Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.
Der mehrmahls in Anregung gekommenen Verlegung
Der mehrmahls in Anregung gekommenen Verlegung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0307" n="295"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vom Univerſitaͤtsweſen</hi>.</fw><lb/> Menſchenalter wird es der allgemeine Sinn des Volks”. So<lb/> glaubt noch heute die Mehrzahl alles Andere lernen zu muͤſſen<lb/> nur nicht die Politik, jeden Fall der Politik aber nach dem<lb/> Lichte der Natur entſcheiden zu koͤnnen. Das Michaeliſche Buch<lb/> (denn der Verfaſſer hat ſich doch vor dem vierten Bande dazu<lb/> bekannt, nachdem er vorher ſeine Verfaſſerſchaft in dem Grade<lb/> verheimlicht hat, daß er ſelbſt in der Vorrede zum dritten<lb/> Bande ſeinen Tod vom Verleger beklagen laͤßt) iſt uͤbrigens voll<lb/> von hellen Blicken in das innere Gebiet des Univerſitaͤtsweſens<lb/> und enthaͤlt manche ſeitdem gluͤcklich erfuͤllte Weiſſagung. Wir<lb/> fuͤhren eine an: <cit><quote>“Auf welche Deutſche Univerſitaͤt wuͤrde ich<lb/><hi rendition="#g">Den</hi> hinweiſen, der von ſeiner Mutterſprache die aͤltern Dialek-<lb/> ten ſo wollte kennen lernen, als es zum Verſtande aller Denk-<lb/> maͤhler, und zur gelehrten Kenntniß unſerer eigenen Sprachen<lb/> noͤthig iſt? z. E. der die Gothiſche Sprache, die man in der<lb/> Nordiſchen Geſchichte gebraucht, lernen, und etwa ein Collegium<lb/> uͤber die Reſte des Ulphilas hoͤren wollte?”</quote></cit></hi> </p><lb/> <p>Der mehrmahls in Anregung gekommenen Verlegung<lb/> unſerer Univerſitaͤten in die Hauptſtaͤdte ſteht entgegen 1) die<lb/> verfuͤhreriſche Genußſucht der Hauptſtaͤdte; 2) die unaus-<lb/> bleibliche Verwendung der praktiſchen Talente zu oͤffentlichen<lb/> Geſchaͤften aller Art, dadurch Verwandlung des Lehrberufes,<lb/> der den ganzen Mann will, in ein Nebengeſchaͤft; 3) der zu<lb/> unmittelbare Einfluß der Regierungsanſichten auf die Freiheit<lb/> des Lehrvortrages; 4) die zu unmittelbare Beruͤhrung der<lb/> Hoͤchſtgeſtellten mit einzelnen Exceſſen der akademiſchen Frei-<lb/> heit *), die nie ausgeblieben ſind, nie ausbleiben werden;<lb/> 5) der nachtheilige Einfluß einer großen Zahl nichtſtudi-<lb/> render Zuhoͤrer auf die Wiſſenſchaftlichkeit ſolcher Vortraͤge,<lb/> welche auf den zugaͤnglicheren Gebieten des Wiſſens be-<lb/> ſchaͤftigt ſind. Den meiſten Eingang duͤrfen ſich folgende<lb/> Gegengruͤnde verſprechen: 6) die ſtoͤrende Naͤhe der<lb/> hauptſtaͤdtiſchen Staͤndeverſammlungen; 7) die ſchweren<lb/> Koſten des Umzugs.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0307]
Vom Univerſitaͤtsweſen.
Menſchenalter wird es der allgemeine Sinn des Volks”. So
glaubt noch heute die Mehrzahl alles Andere lernen zu muͤſſen
nur nicht die Politik, jeden Fall der Politik aber nach dem
Lichte der Natur entſcheiden zu koͤnnen. Das Michaeliſche Buch
(denn der Verfaſſer hat ſich doch vor dem vierten Bande dazu
bekannt, nachdem er vorher ſeine Verfaſſerſchaft in dem Grade
verheimlicht hat, daß er ſelbſt in der Vorrede zum dritten
Bande ſeinen Tod vom Verleger beklagen laͤßt) iſt uͤbrigens voll
von hellen Blicken in das innere Gebiet des Univerſitaͤtsweſens
und enthaͤlt manche ſeitdem gluͤcklich erfuͤllte Weiſſagung. Wir
fuͤhren eine an: “Auf welche Deutſche Univerſitaͤt wuͤrde ich
Den hinweiſen, der von ſeiner Mutterſprache die aͤltern Dialek-
ten ſo wollte kennen lernen, als es zum Verſtande aller Denk-
maͤhler, und zur gelehrten Kenntniß unſerer eigenen Sprachen
noͤthig iſt? z. E. der die Gothiſche Sprache, die man in der
Nordiſchen Geſchichte gebraucht, lernen, und etwa ein Collegium
uͤber die Reſte des Ulphilas hoͤren wollte?”
Der mehrmahls in Anregung gekommenen Verlegung
unſerer Univerſitaͤten in die Hauptſtaͤdte ſteht entgegen 1) die
verfuͤhreriſche Genußſucht der Hauptſtaͤdte; 2) die unaus-
bleibliche Verwendung der praktiſchen Talente zu oͤffentlichen
Geſchaͤften aller Art, dadurch Verwandlung des Lehrberufes,
der den ganzen Mann will, in ein Nebengeſchaͤft; 3) der zu
unmittelbare Einfluß der Regierungsanſichten auf die Freiheit
des Lehrvortrages; 4) die zu unmittelbare Beruͤhrung der
Hoͤchſtgeſtellten mit einzelnen Exceſſen der akademiſchen Frei-
heit *), die nie ausgeblieben ſind, nie ausbleiben werden;
5) der nachtheilige Einfluß einer großen Zahl nichtſtudi-
render Zuhoͤrer auf die Wiſſenſchaftlichkeit ſolcher Vortraͤge,
welche auf den zugaͤnglicheren Gebieten des Wiſſens be-
ſchaͤftigt ſind. Den meiſten Eingang duͤrfen ſich folgende
Gegengruͤnde verſprechen: 6) die ſtoͤrende Naͤhe der
hauptſtaͤdtiſchen Staͤndeverſammlungen; 7) die ſchweren
Koſten des Umzugs.
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