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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
Sathans Gewalt übergeben ist/ wird eingenommen und besessen von dem
feurigen Drachen des bösen Gewissens; wann er brennet/ und die Schlan-
ge sticht/ O wehe/ so ist die Welt zu eng/ man weiß weder aus noch an;
Nulla est major afflictio, quam conscientia delictorum; cum enim
exterius patitur homo, ad Deum fugit: quod si malae conscientiae tri-
bulationem perferens in arcano cordis non in venit Deum, ubi conso-
lationem inveniet?
schreibet Gregorius M. Es ist keine grössere Plage/ alsGreg. M. in
Psal.
143.

ein böß Gewissen; dann wann der Mensch von aussen leidet/ so fliehet und
flehet er zu Gott; Wann er aber von dem bösen Gewissen genaget und
geplaget wird/ so findet er Gott nicht in seinem Hertzen/ wo soll er als-
dann Trost suchen oder finden? Er wird geschröckt von den Gespensten
oder Furien/ gleich wie die Gespenster oder Furien umb ihn herfahren/ und
vor Augen tretten/ von den unglückhafften Vögeln/ gleich denen die Tityo
sein Hertz genagt/ gefressen/ und doch nicht aufffressen noch ernagen
können/

---- rostroque immanis vultur obunco
Immortale jecur tundens, foecundaque poenis
Viscera.
Virg. l. 6.
Aen.

Ja er wird besessen/ geritten vom Teufel selbst/ wie geschrieben stehet
Matth. 12. Wann der unsaubere Geist von dem MenschenMatth. 12,
43. 44. 45.

außgefahren/ (in der ersten Widergeburt) so durchwandert er
dürre Stätte/ suchet Ruhe und findet ihr nicht; Da spricht er
dann: Jch will wider umbkehren in mein Hauß/ daraus ich
gegangen bin/ dann gehet er hin/ und nimmet sieben Geister
zu sich/ die ärger sind/ dann er selbst/ und wann sie hinein
kommen/ wohnen sie allda/ und wird hernach mit demselbigen
Menschen ärger/ dann es vorhin war.

Wo nun dieser Gast einkehret/ da ist Jammer und Noht/ da folget
1. excoecatio, die Finsternüß des Vnglaubens/ Vnglücks
und Vnstern in allem Thun und Wercken/ Blindheit in
con-
siliis
und Rathschlägen/ daß sie tappen am hellen Mittag/ sie werdenDevt. 28,
28.
Gen.
19, 11.

geschlagen mit Wahnsinn und rasen des Hertzens/ wie die zu Sodom oder
die Trunckenen; solcher Mensch kan offt andern besser rathen als ihm
selbst/ alle seine consilia gehen den Krebsgang/ und wann ers am aller-
klügsten vermeynet angegriffen zu haben/ so fehlts; Also ward Saul ver-
irret und verblendet/ daß er seinen eigenen Waffenträger nicht kennet;1 Sam. 17,
55.

Davids
Sechster Theil. M m

Predigt.
Sathans Gewalt uͤbergeben iſt/ wird eingenommen und beſeſſen von dem
feurigen Drachen des boͤſen Gewiſſens; wann er brennet/ und die Schlan-
ge ſticht/ O wehe/ ſo iſt die Welt zu eng/ man weiß weder aus noch an;
Nulla eſt major afflictio, quàm conſcientia delictorum; cùm enim
exterius patitur homo, ad Deum fugit: quòd ſi malæ conſcientiæ tri-
bulationem perferens in arcano cordis non in venit Deum, ubi conſo-
lationem inveniet?
ſchreibet Gregorius M. Es iſt keine groͤſſere Plage/ alsGreg. M. in
Pſal.
143.

ein boͤß Gewiſſen; dann wann der Menſch von auſſen leidet/ ſo fliehet und
flehet er zu Gott; Wann er aber von dem boͤſen Gewiſſen genaget und
geplaget wird/ ſo findet er Gott nicht in ſeinem Hertzen/ wo ſoll er als-
dann Troſt ſuchen oder finden? Er wird geſchroͤckt von den Geſpenſten
oder Furien/ gleich wie die Geſpenſter oder Furien umb ihn herfahren/ und
vor Augen tretten/ von den ungluͤckhafften Voͤgeln/ gleich denen die Tityo
ſein Hertz genagt/ gefreſſen/ und doch nicht aufffreſſen noch ernagen
koͤnnen/

—— roſtroq́ue immanis vultur obunco
Immortale jecur tundens, fœcundaq́ue pœnis
Viſcera.
Virg. l. 6.
Aen.

