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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die viertzigste
liche Schmertzen verursacht/ da kommt die Begierde/ die in wilden Muth
außschlägt/ da geht das Murren an/ sie greiffen nach den Steinen. Mo-
ses und Aaron sprechen ihnen zwar zu/ wie Josephus bezeugt lib. 3. c. 1. aber
es hat geheissen/ nach des Bauchs Gewonheit/ Venter caret auribus, es
ist ein malesuada fames daraus worden. Hätten sie ein Haupt gehabt/
und den Weg wieder zurück kommen können/ sie würden mit hellem Hauf-
fen zurück gezogen seyn. So verhält sichs auch mit dem geistlichen Hun-
ger: Wer der Fortun im Schooß sitzt/ wer alles vollauff hat/ in der Weid
gehet biß an den Bauch/ der läst dem HErrn Christo sein Himmel-Brod/
Job. 6, 5.das Wild schreyet nicht/ wanns Gras hat/ der Ochs blecket
nicht/ wann er Futter hat.
Wann aber Creutz/ Widerwärtigkeit
Jammer und Noth zusammen schlägt/ wann man sich in der geistlichen
Wander- und Ritterschafft abgemattet/ die geistlichen Anfechtungen da-
her kommen/ wann der böse Gewissens-Wurm das Hertz naget und pla-
get/ wann die ariditas gratiae, die geistliche Dörrsucht sich erzeigt/ wann
kein geistlicher Lebens-Safft und Krafft/ kein Trost-Balsam vorhanden/
wann die Trost-Quellen versiegen/ wann einer Seelen nach Trost bang
worden/ wann der Hirsch von Hunden gejaget/ im Hatz ermüdet/ wann
sonderlich in der letzten Todes-Noth/ im finstern Todes-Thal/ die Furcht
des ewigen Todes/ des ewigen Höllen-Hungers anficht/ mitten in der To-
des-Noth die Höllen-Angst uns treibet/ da erzeigt sich der geistliche Hun-
ger/ Begierd und Verlangen nach himmlischem Brod und Trost/ Labsal
und Erquickung/ Trübsal suchet Labsal/ Noth und Tod sehnet sich nach
GOtt; Contra, bey den Gottlosen wird eine wilde Begierde daraus/
sie lauffen dem Strick zu/ wie Judas/ verzweiffeln und verzagen.

IV. Die Brodtsuchende/ Brodtbettlende. Es ist Gottes al-
te Weise/ daß er Angst/ Noth und Weh/ Mangel und Armuth verhenget/
daß er das Gebet bey den Menschen heraus locke. Quis expedivit Psit-
taco suum
khaire. Wer lernt den Papagey schwatzen? die Hunde
geylen? die jungen Raben umb Speise schreyen? Fames, die Hungers-
Noth/ der Mensch ist von Natur ein barbarus ein Unmensch/ der nach
GOtt nichts fraget/ darumb schicket Gott empfindlich Wehe und Wehe-
tage. Die treiben und reitzen zur Hülff-Sucht durchs Gebet. Es schaffet
und lässet der HErr den Menschen nicht vergebens gantz nackend und bloß/
hungerig und durstig/ arm und dürfftig an diese Welt gebohren werden/
sondern zu dem End/ daß er in Ansehung seiner Armuth lerne beten und
bitten/ was ihm nöthig und nütz seyn mag. Noth lehret beten. Dieser
Intention und Meynung nach hat GOtt der HErr die Jsraeliten lassen

hun

Die viertzigſte
liche Schmertzen verurſacht/ da kommt die Begierde/ die in wilden Muth
außſchlaͤgt/ da geht das Murren an/ ſie greiffen nach den Steinen. Mo-
ſes und Aaron ſprechen ihnen zwar zu/ wie Joſephus bezeugt lib. 3. c. 1. aber
es hat geheiſſen/ nach des Bauchs Gewonheit/ Venter caret auribus, es
iſt ein maleſuada fames daraus worden. Haͤtten ſie ein Haupt gehabt/
und den Weg wieder zuruͤck kommen koͤnnen/ ſie wuͤrden mit hellem Hauf-
fen zuruͤck gezogen ſeyn. So verhaͤlt ſichs auch mit dem geiſtlichen Hun-
ger: Wer der Fortun im Schooß ſitzt/ wer alles vollauff hat/ in der Weid
gehet biß an den Bauch/ der laͤſt dem HErꝛn Chriſto ſein Himmel-Brod/
Job. 6, 5.das Wild ſchreyet nicht/ wanns Gras hat/ der Ochs blecket
nicht/ wann er Futter hat.
Wann aber Creutz/ Widerwaͤrtigkeit
Jammer und Noth zuſammen ſchlaͤgt/ wann man ſich in der geiſtlichen
Wander- und Ritterſchafft abgemattet/ die geiſtlichen Anfechtungen da-
her kommen/ wann der boͤſe Gewiſſens-Wurm das Hertz naget und pla-
get/ wann die ariditas gratiæ, die geiſtliche Doͤrꝛſucht ſich erzeigt/ wann
kein geiſtlicher Lebens-Safft und Krafft/ kein Troſt-Balſam vorhanden/
wann die Troſt-Quellen verſiegen/ wann einer Seelen nach Troſt bang
worden/ wann der Hirſch von Hunden gejaget/ im Hatz ermuͤdet/ wann
ſonderlich in der letzten Todes-Noth/ im finſtern Todes-Thal/ die Furcht
des ewigen Todes/ des ewigen Hoͤllen-Hungers anficht/ mitten in der To-
des-Noth die Hoͤllen-Angſt uns treibet/ da erzeigt ſich der geiſtliche Hun-
ger/ Begierd und Verlangen nach himmliſchem Brod und Troſt/ Labſal
und Erquickung/ Truͤbſal ſuchet Labſal/ Noth und Tod ſehnet ſich nach
GOtt; Contrà, bey den Gottloſen wird eine wilde Begierde daraus/
ſie lauffen dem Strick zu/ wie Judas/ verzweiffeln und verzagen.

