Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.Vom verlohrnen Sohn. ers gefunden/ an sich genommen. Familiare namque Syris, (wie Hie-ron. bezeugt in cap. 18. Matth.) & maxime Palaestinis, ad omnem sermo- nem parabolas jungere, ut quod per simplex praeceptum teneri ab au- ditoribus non potest, per similitudines & exempla teneatur. Dann es hatten die Syrer/ und sonderlich die Palästiner im Ge- brauch/ was man etwa mit einfältiger Vorlegung nicht fassen kunte/ mit Gleichnussen und Exempeln einzubilden. 4. Ad ef- ficaciam & energian, desto baß damit durchzudringen/ und die Gemüther gefangen zu nehmen/ wie Nathan der Prophet den König David seines Mords und Ehebruchs durch eine Parabel von einem Mann/ der seiner Schaafe und Rinder geschont/ und des armen Mannes Schaaf genom- men/ seinen fremden Gast damit zu speisen/ überzeugt 2. Sam. 12. Also da Christus Matth. 21. den Hohenpriestern und Schrifftgelehrten mit gutem Glimpff die Parabel von zween Söhnen erzehlet/ deren der eine gesagt/ er wolle nicht in den Weinberg gehen/ und hat es doch hernach ge- than/ der andere aber hats versprochen/ und sich grosser Streich außge- than/ und seye nicht hingegangen/ hat Er gefragt/ welcher unter den zweyen hat des Vaters Willen gethan? da sie nun geantwortet/ der Erste; sprach er: warlich ich sage euch/ die Zöllner und Hu- rer mögen wol ehe ins Himmelreich kommen/ dann ihr. Und eben dahin siehet auch Christus in den drey Parabeln vom verlohrnen Schaaf/ Groschen und Sohn/ Luc. 15. nachdem Er gesehen/ wie scheel die Pharisäer und Schrifft gelehrten dazu gefehen/ daß Er sich der zu ihm na- henden Zöllner und Sünder angenommen/ darüber gemurret und ge- sprochen/: Dieser nimmet die Sünder an/ und isset mit ihnen: novum ac antea inauditum crimen! Dergleichen man niemals zuvor gehört. Führet eben darauff drey Parabeln ein/ sie zu überweisen/ daß Gott grössers Gefallen hab an einem bußfertigen Sünder/ als an einem hoffärtigen Heuchler; unter welchen Parabeln die letste wir erwehlet/ an statt eines Eingangs über das Sechste Stuck unsers Christ- lichen Glaubens/ darinnen die Art der wahren Buß gantz scheinbar/ hell und lieblich beschrieben/ und illuminirt wird/ auff daß wir also der Lehr vom Bind- und Löß-Schlüssel den Weg praepariren. Dißmal bleiben wir allein bey den Generalibus, und nehmen vor uns die promul- sidem, oder Vorschmack/ anzuzeigen/ welches dieser Parabel Natur/ Zweck und Art seye/ und wie wir sie prima fronte, im ersten Blick anzu- sehen haben: Gott gebe seine Gnad und Segen/ Amen. Geliebte A iij
Vom verlohrnen Sohn. ers gefunden/ an ſich genommen. Familiare namque Syris, (wie Hie-ron. bezeugt in cap. 18. Matth.) & maximè Palæſtinis, ad omnem ſermo- nem parabolas jungere, ut quod per ſimplex præceptum teneri ab au- ditoribus non poteſt, per ſimilitudines & exempla teneatur. Dann es hatten die Syrer/ und ſonderlich die Palaͤſtiner im Ge- brauch/ was man etwa mit einfaͤltiger Vorlegung nicht faſſen kunte/ mit Gleichnuſſen und Exempeln einzubilden. 4. Ad ef- ficaciam & energian, deſto baß damit durchzudringen/ und die Gemuͤther gefangen zu nehmen/ wie Nathan der Prophet den Koͤnig David ſeines Mords und Ehebruchs durch eine Parabel von einem Mann/ der ſeiner Schaafe und Rinder geſchont/ und des armen Mannes Schaaf genom- men/ ſeinen fremden Gaſt damit zu ſpeiſen/ uͤberzeugt 2. Sam. 12. Alſo da Chriſtus Matth. 