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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
führet/ den Seckel abschneiden: Also gibts auch solche ruchlose und ver-
stockte Hertzen/ die täglich von der Hölle hören/ wann sie vielleicht dieselbe
mit Augen anschaueten/ würden sie sich doch nicht einmahl drüber entfer-
ben oder entsetzen.

Welt- und Glücks-Kinder haben wohl auff sich Achtung zu geben/
daß es ihnen nicht geistlicher Weise gehe/ wie dort () Polycrati leiblicher() apud
Valer.
Max. pag.

268.

Weise; Polycrates, ein König in der Jnsul Samos, war ein solcher Glücks-
Vogel/ daß ihm alles von statten gieng was er anfieng/ in Ansehung sol-
cher fortun, machte Amasis, der König in Egypten/ Freundschafft mit
ihm/ und hielt ihn sehr hoch/ und als er sahe/ daß diesem seinem Freunde
das Glück in allen Dingen über die Masse zuschlug/ schreib er einen Brief
an ihn/ warnete ihn für des schmeichelhafften Glücks Vntreu/ welches ihn
doch noch seine Tücke zuletzt würde sehen lassen/ gab ihm darneben den
Rath/ er solte etwas/ das ihm vor andern Dingen sehr lieb wäre/ von sich
thun/ und also verwerffen/ daß es keinem Menschen nimmermehr zu Ge-
sicht kommen solte/ ob es helffen möchte/ wann er sich auff diese Weise selbst
straffte/ und ihm ein Vnglück freywillig zuzöge. Polycrates folgte diesem
Rath/ und als er sich lang bedacht/ nahm er seinen Siegel-Ring/ von
Gold gemacht/ in dem ein Smaragd von unglaublicher Schönheit/ den
der berühmte Meister Theodorus geschnitten hatte/ ingeschlossen war/ fuhr
damit in einer Galeen auff das Meer/ und warff für den Augen aller de-
rer so bey ihm waren/ den Ring in das Wasser/ fuhr darauff wider zu
Hauß. Am vierten oder fünfften Tage hernach begab sichs/ da ihm
Polycrates den Verlust des so schönen Rings zu Hertzen gehen ließ/ daß ein
Fischer einen grossen hübschen Fisch fieng/ den er wohl werth achtete/ daß
er ihn seinem Herren dem Polycrati verehrete/ wie er dann auch that.
Der Herr nahm den Fisch mit Gnaden an/ hieß ihn zurichten/ und in dem
der Koch sein Jngeweide heraus nahm/ fand er Polycratis Siegel-Ring
in demselben/ und brachte ihn mit Freuden seinem Herrn/ der sich hierüber
nicht wenig befrembdet/ schrieb solches alles seinem guten Freund/ dem
König Amasi in Egypten. Dieser/ als er den Brief gelesen/ sandte also-
balden Bottschafften in die Jnsul Samum, und ließ ihm die Freundschafft
auffkünden/ damit/ wann ihn ein groß Vnglück treffen würde/ welches
ohne Zweifel bald über ihn kommen würde/ er ihm dem Polycrati, nichts
schuldig noch verbunden wäre. Es ist aber Amasis in diesem Stuck kein
falscher Prophet gewest; dann etliche Jahr hernach der Persianische
Land-Vogt im kleinen Asia/ mit Namen Oraetes, diesen Polycratem zu
sich berüff/ und als ihm Polycrates zu viel trauete/ ließ er ihn greiffen/ und

an ein
T t t t

Predigt.
fuͤhret/ den Seckel abſchneiden: Alſo gibts auch ſolche ruchloſe und ver-
ſtockte Hertzen/ die taͤglich von der Hoͤlle hoͤren/ wann ſie vielleicht dieſelbe
mit Augen anſchaueten/ wuͤrden ſie ſich doch nicht einmahl druͤber entfer-
ben oder entſetzen.

Welt- und Gluͤcks-Kinder haben wohl auff ſich Achtung zu geben/
daß es ihnen nicht geiſtlicher Weiſe gehe/ wie dort () Polycrati leiblicher() apud
Valer.
Max. pag.

268.

