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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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an den Christlichen Leser.
sind: Viel Dinge bedeuten ohne Wortlaut; und viel Wortlauten ohne
eigentliche Bedeutung. Litera sonat stehet im Text/ nicht significat.
Vnd wär zumal ein unnöthiges consilium irenicum gewest/ dadurch alle
Zweifel/ alle religions-Spaltungen außgekläret werden möchten/ zu sagen/
wann Photinianer/ Päpstler/ Calvinisten den Glauben in schrifftmässigen
und der reinen antiquität gemässem Verstand annehmen/ das ist/ wann
alle dieselbe recht glaubeten/ so würden sie alle gute Christen/ Catholisch und
und Lutheraner werden. Jst eben/ als sagte man: Wann alle in facto
recht-informirte Juristen nach den rechtverstandenen regulis juris ihre
procer führeten/ und nach denselben auch alle Referenten und Richter
urtheilen würden/ so würde die justitia nimmer geschwächt/ und alle Par-
teyen einig werden. Wann alle Menschen klug wären/ so geb es keine
Phantasten in der Welt. Wer weiß das nicht? Wiewohl/ wann auch
gleich alle Photinianer den Christlichen Glauben nicht nur nach dem
Wortlaut/ sondern auch nach dem schrifftmässigen und uralten sechshun-
dert-jährigen damahl außgewirckten Verstand annehmeten/ so würden
doch darumb die Photinianer noch keine Christen werden/ dann sie wür-
den den Verstand der satisfaction und Gnugthuung Christi (als welche
erst im eilfften seculo von Abailardo angefochten worden/ den abzutrei-
ben neue Erklärungen von nöthen seyn) nicht annehmen wollen/ und
sich/ ob sie gleich alles andere bekenneten/ durch Verläugnung dieses
Grund-Punctens aus dem Christenstand setzen: Es würden auch die
Päpstler keine Catholici werden/ wann sie gleich den literalem sensum
Symboli
behielten/ allweil sie lange nach dem aevo der sechs hundert Jahr
noch auff den heutigen Tag den Antichrist für Gottes Statthalter ange-
nommen: Ebenmässig/ weil im Apostolischen Symbolo (so viel dasselbe
anlangt) des Heiligen Abendmahls mit keinem außgetruckten Wort ge-
dacht wird/ würden die Calvinianer noch nicht in die Gemeinschafft der
Lutheraner angewüntschet werden/ wann sie glauben alle Glaubens-
Articul/ wie die Wort dem alten Verstande nach lauten/ sintemahl
Berengarii böser Wind nach dem aevo der sechs hundert Jahr das Liecht
des rechten Verstandes per accidens angeblasen. So viel von der ange-
strichenen Farb. Folgt der Paralogismus und Schluß-Fehler.

Alle die jenige/ welche das Apostolische nach den authorn der Er-
sten sechs hundert Jahr erklärete Symbolum oder das gantze alte
corpus Symbolicum, als die vollkommene/ gnugsame/ un-
veränderliche/ des Grund-Glaubens bezielende
regul, Ver-

fassung
):( ):( ):( 2

an den Chriſtlichen Leſer.
ſind: Viel Dinge bedeuten ohne Wortlaut; und viel Wortlauten ohne
eigentliche Bedeutung. Litera ſonat ſtehet im Text/ nicht ſignificat.
Vnd waͤr zumal ein unnoͤthiges conſilium irenicum geweſt/ dadurch alle
Zweifel/ alle religions-Spaltungen außgeklaͤret werden moͤchten/ zu ſagen/
wann Photinianer/ Paͤpſtler/ Calviniſten den Glauben in ſchrifftmaͤſſigen
und der reinen antiquitaͤt gemaͤſſem Verſtand annehmen/ das iſt/ wann
alle dieſelbe recht glaubeten/ ſo wuͤrden ſie alle gute Chriſten/ Catholiſch und
und Lutheraner werden. Jſt eben/ als ſagte man: Wann alle in facto
recht-informirte Juriſten nach den rechtverſtandenen regulis juris ihre
proceꝛ fuͤhreten/ und nach denſelben auch alle Referenten und Richter
urtheilen wuͤrden/ ſo wuͤrde die juſtitia nimmer geſchwaͤcht/ und alle Par-
teyen einig werden. Wann alle Menſchen klug waͤren/ ſo geb es keine
Phantaſten in der Welt. Wer weiß das nicht? Wiewohl/ wann auch
gleich alle Photinianer den Chriſtlichen Glauben nicht nur nach dem
Wortlaut/ ſondern auch nach dem ſchrifftmaͤſſigen und uralten ſechshun-
dert-jaͤhrigen damahl außgewirckten Verſtand annehmeten/ ſo wuͤrden
doch darumb die Photinianer noch keine Chriſten werden/ dann ſie wuͤr-
den den Verſtand der ſatisfaction und Gnugthuung Chriſti (als welche
erſt im eilfften ſeculo von Abailardo angefochten worden/ den abzutrei-
ben neue Erklaͤrungen von noͤthen ſeyn) nicht annehmen wollen/ und
ſich/ ob ſie gleich alles andere bekenneten/ durch Verlaͤugnung dieſes
Grund-Punctens aus dem Chriſtenſtand ſetzen: Es wuͤrden auch die
Paͤpſtler keine Catholici werden/ wann ſie gleich den literalem ſenſum
Symboli
behielten/ allweil ſie lange nach dem ævo der ſechs hundert Jahr
noch auff den heutigen Tag den Antichriſt fuͤr Gottes Statthalter ange-
nommen: Ebenmaͤſſig/ weil im Apoſtoliſchen Symbolo (ſo viel daſſelbe
anlangt) des Heiligen Abendmahls mit keinem außgetruckten Wort ge-
dacht wird/ wuͤrden die Calvinianer noch nicht in die Gemeinſchafft der
Lutheraner angewuͤntſchet werden/ wann ſie glauben alle Glaubens-
Articul/ wie die Wort dem alten Verſtande nach lauten/ ſintemahl
Berengarii boͤſer Wind nach dem ævo der ſechs hundert Jahr das Liecht
des rechten Verſtandes per accidens angeblaſen. So viel von der ange-
ſtrichenen Farb. Folgt der Paralogiſmus und Schluß-Fehler.

