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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
wider die erste Tafel sündigen. Der weise schöne Teuffel/
der die Leuthe zu geistlichen Sünden treibt/ welche man nicht
für Sünde/ sondern für eitel Gerechtigkeit hält und verthä-
diget/ der ists/ der den grösten Schaden thut/ gar viel mehr/
denn der schwartze Teuffel/ der die Leuthe allein zu den gro-
ben fleischlichen Sünden treibet/ die so kändlich sind/ daß sie
auch Türcken und Heyden für Sünde erkennen mögen.
So
weit Lutherus.

Und uns versetzt in das Erbtheil der H. im Liecht. Danck/ sag ich/ nicht
mit blossem Mund/ sondern im Werck selbst mit dem unterthänigen Ge-
horsam/ als rechtschaffenen Christlichen Reichsgenossen geziemet. Daß
wir beyneben auch das welt- und geistliche Kirchen-Regiment wol lernen
unterscheiden/ und nicht in einander mengen/ oder dieses durch jenes gar
tödten und dämpffen/ und dergestalt restringiren und beschneiden/ daß
fast nichts mehr als der blosse Nahm davon überbleibt. An manchem
Orth/
schreibt ein fürnehmer (*) Theologus, ist der Gewalt deß(*) Du.
Conr. Goe-
bel. in Aug.
Conf.
p.
968.

Predigampts so genau eingezogen/ daß man nicht uber ein
Seil an einer Glocken/ nicht über ein Pfeiffen an einer Or-
gel/ nicht über ein Fußschemel an einem Kirchenstuhl/ nicht
über ein Stein an einem Grab zu
disponiren hat/ wo bleibt
dann das Kirchen-Regiment? So findet man auch wol der
jenigen/ die es
disputiren/ wann nur ein Meßner oder Vor-
singer oder Organist dergleichen zubestellen oder abzuschaf-
fen/ ob ein Prediger in einer Kirch auch darum wissen/
oder darüber gehört werden solle? Wo bleibt das Kirchen-
Regiment? So ists nichts ungewöhnliches/ daß man dem
Predigampt fürschreibt/ sonderlich bey den Leichpredigten/
was er predigen/ was er für ein
Thema oder Text nehmen/
wie ers
appliciren oder tractiren sol. Wo bleibt dann das Kir-
chen-Regiment? Einem
Doctori Medicinae muß man darum
trauen/ wann er den Leib zu
curiren ein Recept in die Apo-
theck schreibt/ da ist niemand/ der ihm begehrt Ordnung
zu geben/ und zwar billich/ dann es ist seiner
Profession, es
steht ihm zu: warum muß man dann einem Prediger für-
schreiben/ was er für ein
concept formiren solle? Das steht
nicht einem jeden Witzbeutel/ sondern dem Kirchen-Regi-
ment zu. Noch ärger ist es/ wann man erst ein Maß dazu
legen wil/ wie lang es währen/ oder wie bald man ein
Mate-

riam
J i 3

Predigt.
wider die erſte Tafel ſuͤndigen. Der weiſe ſchoͤne Teuffel/
der die Leuthe zu geiſtlichen Suͤnden treibt/ welche man nicht
fuͤr Suͤnde/ ſondern fuͤr eitel Gerechtigkeit haͤlt und verthaͤ-
diget/ der iſts/ der den groͤſten Schaden thut/ gar viel mehr/
denn der ſchwartze Teuffel/ der die Leuthe allein zu den gro-
ben fleiſchlichen Suͤnden treibet/ die ſo kaͤndlich ſind/ daß ſie
auch Tuͤrcken und Heyden fuͤr Suͤnde erkennen moͤgen.
So
weit Lutherus.

Und uns verſetzt in das Erbtheil der H. im Liecht. Danck/ ſag ich/ nicht
mit bloſſem Mund/ ſondern im Werck ſelbſt mit dem unterthaͤnigen Ge-
horſam/ als rechtſchaffenen Chriſtlichen Reichsgenoſſen geziemet. Daß
wir beyneben auch das welt- und geiſtliche Kirchen-Regiment wol lernen
unterſcheiden/ und nicht in einander mengen/ oder dieſes durch jenes gar
toͤdten und daͤmpffen/ und dergeſtalt reſtringiren und beſchneiden/ daß
faſt nichts mehr als der bloſſe Nahm davon uͤberbleibt. An manchem
Orth/
ſchreibt ein fuͤrnehmer (*) Theologus, iſt der Gewalt deß(*) Du.
Conr. Gœ-
bel. in Aug.
Conf.
p.
968.

