Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vom Universitätswesen. versitäten steht außer dem wissenschaftlichen Grunde, deres jeder vereinzelten Facultät unmöglich macht das zu lei- sten was sie im Ganzen wirkend vermöchte, auch der wirth- schaftliche entgegen. Eine philosophische Facultät würde jedenfalls angehängt werden müssen, eine Bibliothek, nicht bloß für das eine Fach errichtet, dürfte nicht fehlen. Man hätte ungeheure Opfer gebracht, um eine fehlerhafte Ein- richtung zu begründen, welche keine der politischen Sorg- lichkeiten vermindert. Die Freiheit der Unterthanen auswärtige Universitäten Vom Univerſitaͤtsweſen. verſitaͤten ſteht außer dem wiſſenſchaftlichen Grunde, deres jeder vereinzelten Facultaͤt unmoͤglich macht das zu lei- ſten was ſie im Ganzen wirkend vermoͤchte, auch der wirth- ſchaftliche entgegen. Eine philoſophiſche Facultaͤt wuͤrde jedenfalls angehaͤngt werden muͤſſen, eine Bibliothek, nicht bloß fuͤr das eine Fach errichtet, duͤrfte nicht fehlen. Man haͤtte ungeheure Opfer gebracht, um eine fehlerhafte Ein- richtung zu begruͤnden, welche keine der politiſchen Sorg- lichkeiten vermindert. Die Freiheit der Unterthanen auswaͤrtige Univerſitaͤten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0305" n="293"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vom Univerſitaͤtsweſen</hi>.</fw><lb/> verſitaͤten ſteht außer dem wiſſenſchaftlichen Grunde, der<lb/> es jeder vereinzelten Facultaͤt unmoͤglich macht das zu lei-<lb/> ſten was ſie im Ganzen wirkend vermoͤchte, auch der wirth-<lb/> ſchaftliche entgegen. Eine philoſophiſche Facultaͤt wuͤrde<lb/> jedenfalls angehaͤngt werden muͤſſen, eine Bibliothek, nicht<lb/> bloß fuͤr das <hi rendition="#g">eine</hi> Fach errichtet, duͤrfte nicht fehlen. Man<lb/> haͤtte ungeheure Opfer gebracht, um eine fehlerhafte Ein-<lb/> richtung zu begruͤnden, welche keine der politiſchen Sorg-<lb/> lichkeiten vermindert.</p><lb/> <p>Die Freiheit der Unterthanen auswaͤrtige Univerſitaͤten<lb/> zu beſuchen (jedermann weiß aus ſeiner Bildungsgeſchichte,<lb/> was ſie ihm bedeutet) iſt in den Hannoverſchen Landen<lb/> ungeachtet aller Vorliebe fuͤr Goͤttingen nie beſchraͤnkt wor-<lb/> den. Koͤnig Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">I.</hi> von Preußen verbot ſei-<lb/> nen Theologen in Wittenberg zu ſtudiren, weil dort ſchaͤrfer<lb/> gegen die Reformirten gelehrt wurde. Im Jahre 1808 aber<lb/> (σωφϱονεῖν ὑπὸ στένει) ward verfuͤgt, es ſolle fortan nie-<lb/> mand mehr der Erlaubniß fuͤr den Beſuch auswaͤr-<lb/> tiger Univerſitaͤten beduͤrfen, und auf den Rath tiefblicken-<lb/> der Maͤnner, welche wußten woher fuͤr Deutſche Wunden<lb/> Heilung komme, gruͤndete man bald darauf die Berliner<lb/> Univerſitaͤt. Neuerdings iſt man zu der vorigen Beſchraͤn-<lb/> kung zuruͤckgekehrt und Erlaubniſſe werden nur als ſeltene<lb/> Ausnahme ertheilt, aus nicht hinlaͤnglich verſtaͤndlichem<lb/> Grunde. Denn die Annahme, daß die Staatsjugend vor<lb/> den Gefahren unpreußiſcher Wiſſenſchaft bewahrt werden<lb/> muͤſſe, hat ſich irrig bewieſen, ſeit die zunehmende Menge<lb/> der Verhaftungen Preußiſcher Studirenden zeigt, wie taͤu-<lb/> ſchend auch in der Politik der Lieblingsglaube der Vaͤter<lb/> ſey, daß ihre Kinder ihre Unarten von fremden Kindern<lb/> gelernt haben. Auch iſt uͤberhaupt nicht anzunehmen, daß<lb/> die Politik von der alten Erfahrung, daß das Wiſſen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293/0305]
Vom Univerſitaͤtsweſen.
verſitaͤten ſteht außer dem wiſſenſchaftlichen Grunde, der
es jeder vereinzelten Facultaͤt unmoͤglich macht das zu lei-
ſten was ſie im Ganzen wirkend vermoͤchte, auch der wirth-
ſchaftliche entgegen. Eine philoſophiſche Facultaͤt wuͤrde
jedenfalls angehaͤngt werden muͤſſen, eine Bibliothek, nicht
bloß fuͤr das eine Fach errichtet, duͤrfte nicht fehlen. Man
haͤtte ungeheure Opfer gebracht, um eine fehlerhafte Ein-
richtung zu begruͤnden, welche keine der politiſchen Sorg-
lichkeiten vermindert.
Die Freiheit der Unterthanen auswaͤrtige Univerſitaͤten
zu beſuchen (jedermann weiß aus ſeiner Bildungsgeſchichte,
was ſie ihm bedeutet) iſt in den Hannoverſchen Landen
ungeachtet aller Vorliebe fuͤr Goͤttingen nie beſchraͤnkt wor-
den. Koͤnig Friedrich Wilhelm I. von Preußen verbot ſei-
nen Theologen in Wittenberg zu ſtudiren, weil dort ſchaͤrfer
gegen die Reformirten gelehrt wurde. Im Jahre 1808 aber
(σωφϱονεῖν ὑπὸ στένει) ward verfuͤgt, es ſolle fortan nie-
mand mehr der Erlaubniß fuͤr den Beſuch auswaͤr-
tiger Univerſitaͤten beduͤrfen, und auf den Rath tiefblicken-
der Maͤnner, welche wußten woher fuͤr Deutſche Wunden
Heilung komme, gruͤndete man bald darauf die Berliner
Univerſitaͤt. Neuerdings iſt man zu der vorigen Beſchraͤn-
kung zuruͤckgekehrt und Erlaubniſſe werden nur als ſeltene
Ausnahme ertheilt, aus nicht hinlaͤnglich verſtaͤndlichem
Grunde. Denn die Annahme, daß die Staatsjugend vor
den Gefahren unpreußiſcher Wiſſenſchaft bewahrt werden
muͤſſe, hat ſich irrig bewieſen, ſeit die zunehmende Menge
der Verhaftungen Preußiſcher Studirenden zeigt, wie taͤu-
ſchend auch in der Politik der Lieblingsglaube der Vaͤter
ſey, daß ihre Kinder ihre Unarten von fremden Kindern
gelernt haben. Auch iſt uͤberhaupt nicht anzunehmen, daß
die Politik von der alten Erfahrung, daß das Wiſſen
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