Alle die jenige/ welche das Apoſtoliſche nach den authorn der Er-
ſten ſechs hundert Jahr erklaͤrete Symbolum oder das gantze alte
corpus Symbolicum, als die vollkommene/ gnugſame/ un-
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regul, Ver-

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[0023] an den Chriſtlichen Leſer. ſind: Viel Dinge bedeuten ohne Wortlaut; und viel Wortlauten ohne eigentliche Bedeutung. Litera ſonat ſtehet im Text/ nicht ſignificat. Vnd waͤr zumal ein unnoͤthiges conſilium irenicum geweſt/ dadurch alle Zweifel/ alle religions-Spaltungen außgeklaͤret werden moͤchten/ zu ſagen/ wann Photinianer/ Paͤpſtler/ Calviniſten den Glauben in ſchrifftmaͤſſigen und der reinen antiquitaͤt gemaͤſſem Verſtand annehmen/ das iſt/ wann alle dieſelbe recht glaubeten/ ſo wuͤrden ſie alle gute Chriſten/ Catholiſch und und Lutheraner werden. Jſt eben/ als ſagte man: Wann alle in facto recht-informirte Juriſten nach den rechtverſtandenen regulis juris ihre proceꝛ fuͤhreten/ und nach denſelben auch alle Referenten und Richter urtheilen wuͤrden/ ſo wuͤrde die juſtitia nimmer geſchwaͤcht/ und alle Par- teyen einig werden. Wann alle Menſchen klug waͤren/ ſo geb es keine Phantaſten in der Welt. Wer weiß das nicht? Wiewohl/ wann auch gleich alle Photinianer den Chriſtlichen Glauben nicht nur nach dem Wortlaut/ ſondern auch nach dem ſchrifftmaͤſſigen und uralten ſechshun- dert-jaͤhrigen damahl außgewirckten Verſtand annehmeten/ ſo wuͤrden doch darumb die Photinianer noch keine Chriſten werden/ dann ſie wuͤr- den den Verſtand der ſatisfaction und Gnugthuung Chriſti (als welche erſt im eilfften ſeculo von Abailardo angefochten worden/ den abzutrei- ben neue Erklaͤrungen von noͤthen ſeyn) nicht annehmen wollen/ und ſich/ ob ſie gleich alles andere bekenneten/ durch Verlaͤugnung dieſes Grund-Punctens aus dem Chriſtenſtand ſetzen: Es wuͤrden auch die Paͤpſtler keine Catholici werden/ wann ſie gleich den literalem ſenſum Symboli behielten/ allweil ſie lange nach dem ævo der ſechs hundert Jahr noch auff den heutigen Tag den Antichriſt fuͤr Gottes Statthalter ange- nommen: Ebenmaͤſſig/ weil im Apoſtoliſchen Symbolo (ſo viel daſſelbe anlangt) des Heiligen Abendmahls mit keinem außgetruckten Wort ge- dacht wird/ wuͤrden die Calvinianer noch nicht in die Gemeinſchafft der Lutheraner angewuͤntſchet werden/ wann ſie glauben alle Glaubens- Articul/ wie die Wort dem alten Verſtande nach lauten/ ſintemahl Berengarii boͤſer Wind nach dem ævo der ſechs hundert Jahr das Liecht des rechten Verſtandes per accidens angeblaſen. So viel von der ange- ſtrichenen Farb. Folgt der Paralogiſmus und Schluß-Fehler. Alle die jenige/ welche das Apoſtoliſche nach den authorn der Er- ſten ſechs hundert Jahr erklaͤrete Symbolum oder das gantze alte corpus Symbolicum, als die vollkommene/ gnugſame/ un- veraͤnderliche/ des Grund-Glaubens bezielende regul, Ver- faſſung ):( ):( ):( 2

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/23>, abgerufen am 23.11.2024.