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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Achte Predigt
sacra, von einem Gottes-Hauß. Das Gewissen ist ein Hauß und Tem-
pel/ da entweder Gott oder dem Teuffel seine Opffer verrichtet werden;
gleichwie der Salomonische Tempel zuforderst eine Wohnung der Ehre
GOttes seyn solte/ nachmals aber schandlicher weise mißbrauchet/ und
den fremden Götzen ihre Opffer darin verrichtet wurden: Also solte des
Menschen Gewissen das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligste seyn/
welches Gott allein zu seinem Sitz einhaben und bewohnen soll/ aber
man stösset Jhn öffters darauß/ und laßt einen andern einnisten. Der
Gottlosen Hertz ist gleich jenem innern Hoff/ davon zu lesen Ezech. 8. da der
Prophet/ als er in den Tempel gegangen/ erstlich durch ein Loch der Wand
hinein geschauet/ und hernach gar in den innern Vorhoff hinein gegang-
en. Da sahe er die Greuel und allerley Götzen des Hauses Jsrael/ Weiber/
die über den Thamus weineten/ Männer/ die Wein-Reben an die Nasen
hielten/ und allerhand verdrießliche Abgötterey trieben: Ein solcher Greuel
ist auch ein böses Gewissen vor Gott. 3. a domo fori, vom Gericht-
Hauß/ von dem innern Hauß der gar geheimen Rath-Stuben/ die nicht
zuläßt/ daß man unter dem Hütel spiele. Vor Zeiten wurden die Blut-
Gerichte gehalten ad portas unter den Thoren/ damit männiglich densel-
ben beywohnen und zusehen möchte/ obs recht oder unrecht hergieng/ gleich
wie man noch auff den heutigen Tag an manchem Ort unter dem freyen
Himmel Gericht hält. Hernach aber werden die Malefiz Personen in
domum interiorem
gezogen/ wie auß der Passions-Histori abzunemmen/
da Pilatus Christum den Herrn bald herauß/ bald wieder hinein ge-
führet; Petrus mußte draussen stehen bleiben/ und durffte nicht in des
Hohenpriesters Pallast hinein kommen. Also hat auch GOtt zweyerley
judicia geordnet/ judicium soli & poli, von jenem an dieses zu appelli-
ren/ kan keinem gewehret werden/ manche Sach wird dort gewonnen/
und da verlohren; hingegen auch manche dort verlohren/ und hie gewon-
nen/ da geschicht keinem um ein Haar unrecht.

Und dieses ist das jenige Hauß/ in welches der verlohrne Sohn spa-
ziert/ nach dem er/ wie wir bereits in voriger Predigt vernommen/ drey un-
terschiedliche Consulenten gehört/ die als Buß-Wecker an seiner Hertzens-
Thür angeklopfft/ und ihme gewiesen was zu thun/ wann er wieder zuruck
wil/ davon der Text sagt: eis eauton elthon, er gieng in sich selbs/ und fieng
gleichsam mit und in sich selbs einen Rechts-Handel an/ er nam articu-
lum justificationis
den Articul von der Rechtfertigung für sich/ er gieng
erstlich in das innere Hauß seines Gewissens/ darnach in domum patris,
in das Hauß seines Vaters. Mit welchen zweyen Häußern gar schön

reprae-

Die Achte Predigt
ſacra, von einem Gottes-Hauß. Das Gewiſſen iſt ein Hauß und Tem-
pel/ da entweder Gott oder dem Teuffel ſeine Opffer verrichtet werden;
gleichwie der Salomoniſche Tempel zuforderſt eine Wohnung der Ehre
GOttes ſeyn ſolte/ nachmals aber ſchandlicher weiſe mißbrauchet/ und
den fremden Goͤtzen ihre Opffer darin verrichtet wurden: Alſo ſolte des
Menſchen Gewiſſen das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligſte ſeyn/
welches Gott allein zu ſeinem Sitz einhaben und bewohnen ſoll/ aber
man ſtoͤſſet Jhn oͤffters darauß/ und laßt einen andern einniſten. Der
Gottloſen Hertz iſt gleich jenem innern Hoff/ davon zu leſen Ezech. 8. da der
Prophet/ als er in den Tempel gegangen/ erſtlich durch ein Loch der Wand
hinein geſchauet/ und hernach gar in den innern Vorhoff hinein gegang-
en. Da ſahe er die Greuel und allerley Goͤtzen des Hauſes Jſrael/ Weiber/
die uͤber den Thamus weineten/ Maͤnner/ die Wein-Reben an die Naſen
hielten/ und allerhand verdrießliche Abgoͤtterey trieben: Ein ſolcher Greuel
iſt auch ein boͤſes Gewiſſen vor Gott. 3. à domo fori, vom Gericht-
Hauß/ von dem innern Hauß der gar geheimen Rath-Stuben/ die nicht
zulaͤßt/ daß man unter dem Huͤtel ſpiele. Vor Zeiten wurden die Blut-
Gerichte gehalten ad portas unter den Thoren/ damit maͤnniglich denſel-
ben beywohnen und zuſehen moͤchte/ obs recht oder unrecht hergieng/ gleich
wie man noch auff den heutigen Tag an manchem Ort unter dem freyen
Himmel Gericht haͤlt. Hernach aber werden die Malefiz Perſonen in
domum interiorem
gezogen/ wie auß der Paſſions-Hiſtori abzunemmen/
da Pilatus Chriſtum den Herrn bald herauß/ bald wieder hinein ge-
fuͤhret; Petrus mußte drauſſen ſtehen bleiben/ und durffte nicht in des
Hohenprieſters Pallaſt hinein kommen. Alſo hat auch GOtt zweyerley
judicia geordnet/ judicium ſoli & poli, von jenem an dieſes zu appelli-
ren/ kan keinem gewehret werden/ manche Sach wird dort gewonnen/
und da verlohren; hingegen auch manche dort verlohren/ und hie gewon-
nen/ da geſchicht keinem um ein Haar unrecht.

