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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
Verlust seiner Nahrung öffentlich und solenniter revocirt/ die Evange-
lische Lehr verschworen; unterwegen trieb ihn der Geist: Ach Francisce,
dein Fleisch hat dich übereilt/ bestäntige es nicht! Aber er fuhr fort/ revocirt
und thut einen Widerruff in der Kirch in Angesicht zwey tausent Perso-
nen/ erlegt dreissig Gülden zur Busse/ bald folget Gottes Gericht/ er ver-
leuret die Gaben des Heiligen Geistes/ aller Trost verschwindet/ alle Sün-
den der Jugend wachen auff/ der Gewissens-Wurm wird zu einem Dra-
chen/ nach dem er sechs Monat lang gequält/ ist er nach Padua gezogen/
Linderung gesucht/ aber vergebens/ kein zusprechen halff; Er sprach/ er habe
gesündiget in den Heiligen Geist/ er sey schon in der Höll/ Paulus Vergerius
und D. Grybald ruffen ihm zu/ er soll gedencken an den bußfertigen Pe-
trum! da gab er zur Antwort: Der Teufel glaube das auch/ es gehe ihn
nicht an/ was einem geschehen. Ob wir wol nicht sagen wollen/ daß dieser
Mann die Sünde wider den Heiligen Geist begangen/ so hat er sich dersel-
ben genähert. Ach was hilffts/ wann ein Mensch die gantzeMatth. 16,
26.

Welt gewinn/ und litte Schaden an seiner Seelen? Man ge-
be dem Teufel keinen Finger/ er greiffet nach der Hand.

Wir müssen aber kleinmüthige Hertzen auch nicht ohne Trost lassen
heimgehen: Es gibet Leute/ die in der melancholia und Miltz-Kranck-
heit Sünden dichten/ da keine Sünden sind/ fassen ein Wort aus der
Predigt/ machen hernach schröckliche monstra daraus/ hören offt mehr
als geprediget worden/ werden kleinmüthig/ ringen mit der desperation,
dürffen wol auch sich unter die Rott der Sünder in den Heiligen Geist
mischen/ geben für/ sie fühlen keine Bewegung des Heiligen Geistes.
Wie nun Prediger/ Beicht-Väter etc. hie sich nicht zu übereilen haben/
und nicht alsobald einen Menschen verdammen und ergeistern sollen/ de
nullo est despetandum, quamdiu ad poenitentiam patientia Dei ad-
ducit,
sagt* Augustinus, man soll an keinem Menschen zweifeln/ so lange
Gott ihn durch seine Langmuth zur Busse leitet. Also sollen auch die
Zuhörer ihnen nicht vergebene tragelaphos fingiren/ nicht heissen recht
und gut/ ohn was Gott selbst redt und thut/ Gesetz und Evangelium
unterscheiden/ die definition der Sünde in den Heiligen Geist
* August. serm. 11. de verb. Dom. Non quantitas criminis, nec brevitas
temporis, nec horae extremitas, nec vitae enormitas, si vera contritio adfuerit,
excludit a venia. Cyprian. serm. de coena Dom. Tantae pietatis est Dominus
Iesus, ut ipsi Iudae donasset veniam si Christi expectasset misericordiam.
Ambros. l. 1. epist. 3. ad Simpl.

recht

Predigt.
Verluſt ſeiner Nahrung oͤffentlich und ſolenniter revocirt/ die Evange-
liſche Lehr verſchworen; unterwegen trieb ihn der Geiſt: Ach Franciſce,
dein Fleiſch hat dich uͤbereilt/ beſtaͤntige es nicht! Aber er fuhr fort/ revocirt
und thut einen Widerruff in der Kirch in Angeſicht zwey tauſent Perſo-
nen/ erlegt dreiſſig Guͤlden zur Buſſe/ bald folget Gottes Gericht/ er ver-
leuret die Gaben des Heiligen Geiſtes/ aller Troſt verſchwindet/ alle Suͤn-
den der Jugend wachen auff/ der Gewiſſens-Wurm wird zu einem Dra-
chen/ nach dem er ſechs Monat lang gequaͤlt/ iſt er nach Padua gezogen/
Linderung geſucht/ aber vergebens/ kein zuſprechen halff; Er ſprach/ er habe
geſuͤndiget in den Heiligen Geiſt/ er ſey ſchon in der Hoͤll/ Paulus Vergerius
und D. Grybald ruffen ihm zu/ er ſoll gedencken an den bußfertigen Pe-
trum! da gab er zur Antwort: Der Teufel glaube das auch/ es gehe ihn
nicht an/ was einem geſchehen. Ob wir wol nicht ſagen wollen/ daß dieſer
Mann die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt begangen/ ſo hat er ſich derſel-
ben genaͤhert. Ach was hilffts/ wann ein Menſch die gantzeMatth. 16,
26.

Welt gewinn/ und litte Schaden an ſeiner Seelen? Man ge-
be dem Teufel keinen Finger/ er greiffet nach der Hand.

