Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.I. Die Lautgesetze. Nach dieser Vorrede komme ich zur Sache selbst. I. Die Lautgesetze. Nach dieser Vorrede komme ich zur Sache selbst. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0013" n="8"/> <div n="1"><lb/> <head>I.<lb/> Die Lautgesetze.</head><lb/> <p>Nach dieser Vorrede komme ich zur Sache selbst.<lb/> Curtius handelt in vier Abschnitten nach einander von den<lb/> Begriffen des Lautgesetzes und der Analogie, von dem Vo-<lb/> calismus, von der Ursprache. Dabei gehören die beiden<lb/> ersten Capitel so eng zusammen, dass sie auch ein einziges<lb/> bilden könnten, und dass die Schlusstheile des zweiten viel-<lb/> leicht besser zum ersten geschlagen würden. Indessen um<lb/> der Uebersichtlichkeit willen schliesse ich mich Curtius'<lb/> Vorgange durchaus an, und spreche demnach zuerst über<lb/> den Begriff des Lautgesetzes, und im Besonderen über die<lb/> brennende Frage, inwiefern man behaupten kann, dass<lb/> die Lautgesetze ausnahmslos seien. Ist es nun schon an<lb/> sich schwierig, ja vielleicht anmasslich, überhaupt über<lb/> eine solche Frage handeln zu wollen, so tritt im vorliegen-<lb/> den Falle noch als besonders erschwerender Umstand für<lb/> die Vertheidigung die Art hinzu, wie der Angriff geführt<lb/> worden ist. Curtius hat es nämlich in seinem ersten Ca-<lb/> pitel nicht darauf angelegt, die Stellung der Gegner zu<lb/> durchbrechen, als vielmehr darauf, sie ins Schwanken zu<lb/> bringen. Er bedauert die Schroffheit der Fassung des<lb/> Axioms, bemerkt Widersprüche zwischen den einzelnen Ver-<lb/> tretern desselben Glaubens, weist unrichtige Belege zurück,<lb/> trägt allerhand <hi rendition="#i">rationes dubitandi</hi> vor, findet, dass wichtige<lb/> Gesichtspunkte übersehen sind, und durch diese und andere<lb/> Einwirkungen ähnlicher Art entsteht dann in dem Leser<lb/> das Gefühl, dass er sich auf einer schwankenden Eisfläche<lb/> befinde, von der er gern wieder auf das feste Land der<lb/> früheren, vorsichtigen und bewährten Auffassung zurück-<lb/> kehren möchte. Unter diesen Umständen glaube ich am besten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0013]
I.
Die Lautgesetze.
Nach dieser Vorrede komme ich zur Sache selbst.
Curtius handelt in vier Abschnitten nach einander von den
Begriffen des Lautgesetzes und der Analogie, von dem Vo-
calismus, von der Ursprache. Dabei gehören die beiden
ersten Capitel so eng zusammen, dass sie auch ein einziges
bilden könnten, und dass die Schlusstheile des zweiten viel-
leicht besser zum ersten geschlagen würden. Indessen um
der Uebersichtlichkeit willen schliesse ich mich Curtius'
Vorgange durchaus an, und spreche demnach zuerst über
den Begriff des Lautgesetzes, und im Besonderen über die
brennende Frage, inwiefern man behaupten kann, dass
die Lautgesetze ausnahmslos seien. Ist es nun schon an
sich schwierig, ja vielleicht anmasslich, überhaupt über
eine solche Frage handeln zu wollen, so tritt im vorliegen-
den Falle noch als besonders erschwerender Umstand für
die Vertheidigung die Art hinzu, wie der Angriff geführt
worden ist. Curtius hat es nämlich in seinem ersten Ca-
pitel nicht darauf angelegt, die Stellung der Gegner zu
durchbrechen, als vielmehr darauf, sie ins Schwanken zu
bringen. Er bedauert die Schroffheit der Fassung des
Axioms, bemerkt Widersprüche zwischen den einzelnen Ver-
tretern desselben Glaubens, weist unrichtige Belege zurück,
trägt allerhand rationes dubitandi vor, findet, dass wichtige
Gesichtspunkte übersehen sind, und durch diese und andere
Einwirkungen ähnlicher Art entsteht dann in dem Leser
das Gefühl, dass er sich auf einer schwankenden Eisfläche
befinde, von der er gern wieder auf das feste Land der
früheren, vorsichtigen und bewährten Auffassung zurück-
kehren möchte. Unter diesen Umständen glaube ich am besten
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