21. den Hohenprieſtern und Schrifftgelehrten mit gutem Glimpff die Parabel von zween Soͤhnen erzehlet/ deren der eine geſagt/ er wolle nicht in den Weinberg gehen/ und hat es doch hernach ge- than/ der andere aber hats verſprochen/ und ſich groſſer Streich außge- than/ und ſeye nicht hingegangen/ hat Er gefragt/ welcher unter den zweyen hat des Vaters Willen gethan? da ſie nun geantwortet/ der Erſte; ſprach er: warlich ich ſage euch/ die Zoͤllner und Hu- rer moͤgen wol ehe ins Himmelreich kommen/ dann ihr. Und eben dahin ſiehet auch Chriſtus in den drey Parabeln vom verlohrnen Schaaf/ Groſchen und Sohn/ Luc. 15. nachdem Er geſehen/ wie ſcheel die Phariſaͤer und Schrifft gelehrten dazu gefehen/ daß Er ſich der zu ihm na- henden Zoͤllner und Suͤnder angenommen/ daruͤber gemurret und ge- ſprochen/: Dieſer nimmet die Suͤnder an/ und iſſet mit ihnen: novum ac antea inauditum crimen! Dergleichen man niemals zuvor gehoͤrt. Fuͤhret eben darauff drey Parabeln ein/ ſie zu uͤberweiſen/ daß Gott groͤſſers Gefallen hab an einem bußfertigen Suͤnder/ als an einem hoffaͤrtigen Heuchler; unter welchen Parabeln die letſte wir erwehlet/ an ſtatt eines Eingangs uͤber das Sechſte Stuck unſers Chriſt- lichen Glaubens/ darinnen die Art der wahren Buß gantz ſcheinbar/ hell und lieblich beſchrieben/ und illuminirt wird/ auff daß wir alſo der Lehr vom Bind- und Loͤß-Schluͤſſel den Weg præpariren. Dißmal bleiben wir allein bey den Generalibus, und nehmen vor uns die promul- ſidem, oder Vorſchmack/ anzuzeigen/ welches dieſer Parabel Natur/ Zweck und Art ſeye/ und wie wir ſie prima fronte, im erſten Blick anzu- ſehen haben: Gott gebe ſeine Gnad und Segen/ Amen. Geliebte A iij
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nem parabolas jungere, ut quod per ſimplex præceptum teneri ab au-
ditoribus non poteſt, per ſimilitudines & exempla teneatur. Dann
es hatten die Syrer/ und ſonderlich die Palaͤſtiner im Ge-
brauch/ was man etwa mit einfaͤltiger Vorlegung nicht faſſen
kunte/ mit Gleichnuſſen und Exempeln einzubilden. 4. Ad ef-
ficaciam & energian, deſto baß damit durchzudringen/ und die Gemuͤther
gefangen zu nehmen/ wie Nathan der Prophet den Koͤnig David ſeines
Mords und Ehebruchs durch eine Parabel von einem Mann/ der ſeiner
Schaafe und Rinder geſchont/ und des armen Mannes Schaaf genom-
men/ ſeinen fremden Gaſt damit zu ſpeiſen/ uͤberzeugt 2. Sam. 12. Alſo
da Chriſtus Matth. 21. den Hohenprieſtern und Schrifftgelehrten mit
gutem Glimpff die Parabel von zween Soͤhnen erzehlet/ deren der eine
geſagt/ er wolle nicht in den Weinberg gehen/ und hat es doch hernach ge-
than/ der andere aber hats verſprochen/ und ſich groſſer Streich außge-
than/ und ſeye nicht hingegangen/ hat Er gefragt/ welcher unter den
zweyen hat des Vaters Willen gethan? da ſie nun geantwortet/
der Erſte; ſprach er: warlich ich ſage euch/ die Zoͤllner und Hu-
rer moͤgen wol ehe ins Himmelreich kommen/ dann ihr. Und
eben dahin ſiehet auch Chriſtus in den drey Parabeln vom verlohrnen
Schaaf/ Groſchen und Sohn/ Luc. 15. nachdem Er geſehen/ wie ſcheel die
Phariſaͤer und Schrifft gelehrten dazu gefehen/ daß Er ſich der zu ihm na-
henden Zoͤllner und Suͤnder angenommen/ daruͤber gemurret und ge-
ſprochen/: Dieſer nimmet die Suͤnder an/ und iſſet mit ihnen:
novum ac antea inauditum crimen! Dergleichen man niemals zuvor
gehoͤrt. Fuͤhret eben darauff drey Parabeln ein/ ſie zu uͤberweiſen/ daß
Gott groͤſſers Gefallen hab an einem bußfertigen Suͤnder/ als an einem
hoffaͤrtigen Heuchler; unter welchen Parabeln die letſte wir erwehlet/ an
ſtatt eines Eingangs uͤber das Sechſte Stuck unſers Chriſt-
lichen Glaubens/ darinnen die Art der wahren Buß gantz ſcheinbar/
hell und lieblich beſchrieben/ und illuminirt wird/ auff daß wir alſo der
Lehr vom Bind- und Loͤß-Schluͤſſel den Weg præpariren. Dißmal
bleiben wir allein bey den Generalibus, und nehmen vor uns die promul-
ſidem, oder Vorſchmack/ anzuzeigen/ welches dieſer Parabel Natur/
Zweck und Art ſeye/ und wie wir ſie prima fronte, im erſten Blick anzu-
ſehen haben: Gott gebe ſeine Gnad und Segen/ Amen.
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