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Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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mässigkeit die Existenz absprechen?"; und auch an
anderen Stellen trägt er auffällige bis jetzt noch nicht er-
klärte Abweichungen von der bisher erkannten Regel in der
Weise vor, als unterliesse er es nur aus Höflichkeit hinzu-
zufügen: habemus confitentem reum. Gegenüber diesen Aeusse-
rungen, zu denen man auch die Worte Toblers halten möge,
welche Curtius auf S. 23 anführt, gestatte ich mir von einer
Form der Argumentation Gebrauch zu machen, welche Cur-
tius bisweilen gegen meine grundsätzlichen Aufstellungen
zur Anwendung bringt. Ich behaupte entschieden, dass kein
Urtheilsfähiger, wenn er von der Ausnahmslosigkeit der Laut-
gesetze gesprochen hat, etwas Anderes hat meinen können,
als was ich Einl. S. 129 in die Worte gefasst habe: "Somit
ist zwar zuzugestehen, dass völlige Gesetzmässigkeit des
Lautwandels sich nirgend in der Welt der gegebenen That-
sachen findet, es liegen aber genügende Gründe vor, welche
zu der Annahme führen, dass gesetzmässig verlaufender Laut-
wandel einer von den Factoren ist, aus deren gemeinschaft-
lichem Wirken die empirische Gestalt der Sprache hervor-
geht. Im einzelnen Falle freilich wird es immer nur an-
nähernd möglich sein, diesen einen Factor in seiner Rein-
heit darzustellen."

Die Erläuterung dieses Satzes knüpfe ich ebenfalls an
eine Stelle meiner Einleitung an, welche längere Erörte-
rungen kurz zusammenfasst und so lautet: "Nunmehr sind
wir gerüstet, die im Eingang aufgeworfene Frage "sind die
Lautgesetze an sich ausnahmslos?" zusammenfassend zu be-
antworten. Wir haben gesehen, wo man derartige Gesetze
zu finden erwarten kann. Jedenfalls nicht in der gesammten
Masse irgend einer vorliegenden Volks- oder Cultursprache.
Denn es lässt sich nicht erwarten, dass alle Individuen
innerhalb einer Sprachgemeinschaft völlig gleich sprechen
werden. Wir können sie also nur erwarten bei dem ein-

mässigkeit die Existenz absprechen?«; und auch an
anderen Stellen trägt er auffällige bis jetzt noch nicht er-
klärte Abweichungen von der bisher erkannten Regel in der
Weise vor, als unterliesse er es nur aus Höflichkeit hinzu-
zufügen: habemus confitentem reum. Gegenüber diesen Aeusse-
rungen, zu denen man auch die Worte Toblers halten möge,
welche Curtius auf S. 23 anführt, gestatte ich mir von einer
Form der Argumentation Gebrauch zu machen, welche Cur-
tius bisweilen gegen meine grundsätzlichen Aufstellungen
zur Anwendung bringt. Ich behaupte entschieden, dass kein
Urtheilsfähiger, wenn er von der Ausnahmslosigkeit der Laut-
gesetze gesprochen hat, etwas Anderes hat meinen können,
als was ich Einl. S. 129 in die Worte gefasst habe: »Somit
ist zwar zuzugestehen, dass völlige Gesetzmässigkeit des
Lautwandels sich nirgend in der Welt der gegebenen That-
sachen findet, es liegen aber genügende Gründe vor, welche
zu der Annahme führen, dass gesetzmässig verlaufender Laut-
wandel einer von den Factoren ist, aus deren gemeinschaft-
lichem Wirken die empirische Gestalt der Sprache hervor-
geht. Im einzelnen Falle freilich wird es immer nur an-
nähernd möglich sein, diesen einen Factor in seiner Rein-
heit darzustellen.«

Die Erläuterung dieses Satzes knüpfe ich ebenfalls an
eine Stelle meiner Einleitung an, welche längere Erörte-
rungen kurz zusammenfasst und so lautet: »Nunmehr sind
wir gerüstet, die im Eingang aufgeworfene Frage »sind die
Lautgesetze an sich ausnahmslos?« zusammenfassend zu be-
antworten. Wir haben gesehen, wo man derartige Gesetze
zu finden erwarten kann. Jedenfalls nicht in der gesammten
Masse irgend einer vorliegenden Volks- oder Cultursprache.
Denn es lässt sich nicht erwarten, dass alle Individuen
innerhalb einer Sprachgemeinschaft völlig gleich sprechen
werden. Wir können sie also nur erwarten bei dem ein-

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[12/0017] mässigkeit die Existenz absprechen?«; und auch an anderen Stellen trägt er auffällige bis jetzt noch nicht er- klärte Abweichungen von der bisher erkannten Regel in der Weise vor, als unterliesse er es nur aus Höflichkeit hinzu- zufügen: habemus confitentem reum. Gegenüber diesen Aeusse- rungen, zu denen man auch die Worte Toblers halten möge, welche Curtius auf S. 23 anführt, gestatte ich mir von einer Form der Argumentation Gebrauch zu machen, welche Cur- tius bisweilen gegen meine grundsätzlichen Aufstellungen zur Anwendung bringt. Ich behaupte entschieden, dass kein Urtheilsfähiger, wenn er von der Ausnahmslosigkeit der Laut- gesetze gesprochen hat, etwas Anderes hat meinen können, als was ich Einl. S. 129 in die Worte gefasst habe: »Somit ist zwar zuzugestehen, dass völlige Gesetzmässigkeit des Lautwandels sich nirgend in der Welt der gegebenen That- sachen findet, es liegen aber genügende Gründe vor, welche zu der Annahme führen, dass gesetzmässig verlaufender Laut- wandel einer von den Factoren ist, aus deren gemeinschaft- lichem Wirken die empirische Gestalt der Sprache hervor- geht. Im einzelnen Falle freilich wird es immer nur an- nähernd möglich sein, diesen einen Factor in seiner Rein- heit darzustellen.« Die Erläuterung dieses Satzes knüpfe ich ebenfalls an eine Stelle meiner Einleitung an, welche längere Erörte- rungen kurz zusammenfasst und so lautet: »Nunmehr sind wir gerüstet, die im Eingang aufgeworfene Frage »sind die Lautgesetze an sich ausnahmslos?« zusammenfassend zu be- antworten. Wir haben gesehen, wo man derartige Gesetze zu finden erwarten kann. Jedenfalls nicht in der gesammten Masse irgend einer vorliegenden Volks- oder Cultursprache. Denn es lässt sich nicht erwarten, dass alle Individuen innerhalb einer Sprachgemeinschaft völlig gleich sprechen werden. Wir können sie also nur erwarten bei dem ein-

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Zitationshilfe: Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/delbrueck_sprachforschung_1885/17>, abgerufen am 23.11.2024.