Predigampts ſo genau eingezogen/ daß man nicht ůber ein
Seil an einer Glocken/ nicht uͤber ein Pfeiffen an einer Or-
gel/ nicht uͤber ein Fußſchemel an einem Kirchenſtuhl/ nicht
uͤber ein Stein an einem Grab zu
diſponiren hat/ wo bleibt
dann das Kirchen-Regiment? So findet man auch wol der
jenigen/ die es
diſputiren/ wann nur ein Meßner oder Vor-
ſinger oder Organiſt dergleichen zubeſtellen oder abzuſchaf-
fen/ ob ein Prediger in einer Kirch auch darum wiſſen/
oder daruͤber gehoͤrt werden ſolle? Wo bleibt das Kirchen-
Regiment? So iſts nichts ungewoͤhnliches/ daß man dem
Predigampt fuͤrſchreibt/ ſonderlich bey den Leichpredigten/
was er predigen/ was er fuͤr ein
Thema oder Text nehmen/
wie ers
appliciren oder tractiren ſol. Wo bleibt dann das Kir-
chen-Regiment? Einem
Doctori Medicinæ muß man darum
trauen/ wann er den Leib zu
curiren ein Recept in die Apo-
theck ſchreibt/ da iſt niemand/ der ihm begehrt Ordnung
zu geben/ und zwar billich/ dann es iſt ſeiner
Profeſſion, es
ſteht ihm zu: warum muß man dann einem Prediger fuͤr-
ſchreiben/ was er fuͤr ein
concept formiren ſolle? Das ſteht
nicht einem jeden Witzbeutel/ ſondern dem Kirchen-Regi-
ment zu. Noch aͤrger iſt es/ wann man erſt ein Maß dazu
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[253/0277] Predigt. wider die erſte Tafel ſuͤndigen. Der weiſe ſchoͤne Teuffel/ der die Leuthe zu geiſtlichen Suͤnden treibt/ welche man nicht fuͤr Suͤnde/ ſondern fuͤr eitel Gerechtigkeit haͤlt und verthaͤ- diget/ der iſts/ der den groͤſten Schaden thut/ gar viel mehr/ denn der ſchwartze Teuffel/ der die Leuthe allein zu den gro- ben fleiſchlichen Suͤnden treibet/ die ſo kaͤndlich ſind/ daß ſie auch Tuͤrcken und Heyden fuͤr Suͤnde erkennen moͤgen. So weit Lutherus. Und uns verſetzt in das Erbtheil der H. im Liecht. Danck/ ſag ich/ nicht mit bloſſem Mund/ ſondern im Werck ſelbſt mit dem unterthaͤnigen Ge- horſam/ als rechtſchaffenen Chriſtlichen Reichsgenoſſen geziemet. Daß wir beyneben auch das welt- und geiſtliche Kirchen-Regiment wol lernen unterſcheiden/ und nicht in einander mengen/ oder dieſes durch jenes gar toͤdten und daͤmpffen/ und dergeſtalt reſtringiren und beſchneiden/ daß faſt nichts mehr als der bloſſe Nahm davon uͤberbleibt. An manchem Orth/ ſchreibt ein fuͤrnehmer (*) Theologus, iſt der Gewalt deß Predigampts ſo genau eingezogen/ daß man nicht ůber ein Seil an einer Glocken/ nicht uͤber ein Pfeiffen an einer Or- gel/ nicht uͤber ein Fußſchemel an einem Kirchenſtuhl/ nicht uͤber ein Stein an einem Grab zu diſponiren hat/ wo bleibt dann das Kirchen-Regiment? So findet man auch wol der jenigen/ die es diſputiren/ wann nur ein Meßner oder Vor- ſinger oder Organiſt dergleichen zubeſtellen oder abzuſchaf- fen/ ob ein Prediger in einer Kirch auch darum wiſſen/ oder daruͤber gehoͤrt werden ſolle? Wo bleibt das Kirchen- Regiment? So iſts nichts ungewoͤhnliches/ daß man dem Predigampt fuͤrſchreibt/ ſonderlich bey den Leichpredigten/ was er predigen/ was er fuͤr ein Thema oder Text nehmen/ wie ers appliciren oder tractiren ſol. Wo bleibt dann das Kir- chen-Regiment? Einem Doctori Medicinæ muß man darum trauen/ wann er den Leib zu curiren ein Recept in die Apo- theck ſchreibt/ da iſt niemand/ der ihm begehrt Ordnung zu geben/ und zwar billich/ dann es iſt ſeiner Profeſſion, es ſteht ihm zu: warum muß man dann einem Prediger fuͤr- ſchreiben/ was er fuͤr ein concept formiren ſolle? Das ſteht nicht einem jeden Witzbeutel/ ſondern dem Kirchen-Regi- ment zu. Noch aͤrger iſt es/ wann man erſt ein Maß dazu legen wil/ wie lang es waͤhren/ oder wie bald man ein Mate- riam (*) Du. Conr. Gœ- bel. in Aug. Conf. p. 968. J i 3

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/277>, abgerufen am 22.11.2024.