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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Funfzehntes Capitel.
Funfzehntes Capitel.
Von der Fortbildung der Staatsbürger
.

283. Für den Staatsbürger giebt es keine Erziehung,
keinen Unterricht mehr; seine Zucht ist das Staatsgesetz.
Fortbildung aber kann ihm der Staat unmittelbar berei-
ten, nicht durch irgend eine künstliche Anstalt weiter, son-
dern lediglich durch die in seinem Innern herrschende Ge-
rechtigkeit. Denn diese allein wagt das Staatsinnere vor
dem Staatsbürger zur lehrreichsten Betrachtung aufzu-
schließen, entfernt die Heimlichkeit aus der Verwaltung,
denn sie bedarf ihrer nicht um Härte und Willkühr und
die gleißenden Ungerechtigkeiten der Großmuth und Gnade
zu verhüllen; sie läßt die öffentliche Meinung walten, in
welcher sich die Herzensangelegenheiten eines Volks erklä-
ren, und indem sie die Macht derselben anerkennt, und
selber sie benutzt, um sich eine eigene Meinung, die zu-
gleich anwendbar sey, zu bilden, eröffnet sie ihr unermüd-
lich die Wege zur Berichtigung und macht sie sich dadurch
dienstbar. Darum sieht sie ihre Stütze in der theils öffent-
lichen, theils offenkundigen Wirksamkeit der Staatsgewal-
ten, läßt den Wunsch der Einzelnen, der Körperschaften,
der Gemeinden in freier, darum nicht ungeregelter, Bitte
sich erklären, denn sie hat was sie erwiedern kann; sie ge-
währt der Schrift durch Gesetz ihre Freiheit, denn sie hat
nicht hehl, daß Wissen und Glauben nicht auf dem ge-
wöhnlichen Wege beherrschbar sind.

284. Die Versuche das Lesen und das Schreiben von
Staatswegen zu beschränken sind uralt; es gab bestrafte
und verbotene Bücher, lange ehe es censirte gab. In der

Funfzehntes Capitel.
Funfzehntes Capitel.
Von der Fortbildung der Staatsbuͤrger
.

283. Fuͤr den Staatsbuͤrger giebt es keine Erziehung,
keinen Unterricht mehr; ſeine Zucht iſt das Staatsgeſetz.
Fortbildung aber kann ihm der Staat unmittelbar berei-
ten, nicht durch irgend eine kuͤnſtliche Anſtalt weiter, ſon-
dern lediglich durch die in ſeinem Innern herrſchende Ge-
rechtigkeit. Denn dieſe allein wagt das Staatsinnere vor
dem Staatsbuͤrger zur lehrreichſten Betrachtung aufzu-
ſchließen, entfernt die Heimlichkeit aus der Verwaltung,
denn ſie bedarf ihrer nicht um Haͤrte und Willkuͤhr und
die gleißenden Ungerechtigkeiten der Großmuth und Gnade
zu verhuͤllen; ſie laͤßt die oͤffentliche Meinung walten, in
welcher ſich die Herzensangelegenheiten eines Volks erklaͤ-
ren, und indem ſie die Macht derſelben anerkennt, und
ſelber ſie benutzt, um ſich eine eigene Meinung, die zu-
gleich anwendbar ſey, zu bilden, eroͤffnet ſie ihr unermuͤd-
lich die Wege zur Berichtigung und macht ſie ſich dadurch
dienſtbar. Darum ſieht ſie ihre Stuͤtze in der theils oͤffent-
lichen, theils offenkundigen Wirkſamkeit der Staatsgewal-
ten, laͤßt den Wunſch der Einzelnen, der Koͤrperſchaften,
der Gemeinden in freier, darum nicht ungeregelter, Bitte
ſich erklaͤren, denn ſie hat was ſie erwiedern kann; ſie ge-
waͤhrt der Schrift durch Geſetz ihre Freiheit, denn ſie hat
nicht hehl, daß Wiſſen und Glauben nicht auf dem ge-
woͤhnlichen Wege beherrſchbar ſind.

284. Die Verſuche das Leſen und das Schreiben von
Staatswegen zu beſchraͤnken ſind uralt; es gab beſtrafte
und verbotene Buͤcher, lange ehe es cenſirte gab. In der

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[298/0310] Funfzehntes Capitel. Funfzehntes Capitel. Von der Fortbildung der Staatsbuͤrger. 283. Fuͤr den Staatsbuͤrger giebt es keine Erziehung, keinen Unterricht mehr; ſeine Zucht iſt das Staatsgeſetz. Fortbildung aber kann ihm der Staat unmittelbar berei- ten, nicht durch irgend eine kuͤnſtliche Anſtalt weiter, ſon- dern lediglich durch die in ſeinem Innern herrſchende Ge- rechtigkeit. Denn dieſe allein wagt das Staatsinnere vor dem Staatsbuͤrger zur lehrreichſten Betrachtung aufzu- ſchließen, entfernt die Heimlichkeit aus der Verwaltung, denn ſie bedarf ihrer nicht um Haͤrte und Willkuͤhr und die gleißenden Ungerechtigkeiten der Großmuth und Gnade zu verhuͤllen; ſie laͤßt die oͤffentliche Meinung walten, in welcher ſich die Herzensangelegenheiten eines Volks erklaͤ- ren, und indem ſie die Macht derſelben anerkennt, und ſelber ſie benutzt, um ſich eine eigene Meinung, die zu- gleich anwendbar ſey, zu bilden, eroͤffnet ſie ihr unermuͤd- lich die Wege zur Berichtigung und macht ſie ſich dadurch dienſtbar. Darum ſieht ſie ihre Stuͤtze in der theils oͤffent- lichen, theils offenkundigen Wirkſamkeit der Staatsgewal- ten, laͤßt den Wunſch der Einzelnen, der Koͤrperſchaften, der Gemeinden in freier, darum nicht ungeregelter, Bitte ſich erklaͤren, denn ſie hat was ſie erwiedern kann; ſie ge- waͤhrt der Schrift durch Geſetz ihre Freiheit, denn ſie hat nicht hehl, daß Wiſſen und Glauben nicht auf dem ge- woͤhnlichen Wege beherrſchbar ſind. 284. Die Verſuche das Leſen und das Schreiben von Staatswegen zu beſchraͤnken ſind uralt; es gab beſtrafte und verbotene Buͤcher, lange ehe es cenſirte gab. In der

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/310>, abgerufen am 21.11.2024.