IV. Die Brodtſuchende/ Brodtbettlende. Es iſt Gottes al-
te Weiſe/ daß er Angſt/ Noth und Weh/ Mangel und Armuth verhenget/
daß er das Gebet bey den Menſchen heraus locke. Quis expedivit Pſit-
taco ſuum
χαῖρε. Wer lernt den Papagey ſchwatzen? die Hunde
geylen? die jungen Raben umb Speiſe ſchreyen? Fames, die Hungers-
Noth/ der Menſch iſt von Natur ein barbarus ein Unmenſch/ der nach
GOtt nichts fraget/ darumb ſchicket Gott empfindlich Wehe und Wehe-
tage. Die treiben und reitzen zur Huͤlff-Sucht durchs Gebet. Es ſchaffet
und laͤſſet der HErꝛ den Menſchen nicht vergebens gantz nackend und bloß/
hungerig und durſtig/ arm und duͤrfftig an dieſe Welt gebohren werden/
ſondern zu dem End/ daß er in Anſehung ſeiner Armuth lerne beten und
bitten/ was ihm noͤthig und nuͤtz ſeyn mag. Noth lehret beten. Dieſer
Intention und Meynung nach hat GOtt der HErꝛ die Jſraeliten laſſen

hun
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[1044/1068] Die viertzigſte liche Schmertzen verurſacht/ da kommt die Begierde/ die in wilden Muth außſchlaͤgt/ da geht das Murren an/ ſie greiffen nach den Steinen. Mo- ſes und Aaron ſprechen ihnen zwar zu/ wie Joſephus bezeugt lib. 3. c. 1. aber es hat geheiſſen/ nach des Bauchs Gewonheit/ Venter caret auribus, es iſt ein maleſuada fames daraus worden. Haͤtten ſie ein Haupt gehabt/ und den Weg wieder zuruͤck kommen koͤnnen/ ſie wuͤrden mit hellem Hauf- fen zuruͤck gezogen ſeyn. So verhaͤlt ſichs auch mit dem geiſtlichen Hun- ger: Wer der Fortun im Schooß ſitzt/ wer alles vollauff hat/ in der Weid gehet biß an den Bauch/ der laͤſt dem HErꝛn Chriſto ſein Himmel-Brod/ das Wild ſchreyet nicht/ wanns Gras hat/ der Ochs blecket nicht/ wann er Futter hat. Wann aber Creutz/ Widerwaͤrtigkeit Jammer und Noth zuſammen ſchlaͤgt/ wann man ſich in der geiſtlichen Wander- und Ritterſchafft abgemattet/ die geiſtlichen Anfechtungen da- her kommen/ wann der boͤſe Gewiſſens-Wurm das Hertz naget und pla- get/ wann die ariditas gratiæ, die geiſtliche Doͤrꝛſucht ſich erzeigt/ wann kein geiſtlicher Lebens-Safft und Krafft/ kein Troſt-Balſam vorhanden/ wann die Troſt-Quellen verſiegen/ wann einer Seelen nach Troſt bang worden/ wann der Hirſch von Hunden gejaget/ im Hatz ermuͤdet/ wann ſonderlich in der letzten Todes-Noth/ im finſtern Todes-Thal/ die Furcht des ewigen Todes/ des ewigen Hoͤllen-Hungers anficht/ mitten in der To- des-Noth die Hoͤllen-Angſt uns treibet/ da erzeigt ſich der geiſtliche Hun- ger/ Begierd und Verlangen nach himmliſchem Brod und Troſt/ Labſal und Erquickung/ Truͤbſal ſuchet Labſal/ Noth und Tod ſehnet ſich nach GOtt; Contrà, bey den Gottloſen wird eine wilde Begierde daraus/ ſie lauffen dem Strick zu/ wie Judas/ verzweiffeln und verzagen. Job. 6, 5. IV. Die Brodtſuchende/ Brodtbettlende. Es iſt Gottes al- te Weiſe/ daß er Angſt/ Noth und Weh/ Mangel und Armuth verhenget/ daß er das Gebet bey den Menſchen heraus locke. Quis expedivit Pſit- taco ſuum χαῖρε. Wer lernt den Papagey ſchwatzen? die Hunde geylen? die jungen Raben umb Speiſe ſchreyen? Fames, die Hungers- Noth/ der Menſch iſt von Natur ein barbarus ein Unmenſch/ der nach GOtt nichts fraget/ darumb ſchicket Gott empfindlich Wehe und Wehe- tage. Die treiben und reitzen zur Huͤlff-Sucht durchs Gebet. Es ſchaffet und laͤſſet der HErꝛ den Menſchen nicht vergebens gantz nackend und bloß/ hungerig und durſtig/ arm und duͤrfftig an dieſe Welt gebohren werden/ ſondern zu dem End/ daß er in Anſehung ſeiner Armuth lerne beten und bitten/ was ihm noͤthig und nuͤtz ſeyn mag. Noth lehret beten. Dieſer Intention und Meynung nach hat GOtt der HErꝛ die Jſraeliten laſſen hun

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 1044. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/1068>, abgerufen am 22.11.2024.