Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vierzehntes Capitel. richtiger leite als die Unwissenheit, eine Ausnahmemache. Johann David Michaelis in s. Räsonnement über die protestan- Vierzehntes Capitel. richtiger leite als die Unwiſſenheit, eine Ausnahmemache. Johann David Michaelis in ſ. Raͤſonnement uͤber die proteſtan- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0306" n="294"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vierzehntes Capitel</hi>.</fw><lb/> richtiger leite als die Unwiſſenheit, eine Ausnahme<lb/> mache.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Johann David <hi rendition="#g">Michaelis</hi> in ſ. Raͤſonnement uͤber die proteſtan-<lb/> tiſchen Univerſitaͤten in Deutſchland 4 Thle. Frkft. 1768 ff. be-<lb/> kennt ſich zu dieſer Meinung (<hi rendition="#aq">I,</hi> 83.): “Ob die Politik auf Uni-<lb/> verſitaͤten dem Nahmen nach und pedantiſch, oder gut getrieben<lb/> werde, das ruͤhrt das Wohl desjenigen Staates nur mittel-<lb/> maͤßig, in welchem bloß der Geheimde-Rath, der durch mehrere<lb/> Stufen und lange Erfahrung gebildet wird, die Regeln der Po-<lb/> litik verſtehen und zum Beſten des Landes anwenden ſoll”.<lb/> Dieſe Worte wurden ungefaͤhr zu derſelben Zeit geſchrieben, da<lb/> einer der ehrenwertheſten Deutſchen Maͤnner, der juͤngere <hi rendition="#g">Mo-<lb/> ſer</hi> (Von dem Deutſchen National-Geiſt 1765) vornehmlich den<lb/> Deutſchen hohen Schulen zuͤrnt, “weil auf den mehreſten derſel-<lb/> ben die Profeſſoren der Politik und des Staats-Rechts ſich mit<lb/> weit mehrerem Grunde <hi rendition="#g">Lehrer des Eigennutzes</hi> und <hi rendition="#g">blin-<lb/> den Gehorſams</hi> nennen koͤnnten, da ihnen das Große und<lb/> Erhabene der Liebe des Vaterlandes ein verſiegeltes Buch iſt,<lb/> daß ſie mithin auch ihren Untergebenen keine andere als knech-<lb/> tiſche, eigennuͤtzige, gleichguͤltige und niedertraͤchtige Geſinnungen<lb/> einfloͤßen, daß ſie jene hohe Wiſſenſchaft als ein Handwerk zu<lb/> ihrem Lebensunterhalt treiben”; von welchem Vorwurfe nur<lb/> Goͤttingen einigermaaßen ausgenommen wird. Auch traͤgt Mi-<lb/> chaelis hinterher (S. 85.) gar kein Bedenken zu meinen, die<lb/> Lehre <hi rendition="#aq">de iure divino</hi> und der <hi rendition="#aq">passiva obedientia</hi> koͤnne fuͤr<lb/> Hannoͤveriſche Lande nachtheilig werden, wo die Landſtaͤnde noch<lb/> ihre alten Rechte haben. Er fuͤgt hinzu (S. 87.): “Wenn im<lb/> Jahre 1756 noch das <hi rendition="#aq">ius publicum</hi> im Preußiſchen ſo geglaubt<lb/> waͤre, wie man es vor Stiftung der Halliſchen Univerſitaͤt ge-<lb/> meiniglich lehrte, und wenn alsdenn der geiſtliche Stand den<lb/> Irrthum vom goͤttlichen Recht der Koͤnige und der Unrechtmaͤßig-<lb/> keit des Widerſtandes gehabt, und auf den Kayſer angewandt<lb/> haͤtte; ſo wuͤrde der Ausgang des vorigen Krieges noch ein<lb/> groͤßeres Wunder ſeyn muͤſſen als er jetzt iſt. Was in dieſen<lb/> Sachen auf der Univerſitaͤt gelehrt wird, das hoͤren zwar An-<lb/> fangs nur Studenten, aber nach und nach und etwa in einem<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0306]
Vierzehntes Capitel.
richtiger leite als die Unwiſſenheit, eine Ausnahme
mache.
Johann David Michaelis in ſ. Raͤſonnement uͤber die proteſtan-
tiſchen Univerſitaͤten in Deutſchland 4 Thle. Frkft. 1768 ff. be-
kennt ſich zu dieſer Meinung (I, 83.): “Ob die Politik auf Uni-
verſitaͤten dem Nahmen nach und pedantiſch, oder gut getrieben
werde, das ruͤhrt das Wohl desjenigen Staates nur mittel-
maͤßig, in welchem bloß der Geheimde-Rath, der durch mehrere
Stufen und lange Erfahrung gebildet wird, die Regeln der Po-
litik verſtehen und zum Beſten des Landes anwenden ſoll”.
Dieſe Worte wurden ungefaͤhr zu derſelben Zeit geſchrieben, da
einer der ehrenwertheſten Deutſchen Maͤnner, der juͤngere Mo-
ſer (Von dem Deutſchen National-Geiſt 1765) vornehmlich den
Deutſchen hohen Schulen zuͤrnt, “weil auf den mehreſten derſel-
ben die Profeſſoren der Politik und des Staats-Rechts ſich mit
weit mehrerem Grunde Lehrer des Eigennutzes und blin-
den Gehorſams nennen koͤnnten, da ihnen das Große und
Erhabene der Liebe des Vaterlandes ein verſiegeltes Buch iſt,
daß ſie mithin auch ihren Untergebenen keine andere als knech-
tiſche, eigennuͤtzige, gleichguͤltige und niedertraͤchtige Geſinnungen
einfloͤßen, daß ſie jene hohe Wiſſenſchaft als ein Handwerk zu
ihrem Lebensunterhalt treiben”; von welchem Vorwurfe nur
Goͤttingen einigermaaßen ausgenommen wird. Auch traͤgt Mi-
chaelis hinterher (S. 85.) gar kein Bedenken zu meinen, die
Lehre de iure divino und der passiva obedientia koͤnne fuͤr
Hannoͤveriſche Lande nachtheilig werden, wo die Landſtaͤnde noch
ihre alten Rechte haben. Er fuͤgt hinzu (S. 87.): “Wenn im
Jahre 1756 noch das ius publicum im Preußiſchen ſo geglaubt
waͤre, wie man es vor Stiftung der Halliſchen Univerſitaͤt ge-
meiniglich lehrte, und wenn alsdenn der geiſtliche Stand den
Irrthum vom goͤttlichen Recht der Koͤnige und der Unrechtmaͤßig-
keit des Widerſtandes gehabt, und auf den Kayſer angewandt
haͤtte; ſo wuͤrde der Ausgang des vorigen Krieges noch ein
groͤßeres Wunder ſeyn muͤſſen als er jetzt iſt. Was in dieſen
Sachen auf der Univerſitaͤt gelehrt wird, das hoͤren zwar An-
fangs nur Studenten, aber nach und nach und etwa in einem
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