Wir muͤſſen aber kleinmuͤthige Hertzen auch nicht ohne Troſt laſſen
heimgehen: Es gibet Leute/ die in der melancholia und Miltz-Kranck-
heit Suͤnden dichten/ da keine Suͤnden ſind/ faſſen ein Wort aus der
Predigt/ machen hernach ſchroͤckliche monſtra daraus/ hoͤren offt mehr
als geprediget worden/ werden kleinmuͤthig/ ringen mit der deſperation,
duͤrffen wol auch ſich unter die Rott der Suͤnder in den Heiligen Geiſt
miſchen/ geben fuͤr/ ſie fuͤhlen keine Bewegung des Heiligen Geiſtes.
Wie nun Prediger/ Beicht-Vaͤter ꝛc. hie ſich nicht zu uͤbereilen haben/
und nicht alſobald einen Menſchen verdammen und ergeiſtern ſollen/ de
nullo eſt deſpetandum, quamdiu ad pœnitentiam patientia Dei ad-
ducit,
ſagt* Auguſtinus, man ſoll an keinem Menſchen zweifeln/ ſo lange
Gott ihn durch ſeine Langmuth zur Buſſe leitet. Alſo ſollen auch die
Zuhoͤrer ihnen nicht vergebene tragelaphos fingiren/ nicht heiſſen recht
und gut/ ohn was Gott ſelbſt redt und thut/ Geſetz und Evangelium
unterſcheiden/ die definition der Suͤnde in den Heiligen Geiſt
* Auguſt. ſerm. 11. de verb. Dom. Non quantitas criminis, nec brevitas
temporis, nec horæ extremitas, nec vitæ enormitas, ſi vera contritio adfuerit,
excludit à veniâ. Cyprian. ſerm. de cœnâ Dom. Tantæ pietatis eſt Dominus
Ieſus, ut ipſi Iudæ donaſſet veniam ſi Chriſti expectaſſet miſericordiam.
Ambroſ. l. 1. epiſt. 3. ad Simpl.

recht
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[303/0335] Predigt. Verluſt ſeiner Nahrung oͤffentlich und ſolenniter revocirt/ die Evange- liſche Lehr verſchworen; unterwegen trieb ihn der Geiſt: Ach Franciſce, dein Fleiſch hat dich uͤbereilt/ beſtaͤntige es nicht! Aber er fuhr fort/ revocirt und thut einen Widerruff in der Kirch in Angeſicht zwey tauſent Perſo- nen/ erlegt dreiſſig Guͤlden zur Buſſe/ bald folget Gottes Gericht/ er ver- leuret die Gaben des Heiligen Geiſtes/ aller Troſt verſchwindet/ alle Suͤn- den der Jugend wachen auff/ der Gewiſſens-Wurm wird zu einem Dra- chen/ nach dem er ſechs Monat lang gequaͤlt/ iſt er nach Padua gezogen/ Linderung geſucht/ aber vergebens/ kein zuſprechen halff; Er ſprach/ er habe geſuͤndiget in den Heiligen Geiſt/ er ſey ſchon in der Hoͤll/ Paulus Vergerius und D. Grybald ruffen ihm zu/ er ſoll gedencken an den bußfertigen Pe- trum! da gab er zur Antwort: Der Teufel glaube das auch/ es gehe ihn nicht an/ was einem geſchehen. Ob wir wol nicht ſagen wollen/ daß dieſer Mann die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt begangen/ ſo hat er ſich derſel- ben genaͤhert. Ach was hilffts/ wann ein Menſch die gantze Welt gewinn/ und litte Schaden an ſeiner Seelen? Man ge- be dem Teufel keinen Finger/ er greiffet nach der Hand. Matth. 16, 26. Wir muͤſſen aber kleinmuͤthige Hertzen auch nicht ohne Troſt laſſen heimgehen: Es gibet Leute/ die in der melancholia und Miltz-Kranck- heit Suͤnden dichten/ da keine Suͤnden ſind/ faſſen ein Wort aus der Predigt/ machen hernach ſchroͤckliche monſtra daraus/ hoͤren offt mehr als geprediget worden/ werden kleinmuͤthig/ ringen mit der deſperation, duͤrffen wol auch ſich unter die Rott der Suͤnder in den Heiligen Geiſt miſchen/ geben fuͤr/ ſie fuͤhlen keine Bewegung des Heiligen Geiſtes. Wie nun Prediger/ Beicht-Vaͤter ꝛc. hie ſich nicht zu uͤbereilen haben/ und nicht alſobald einen Menſchen verdammen und ergeiſtern ſollen/ de nullo eſt deſpetandum, quamdiu ad pœnitentiam patientia Dei ad- ducit, ſagt* Auguſtinus, man ſoll an keinem Menſchen zweifeln/ ſo lange Gott ihn durch ſeine Langmuth zur Buſſe leitet. Alſo ſollen auch die Zuhoͤrer ihnen nicht vergebene tragelaphos fingiren/ nicht heiſſen recht und gut/ ohn was Gott ſelbſt redt und thut/ Geſetz und Evangelium unterſcheiden/ die definition der Suͤnde in den Heiligen Geiſt * Auguſt. ſerm. 11. de verb. Dom. Non quantitas criminis, nec brevitas temporis, nec horæ extremitas, nec vitæ enormitas, ſi vera contritio adfuerit, excludit à veniâ. Cyprian. ſerm. de cœnâ Dom. Tantæ pietatis eſt Dominus Ieſus, ut ipſi Iudæ donaſſet veniam ſi Chriſti expectaſſet miſericordiam. Ambroſ. l. 1. epiſt. 3. ad Simpl. recht

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/335>, abgerufen am 28.11.2024.