Ja er wird beſeſſen/ geritten vom Teufel ſelbſt/ wie geſchrieben ſtehet
Matth. 12. Wann der unſaubere Geiſt von dem MenſchenMatth. 12,
43. 44. 45.

außgefahren/ (in der erſten Widergeburt) ſo durchwandert er
duͤrre Stätte/ ſuchet Ruhe und findet ihr nicht; Da ſpricht er
dann: Jch will wider umbkehren in mein Hauß/ daraus ich
gegangen bin/ dann gehet er hin/ und nimmet ſieben Geiſter
zu ſich/ die ärger ſind/ dann er ſelbſt/ und wann ſie hinein
kommen/ wohnen ſie allda/ und wird hernach mit demſelbigen
Menſchen aͤrger/ dann es vorhin war.

Wo nun dieſer Gaſt einkehret/ da iſt Jammer und Noht/ da folget
1. excœcatio, die Finſternuͤß des Vnglaubens/ Vngluͤcks
und Vnſtern in allem Thun und Wercken/ Blindheit in
con-
ſiliis
und Rathſchlaͤgen/ daß ſie tappen am hellen Mittag/ ſie werdenDevt. 28,
28.
Gen.
19, 11.

geſchlagen mit Wahnſinn und raſen des Hertzens/ wie die zu Sodom oder
die Trunckenen; ſolcher Menſch kan offt andern beſſer rathen als ihm
ſelbſt/ alle ſeine conſilia gehen den Krebsgang/ und wann ers am aller-
kluͤgſten vermeynet angegriffen zu haben/ ſo fehlts; Alſo ward Saul ver-
irret und verblendet/ daß er ſeinen eigenen Waffentraͤger nicht kennet;1 Sam. 17,
55.

Davids
Sechſter Theil. M m
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[273/0305] Predigt. Sathans Gewalt uͤbergeben iſt/ wird eingenommen und beſeſſen von dem feurigen Drachen des boͤſen Gewiſſens; wann er brennet/ und die Schlan- ge ſticht/ O wehe/ ſo iſt die Welt zu eng/ man weiß weder aus noch an; Nulla eſt major afflictio, quàm conſcientia delictorum; cùm enim exterius patitur homo, ad Deum fugit: quòd ſi malæ conſcientiæ tri- bulationem perferens in arcano cordis non in venit Deum, ubi conſo- lationem inveniet? ſchreibet Gregorius M. Es iſt keine groͤſſere Plage/ als ein boͤß Gewiſſen; dann wann der Menſch von auſſen leidet/ ſo fliehet und flehet er zu Gott; Wann er aber von dem boͤſen Gewiſſen genaget und geplaget wird/ ſo findet er Gott nicht in ſeinem Hertzen/ wo ſoll er als- dann Troſt ſuchen oder finden? Er wird geſchroͤckt von den Geſpenſten oder Furien/ gleich wie die Geſpenſter oder Furien umb ihn herfahren/ und vor Augen tretten/ von den ungluͤckhafften Voͤgeln/ gleich denen die Tityo ſein Hertz genagt/ gefreſſen/ und doch nicht aufffreſſen noch ernagen koͤnnen/ Greg. M. in Pſal. 143. —— roſtroq́ue immanis vultur obunco Immortale jecur tundens, fœcundaq́ue pœnis Viſcera. Ja er wird beſeſſen/ geritten vom Teufel ſelbſt/ wie geſchrieben ſtehet Matth. 12. Wann der unſaubere Geiſt von dem Menſchen außgefahren/ (in der erſten Widergeburt) ſo durchwandert er duͤrre Stätte/ ſuchet Ruhe und findet ihr nicht; Da ſpricht er dann: Jch will wider umbkehren in mein Hauß/ daraus ich gegangen bin/ dann gehet er hin/ und nimmet ſieben Geiſter zu ſich/ die ärger ſind/ dann er ſelbſt/ und wann ſie hinein kommen/ wohnen ſie allda/ und wird hernach mit demſelbigen Menſchen aͤrger/ dann es vorhin war. Matth. 12, 43. 44. 45. Wo nun dieſer Gaſt einkehret/ da iſt Jammer und Noht/ da folget 1. excœcatio, die Finſternuͤß des Vnglaubens/ Vngluͤcks und Vnſtern in allem Thun und Wercken/ Blindheit in con- ſiliis und Rathſchlaͤgen/ daß ſie tappen am hellen Mittag/ ſie werden geſchlagen mit Wahnſinn und raſen des Hertzens/ wie die zu Sodom oder die Trunckenen; ſolcher Menſch kan offt andern beſſer rathen als ihm ſelbſt/ alle ſeine conſilia gehen den Krebsgang/ und wann ers am aller- kluͤgſten vermeynet angegriffen zu haben/ ſo fehlts; Alſo ward Saul ver- irret und verblendet/ daß er ſeinen eigenen Waffentraͤger nicht kennet; Davids Devt. 28, 28. Gen. 19, 11. 1 Sam. 17, 55. Sechſter Theil. M m

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/305>, abgerufen am 23.11.2024.