbildnern nachzuthun; weder die gleiche Sorge laſtet auf uns, noch ruͤhmen wir uns des Rechtes, dem Staate Guͤter zu opfern, die mehr werth ſind als ein Staat, der dieſer Opfer bedarf; unſere Erziehungsmittel ſollen das Ganze des Volks in jeder Claſſe umfaſſen. Es giebt in unſerm beſten Staate keinen geborenen Herrſcher außer einem, aber auch niemanden, der bloß zum Die- nen geboren waͤre, nur die dem Boͤſen dienende Natur kann ſich dazu herabwuͤrdigen. Jedem ſoll der Weg zu jeder Hoͤhe bleiben, den hoͤchſten Platz ausgenommen, wo- zu ihn Talent, Verdienſt und Gluͤck erheben wollen, denn die Berufe werden nicht von Staatswegen angewieſen. Gleichwohl liegt die Sache keineswegs bloß zum Nach- theile des Alterthums; die heitre Hoͤhe der tiefſinnigen Bildung, auf welcher ein Paar Menſchenalter hindurch das Volk von Attika im reichſten Selbſtgefuͤhle ſtand, hat ihres Gleichen nicht in der Menſchengeſchichte und faͤllt dennoch nicht in unſere Bahnen, die, wir muͤſſen es nur geradezu auf uns nehmen, weit ernſter und muͤhſeliger geworden ſind, ſeit die Menſchheit dem Staate den Vortritt abge- wonnen hat. Darum mußte die breite bequeme Baſis, welche der Sclavenſtand des Alterthums dem Staatsbau Gluͤck anſprechender Freier gab, verlaſſen werden, auch die Leibeigenſchaft durfte nicht fortbeſtehen, und mancher Staats- mann hat redlich daran gearbeitet den Landmann von der Scholle zu loͤſen und den Handwerker von der geſchloſſenen Zunft, ohne zu ahnden, daß er die Urſache von den Con- greßreiſen ſeiner Soͤhne werde. Denn alle Staatsſachen
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Von d. Rechte d. Staates uͤb. Erzieh. u. Unterricht.
¹⁾ Reden an die Deutſche Nation. Berlin 1808. 10te u. 11te Rede.
²⁾ O. Muͤller, Dorier II, 303 und uͤberhaupt.
³⁾ Xenophon’s Ausdruck Hellen. III, 3, 6.
263. Wir haben keinen Grund es den Spartanern
und ihren Nachbildnern nachzuthun; weder die gleiche Sorge
laſtet auf uns, noch ruͤhmen wir uns des Rechtes, dem
Staate Guͤter zu opfern, die mehr werth ſind als ein
Staat, der dieſer Opfer bedarf; unſere Erziehungsmittel
ſollen das Ganze des Volks in jeder Claſſe umfaſſen. Es
giebt in unſerm beſten Staate keinen geborenen Herrſcher
außer einem, aber auch niemanden, der bloß zum Die-
nen geboren waͤre, nur die dem Boͤſen dienende Natur
kann ſich dazu herabwuͤrdigen. Jedem ſoll der Weg zu
jeder Hoͤhe bleiben, den hoͤchſten Platz ausgenommen, wo-
zu ihn Talent, Verdienſt und Gluͤck erheben wollen, denn
die Berufe werden nicht von Staatswegen angewieſen.
Gleichwohl liegt die Sache keineswegs bloß zum Nach-
theile des Alterthums; die heitre Hoͤhe der tiefſinnigen
Bildung, auf welcher ein Paar Menſchenalter hindurch das
Volk von Attika im reichſten Selbſtgefuͤhle ſtand, hat ihres
Gleichen nicht in der Menſchengeſchichte und faͤllt dennoch
nicht in unſere Bahnen, die, wir muͤſſen es nur geradezu
auf uns nehmen, weit ernſter und muͤhſeliger geworden
ſind, ſeit die Menſchheit dem Staate den Vortritt abge-
wonnen hat. Darum mußte die breite bequeme Baſis,
welche der Sclavenſtand des Alterthums dem Staatsbau
Gluͤck anſprechender Freier gab, verlaſſen werden, auch die
Leibeigenſchaft durfte nicht fortbeſtehen, und mancher Staats-
mann hat redlich daran gearbeitet den Landmann von der
Scholle zu loͤſen und den Handwerker von der geſchloſſenen
Zunft, ohne zu ahnden, daß er die Urſache von den Con-
greßreiſen ſeiner Soͤhne werde. Denn alle Staatsſachen
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/271>, abgerufen am 16.07.2024.
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