Weiſe; Polycrates, ein Koͤnig in der Jnſul Samos, war ein ſolcher Gluͤcks-
Vogel/ daß ihm alles von ſtatten gieng was er anfieng/ in Anſehung ſol-
cher fortun, machte Amaſis, der Koͤnig in Egypten/ Freundſchafft mit
ihm/ und hielt ihn ſehr hoch/ und als er ſahe/ daß dieſem ſeinem Freunde
das Gluͤck in allen Dingen uͤber die Maſſe zuſchlug/ ſchreib er einen Brief
an ihn/ warnete ihn fuͤr des ſchmeichelhafften Gluͤcks Vntreu/ welches ihn
doch noch ſeine Tuͤcke zuletzt wuͤrde ſehen laſſen/ gab ihm darneben den
Rath/ er ſolte etwas/ das ihm vor andern Dingen ſehr lieb waͤre/ von ſich
thun/ und alſo verwerffen/ daß es keinem Menſchen nimmermehr zu Ge-
ſicht kommen ſolte/ ob es helffen moͤchte/ wann er ſich auff dieſe Weiſe ſelbſt
ſtraffte/ und ihm ein Vngluͤck freywillig zuzoͤge. Polycrates folgte dieſem
Rath/ und als er ſich lang bedacht/ nahm er ſeinen Siegel-Ring/ von
Gold gemacht/ in dem ein Smaragd von unglaublicher Schoͤnheit/ den
der beruͤhmte Meiſter Theodorus geſchnitten hatte/ ingeſchloſſen war/ fuhr
damit in einer Galeen auff das Meer/ und warff fuͤr den Augen aller de-
rer ſo bey ihm waren/ den Ring in das Waſſer/ fuhr darauff wider zu
Hauß. Am vierten oder fuͤnfften Tage hernach begab ſichs/ da ihm
Polycrates den Verluſt des ſo ſchoͤnen Rings zu Hertzen gehen ließ/ daß ein
Fiſcher einen groſſen huͤbſchen Fiſch fieng/ den er wohl werth achtete/ daß
er ihn ſeinem Herren dem Polycrati verehrete/ wie er dann auch that.
Der Herr nahm den Fiſch mit Gnaden an/ hieß ihn zurichten/ und in dem
der Koch ſein Jngeweide heraus nahm/ fand er Polycratis Siegel-Ring
in demſelben/ und brachte ihn mit Freuden ſeinem Herrn/ der ſich hieruͤber
nicht wenig befrembdet/ ſchrieb ſolches alles ſeinem guten Freund/ dem
Koͤnig Amaſi in Egypten. Dieſer/ als er den Brief geleſen/ ſandte alſo-
balden Bottſchafften in die Jnſul Samum, und ließ ihm die Freundſchafft
auffkuͤnden/ damit/ wann ihn ein groß Vngluͤck treffen wuͤrde/ welches
ohne Zweifel bald uͤber ihn kommen wuͤrde/ er ihm dem Polycrati, nichts
ſchuldig noch verbunden waͤre. Es iſt aber Amaſis in dieſem Stuck kein
falſcher Prophet geweſt; dann etliche Jahr hernach der Perſianiſche
Land-Vogt im kleinen Aſia/ mit Namen Orætes, dieſen Polycratem zu
ſich beruͤff/ und als ihm Polycrates zu viel trauete/ ließ er ihn greiffen/ und

an ein
T t t t
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[697/0729] Predigt. fuͤhret/ den Seckel abſchneiden: Alſo gibts auch ſolche ruchloſe und ver- ſtockte Hertzen/ die taͤglich von der Hoͤlle hoͤren/ wann ſie vielleicht dieſelbe mit Augen anſchaueten/ wuͤrden ſie ſich doch nicht einmahl druͤber entfer- ben oder entſetzen. Welt- und Gluͤcks-Kinder haben wohl auff ſich Achtung zu geben/ daß es ihnen nicht geiſtlicher Weiſe gehe/ wie dort () Polycrati leiblicher Weiſe; Polycrates, ein Koͤnig in der Jnſul Samos, war ein ſolcher Gluͤcks- Vogel/ daß ihm alles von ſtatten gieng was er anfieng/ in Anſehung ſol- cher fortun, machte Amaſis, der Koͤnig in Egypten/ Freundſchafft mit ihm/ und hielt ihn ſehr hoch/ und als er ſahe/ daß dieſem ſeinem Freunde das Gluͤck in allen Dingen uͤber die Maſſe zuſchlug/ ſchreib er einen Brief an ihn/ warnete ihn fuͤr des ſchmeichelhafften Gluͤcks Vntreu/ welches ihn doch noch ſeine Tuͤcke zuletzt wuͤrde ſehen laſſen/ gab ihm darneben den Rath/ er ſolte etwas/ das ihm vor andern Dingen ſehr lieb waͤre/ von ſich thun/ und alſo verwerffen/ daß es keinem Menſchen nimmermehr zu Ge- ſicht kommen ſolte/ ob es helffen moͤchte/ wann er ſich auff dieſe Weiſe ſelbſt ſtraffte/ und ihm ein Vngluͤck freywillig zuzoͤge. Polycrates folgte dieſem Rath/ und als er ſich lang bedacht/ nahm er ſeinen Siegel-Ring/ von Gold gemacht/ in dem ein Smaragd von unglaublicher Schoͤnheit/ den der beruͤhmte Meiſter Theodorus geſchnitten hatte/ ingeſchloſſen war/ fuhr damit in einer Galeen auff das Meer/ und warff fuͤr den Augen aller de- rer ſo bey ihm waren/ den Ring in das Waſſer/ fuhr darauff wider zu Hauß. Am vierten oder fuͤnfften Tage hernach begab ſichs/ da ihm Polycrates den Verluſt des ſo ſchoͤnen Rings zu Hertzen gehen ließ/ daß ein Fiſcher einen groſſen huͤbſchen Fiſch fieng/ den er wohl werth achtete/ daß er ihn ſeinem Herren dem Polycrati verehrete/ wie er dann auch that. Der Herr nahm den Fiſch mit Gnaden an/ hieß ihn zurichten/ und in dem der Koch ſein Jngeweide heraus nahm/ fand er Polycratis Siegel-Ring in demſelben/ und brachte ihn mit Freuden ſeinem Herrn/ der ſich hieruͤber nicht wenig befrembdet/ ſchrieb ſolches alles ſeinem guten Freund/ dem Koͤnig Amaſi in Egypten. Dieſer/ als er den Brief geleſen/ ſandte alſo- balden Bottſchafften in die Jnſul Samum, und ließ ihm die Freundſchafft auffkuͤnden/ damit/ wann ihn ein groß Vngluͤck treffen wuͤrde/ welches ohne Zweifel bald uͤber ihn kommen wuͤrde/ er ihm dem Polycrati, nichts ſchuldig noch verbunden waͤre. Es iſt aber Amaſis in dieſem Stuck kein falſcher Prophet geweſt; dann etliche Jahr hernach der Perſianiſche Land-Vogt im kleinen Aſia/ mit Namen Orætes, dieſen Polycratem zu ſich beruͤff/ und als ihm Polycrates zu viel trauete/ ließ er ihn greiffen/ und an ein () apud Valer. Max. pag. 268. T t t t

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/729>, abgerufen am 22.11.2024.