Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.Dunkel hüllt". Der hier vorgeführte Vorgang ist typisch, Was bedeutet nun dieser Satz? Zunächst ist wohl klar, Dunkel hüllt«. Der hier vorgeführte Vorgang ist typisch, Was bedeutet nun dieser Satz? Zunächst ist wohl klar, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="11"/> Dunkel hüllt«. Der hier vorgeführte Vorgang ist typisch,<lb/> überall ist das Streben, ausnahmslose Gesetze zu gewinnen,<lb/> in der Praxis in siegreichem Vordringen begriffen. Zu den<lb/> praktischen Erfahrungen kommt dann noch eine theoretische<lb/> Erwägung, die ich mit Curtius' Worten so ausdrücke: »Trä-<lb/> ten in der Sprachgeschichte wirklich so erhebliche spora-<lb/> dische Verirrungen und völlig krankhafte unberechenbare<lb/> Lautentstellungen ein, wie sie von manchen Gelehrten mit<lb/> Zuversicht angenommen werden, so müssten wir in der That<lb/> auf alles Etymologisiren verzichten. Denn nur das Gesetz-<lb/> mässige und innerlich Zusammenhängende lässt sich wissen-<lb/> schaftlich erforschen, das Willkürliche höchstens errathen,<lb/> nie erschliessen« (Grundz.5 80). In der That, von hier aus<lb/> war nur noch ein kleiner Schritt bis zu dem Aperçu: die<lb/> Lautgesetze sind ausnahmslos.<lb/></p> <p> Was bedeutet nun dieser Satz? Zunächst ist wohl klar,<lb/> dass zwischen principieller Richtigkeit und praktischer Durch-<lb/> führbarkeit eines Grundsatzes unterschieden werden muss.<lb/> Wer sich zu der Lehre von der Ausnahmslosigkeit der Laut-<lb/> gesetze bekennt, behauptet damit nicht, im Besitze eines<lb/> Mittels zu sein, durch welches er alle Ausnahmen erklären<lb/> könne. Für jeden Forscher bleiben selbstverständlich eine<lb/> Menge Schwierigkeiten übrig, die er nicht lösen kann, ja,<lb/> man kann wohl sagen, dass demjenigen, welcher überall<lb/> nach festen Gesetzen sucht, sich Anstösse einstellen, wo man<lb/> sie früher nicht fand. Ich würde diesen Vorbehalt zu machen<lb/> nicht für nöthig finden, wenn ich nicht sähe, dass selbst Curtius<lb/> die Selbstverständlichkeit desselben gelegentlich ausser Acht<lb/> lässt. So äussert er auf Seite 21 Anm.: »will man etwa auch<lb/> sanskr. <hi rendition="#i">pibāmi</hi> (trinke), das doch gewiss auf <hi rendition="#i">pipāmi</hi> zurückgeht,<lb/> will man der Aspiration in <hi rendition="#i">λύχνος</hi>, <hi rendition="#i">πάσχω</hi> (wofür jetzt die<lb/> ältere Form <hi rendition="#i">πάσκω</hi> [elisch I. A. 112, 8] vorliegt) und anderen<lb/> sehr vereinzelten Abweichungen von weit verbreiteter Regel-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0016]
Dunkel hüllt«. Der hier vorgeführte Vorgang ist typisch,
überall ist das Streben, ausnahmslose Gesetze zu gewinnen,
in der Praxis in siegreichem Vordringen begriffen. Zu den
praktischen Erfahrungen kommt dann noch eine theoretische
Erwägung, die ich mit Curtius' Worten so ausdrücke: »Trä-
ten in der Sprachgeschichte wirklich so erhebliche spora-
dische Verirrungen und völlig krankhafte unberechenbare
Lautentstellungen ein, wie sie von manchen Gelehrten mit
Zuversicht angenommen werden, so müssten wir in der That
auf alles Etymologisiren verzichten. Denn nur das Gesetz-
mässige und innerlich Zusammenhängende lässt sich wissen-
schaftlich erforschen, das Willkürliche höchstens errathen,
nie erschliessen« (Grundz.5 80). In der That, von hier aus
war nur noch ein kleiner Schritt bis zu dem Aperçu: die
Lautgesetze sind ausnahmslos.
Was bedeutet nun dieser Satz? Zunächst ist wohl klar,
dass zwischen principieller Richtigkeit und praktischer Durch-
führbarkeit eines Grundsatzes unterschieden werden muss.
Wer sich zu der Lehre von der Ausnahmslosigkeit der Laut-
gesetze bekennt, behauptet damit nicht, im Besitze eines
Mittels zu sein, durch welches er alle Ausnahmen erklären
könne. Für jeden Forscher bleiben selbstverständlich eine
Menge Schwierigkeiten übrig, die er nicht lösen kann, ja,
man kann wohl sagen, dass demjenigen, welcher überall
nach festen Gesetzen sucht, sich Anstösse einstellen, wo man
sie früher nicht fand. Ich würde diesen Vorbehalt zu machen
nicht für nöthig finden, wenn ich nicht sähe, dass selbst Curtius
die Selbstverständlichkeit desselben gelegentlich ausser Acht
lässt. So äussert er auf Seite 21 Anm.: »will man etwa auch
sanskr. pibāmi (trinke), das doch gewiss auf pipāmi zurückgeht,
will man der Aspiration in λύχνος, πάσχω (wofür jetzt die
ältere Form πάσκω [elisch I. A. 112, 8] vorliegt) und anderen
sehr vereinzelten Abweichungen von weit verbreiteter Regel-
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