Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.Die Andere heit gehöret/ daß sie eine herrliche Chur und Wahl gethan. Davon wir zuseiner Zeit mit mehrerem hören werden. Und diese Hör-Kunst hat sie von Maria der Mutter GOttes gelernet/ dieselbe höret den Englischen Gruß an/ erweget die Wort in ihrem Hertzen/ es fallt ihr ein Scrupel ein/ sie fra- get nach dem Verstand: Quomodo, wie mag solches zugehen? der Engel beantwortet denselben auß GOttes Wort/ bald folgt die geistliche Con- ception, mir geschehe wie du gesaget hast/ und gleich darauff die Geburt in ihrem Magnificat. So machte es auch unsere Maria/ sie höret die Wort/ nimmt sie zu Hertzen/ wehlet und erweget dieselbe wol/ und wer wolte läug- nen/ daß sie nicht solte den Herrn gefragt haben/ Quomodo, wie das und jenes zu verstehen? dann so war es dazumal bräuchlich/ daß man in methodo dialogistica gelehret und gelernet. Dem Herrn war auch nichts liebers/ als wann man Jhn gefragt: Darauff nachdem sie den Schatz gewonnen/ hat sie durch den Glauben concipirt/ die Geburt des Glaubens war das edle gute Werck/ dessen droben im Eingang gedacht worden. V. Tanquam discipula karpophoros, ein frucht-bringende Jüngerin/ Weibern
Die Andere heit gehoͤret/ daß ſie eine herꝛliche Chur und Wahl gethan. Davon wir zuſeiner Zeit mit mehrerem hoͤren werden. Und dieſe Hoͤr-Kunſt hat ſie von Maria der Mutter GOttes gelernet/ dieſelbe hoͤret den Engliſchen Gruß an/ erweget die Wort in ihrem Hertzen/ es fallt ihr ein Scrupel ein/ ſie fra- get nach dem Verſtand: Quomodo, wie mag ſolches zugehen? der Engel beantwortet denſelben auß GOttes Wort/ bald folgt die geiſtliche Con- ception, mir geſchehe wie du geſaget haſt/ und gleich darauff die Geburt in ihrem Magnificat. So machte es auch unſere Maria/ ſie hoͤret die Wort/ nim̃t ſie zu Hertzen/ wehlet und erweget dieſelbe wol/ und wer wolte laͤug- nen/ daß ſie nicht ſolte den Herrn gefragt haben/ Quomodo, wie das und jenes zu verſtehen? dann ſo war es dazumal braͤuchlich/ daß man in methodo dialogiſtica gelehret und gelernet. Dem Herrn war auch nichts liebers/ als wann man Jhn gefragt: Darauff nachdem ſie den Schatz gewonnen/ hat ſie durch den Glauben concipirt/ die Geburt des Glaubens war das edle gute Werck/ deſſen droben im Eingang gedacht worden. V. Tanquam diſcipula καρϖοφόρος, ein frucht-bringende Juͤngerin/ Weibern
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Die Andere
heit gehoͤret/ daß ſie eine herꝛliche Chur und Wahl gethan. Davon wir zu
ſeiner Zeit mit mehrerem hoͤren werden. Und dieſe Hoͤr-Kunſt hat ſie von
Maria der Mutter GOttes gelernet/ dieſelbe hoͤret den Engliſchen Gruß
an/ erweget die Wort in ihrem Hertzen/ es fallt ihr ein Scrupel ein/ ſie fra-
get nach dem Verſtand: Quomodo, wie mag ſolches zugehen? der Engel
beantwortet denſelben auß GOttes Wort/ bald folgt die geiſtliche Con-
ception, mir geſchehe wie du geſaget haſt/ und gleich darauff die Geburt in
ihrem Magnificat. So machte es auch unſere Maria/ ſie hoͤret die Wort/
nim̃t ſie zu Hertzen/ wehlet und erweget dieſelbe wol/ und wer wolte laͤug-
nen/ daß ſie nicht ſolte den Herrn gefragt haben/ Quomodo, wie das
und jenes zu verſtehen? dann ſo war es dazumal braͤuchlich/ daß man in
methodo dialogiſtica gelehret und gelernet. Dem Herrn war auch
nichts liebers/ als wann man Jhn gefragt: Darauff nachdem ſie den
Schatz gewonnen/ hat ſie durch den Glauben concipirt/ die Geburt des
Glaubens war das edle gute Werck/ deſſen droben im Eingang gedacht
worden.
V. Tanquam diſcipula καρϖοφόρος, ein frucht-bringende Juͤngerin/
die ihren innern/ inwohnenden/ unverfaͤlſchten Hertzens-Glauben mit ei-
nem vortreflichen Werck der Liebe bezeuget/ durch welchen auch das Werck
gut geheiſſen worden. Daher Lutherus in margine ſchreibet: Da ſiehet
man/ daß der Glaube allein das Werck gut machet/ denn alle
Vernunfft haͤtte diß Werck verdam̃t/ wie auch die Apoſtel
ſelbs thaͤten. Dann die Werck ſind die beſten/ da man nicht
weiß/ wie gut ſie ſind. Judas hatte das Werck beraffelt/ und getadelt/
und fuͤr ein Uberfluß und Verſchwendung angeſehen. Nein/ ſagt der
Herr/ laßt ſie zu frieden/ Sie hat ein gut Werck an mir gethan/
ihr habt allezeit Armen bey euch/ mich aber habt ihr nicht alle-
zeit bey euch. Matth. 26, 10. 11. verſtehe als einen Armen/ daß ihr mir in
eigener Perſon Guts thun koͤnnet. Dann/ ſagt der Herr ferner/ daß
ſie das Waſſer hat auff meinen Leib gegoſſen/ hat ſie gethan/
daß man mich begraben wird. ꝟ. 12. meinem Begraͤbnuß vorzukom-
men/ ſie hats gethan/ tanquam Prophetiſſa realis, zu bezeugen/ daß der
Jeſus von Nazareth ſeye der Geſalbte Gottes/ und daß er ſterben werde/
als ein Opffer fuͤr die Suͤnde der gantzen Welt/ mit demſelben ein ſuͤſſen
Geruch in der Naſen Gottes erwecken/ und allen Suͤnden-Geſtanck ver-
treiben. Ja/ er werde auch in dieſem ſeinem Fleiſch aufferſtehen/ und die
Verweſung nicht ſehen/ Pſalm. 16. Das alles glaubte ſie/ ein ſolch hie-
roglyphiſch Werck war dieſe Balſamirung/ darum ſie auch unter den
Weibern
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