Und dieſes iſt das jenige Hauß/ in welches der verlohrne Sohn ſpa-
ziert/ nach dem er/ wie wir bereits in voriger Predigt vernommen/ drey un-
terſchiedliche Conſulenten gehoͤrt/ die als Buß-Wecker an ſeiner Hertzens-
Thuͤr angeklopfft/ und ihme gewieſen was zu thun/ wann er wieder zuruck
wil/ davon der Text ſagt: εἰς ἑαυτὸν ἑλθὼν, er gieng in ſich ſelbs/ und fieng
gleichſam mit und in ſich ſelbs einen Rechts-Handel an/ er nam articu-
lum juſtificationis
den Articul von der Rechtfertigung fuͤr ſich/ er gieng
erſtlich in das innere Hauß ſeines Gewiſſens/ darnach in domum patris,
in das Hauß ſeines Vaters. Mit welchen zweyen Haͤußern gar ſchoͤn

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[62/0080] Die Achte Predigt ſacra, von einem Gottes-Hauß. Das Gewiſſen iſt ein Hauß und Tem- pel/ da entweder Gott oder dem Teuffel ſeine Opffer verrichtet werden; gleichwie der Salomoniſche Tempel zuforderſt eine Wohnung der Ehre GOttes ſeyn ſolte/ nachmals aber ſchandlicher weiſe mißbrauchet/ und den fremden Goͤtzen ihre Opffer darin verrichtet wurden: Alſo ſolte des Menſchen Gewiſſen das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligſte ſeyn/ welches Gott allein zu ſeinem Sitz einhaben und bewohnen ſoll/ aber man ſtoͤſſet Jhn oͤffters darauß/ und laßt einen andern einniſten. Der Gottloſen Hertz iſt gleich jenem innern Hoff/ davon zu leſen Ezech. 8. da der Prophet/ als er in den Tempel gegangen/ erſtlich durch ein Loch der Wand hinein geſchauet/ und hernach gar in den innern Vorhoff hinein gegang- en. Da ſahe er die Greuel und allerley Goͤtzen des Hauſes Jſrael/ Weiber/ die uͤber den Thamus weineten/ Maͤnner/ die Wein-Reben an die Naſen hielten/ und allerhand verdrießliche Abgoͤtterey trieben: Ein ſolcher Greuel iſt auch ein boͤſes Gewiſſen vor Gott. 3. à domo fori, vom Gericht- Hauß/ von dem innern Hauß der gar geheimen Rath-Stuben/ die nicht zulaͤßt/ daß man unter dem Huͤtel ſpiele. Vor Zeiten wurden die Blut- Gerichte gehalten ad portas unter den Thoren/ damit maͤnniglich denſel- ben beywohnen und zuſehen moͤchte/ obs recht oder unrecht hergieng/ gleich wie man noch auff den heutigen Tag an manchem Ort unter dem freyen Himmel Gericht haͤlt. Hernach aber werden die Malefiz Perſonen in domum interiorem gezogen/ wie auß der Paſſions-Hiſtori abzunemmen/ da Pilatus Chriſtum den Herrn bald herauß/ bald wieder hinein ge- fuͤhret; Petrus mußte drauſſen ſtehen bleiben/ und durffte nicht in des Hohenprieſters Pallaſt hinein kommen. Alſo hat auch GOtt zweyerley judicia geordnet/ judicium ſoli & poli, von jenem an dieſes zu appelli- ren/ kan keinem gewehret werden/ manche Sach wird dort gewonnen/ und da verlohren; hingegen auch manche dort verlohren/ und hie gewon- nen/ da geſchicht keinem um ein Haar unrecht. Und dieſes iſt das jenige Hauß/ in welches der verlohrne Sohn ſpa- ziert/ nach dem er/ wie wir bereits in voriger Predigt vernommen/ drey un- terſchiedliche Conſulenten gehoͤrt/ die als Buß-Wecker an ſeiner Hertzens- Thuͤr angeklopfft/ und ihme gewieſen was zu thun/ wann er wieder zuruck wil/ davon der Text ſagt: εἰς ἑαυτὸν ἑλθὼν, er gieng in ſich ſelbs/ und fieng gleichſam mit und in ſich ſelbs einen Rechts-Handel an/ er nam articu- lum juſtificationis den Articul von der Rechtfertigung fuͤr ſich/ er gieng erſtlich in das innere Hauß ſeines Gewiſſens/ darnach in domum patris, in das Hauß ſeines Vaters. Mit welchen zweyen Haͤußern gar ſchoͤn repræ-

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/80>, abgerufen am 21.11.2024.